Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
versammelt, lachend, hundemüde, überschwenglich laut und hochmütig. Der Prinz, der sie bis zur Erschöpfung angetrieben hatte, saß in ihrer Mitte. Staub lag auf seinem eleganten Leinengewand, und seine Stimme war heiser von der Schreierei des vergangenen Tages. Wenn er auch die rebellische Haltung der Clanmänner durch harte Arbeit gebrochen hatte, so hatte er doch sich selbst am wenigsten geschont.
So ermattet sie waren, so wenig waren die Männer bereit zu schlafen.
Sie saßen beieinander, pulten sich die Reste des Hasenschmorgerichtes aus den Lücken zwischen den Zähnen und tauschten Geschichten über vierbeinige Unglücksfälle aus. Mehr als nur einmal wanderten ebenso hungrige wie angewiderte Blicke zu dem Kochtopf hinüber, der nun mit einem blubbernden Gebräu aus Harn, Rinde und getrockneten Beeren gefüllt war. Zusammengekauert hockte der Wahnsinnige Prophet in seiner ausgefransten Tunika vor dem Topf und rührte den stinkenden Sud, der als Färbemittel dienen sollte.
»Wir müssen die Tiere markieren«,erklärte Arithon soeben. »Meine Bogenschützen brauchen Feldrationen, um den Winter zu überstehen, und Eures Großherzogs Anteil an der Beute wird sich kaum erhöhen, wenn die Zuchttiere aus Unwissenheit geschlachtet werden.«
Von der anderen Seite des Feuers tat jemand einen höhnischen Kommentar kund. Ein Holzscheit sackte zusammen. Flammen schlugen aus der Glut empor, und die Züge des s’Ffalenn schimmerten rot in dem Feuerschein aufsteigender Funken.
Dakar versteifte sich. Der Anblick jagte ihm furchtbare Schauder über den Leib, gefolgt von einer stechenden Kälte. Absolut nüchtern, frei von jedem alkoholgetränkten Schleier, der seine Wahrnehmungsfähigkeiten hätte trüben können, hatte er nicht die Macht, sich dem Ausbruch seiner Gabe der Vorsehung zu entziehen.
Zittern befiel seinen Körper, und noch bevor er einen Laut von sich geben konnte, brach er keuchend unter einem weiteren Schaudern zusammen.
Der Stab, den er benutzt hatte, in dem Farbtopf zu rühren, entglitt seinen erschlafften Fingern. Er fühlte, wie seine Knie nachgaben.
Vage schien es ihm, als würden Hände nach seinen Unterarmen greifen und ihn aus der gefährlichen Nähe der Glut ziehen.
Dann stürzten seine Sinne in die Welt der Vision.
Er sah kein Feuer mehr, keine Clankundschafter, keinen Topf.
Sein Leib schmerzte, und ein Dröhnen peinigte seine Ohren. Vor seinem geistigen Auge sah er einen winterlichen Berghang, dessen Fauna sich unter dem Einfluß bitterer Kälte braun verfärbt hatte; und eingerahmt von totem Farnkraut das wohlvertraute königliche Antlitz, verzerrt unter dem Schmerz einer tödlichen Wunde. Dieser Ort war in Vastmark. Die Jahreszeit vergoß Tränen bitterkalten Regens über der Szenerie, und das Wasser benetzte den flechtenbewachsenen Untergrund, der von dem Blut verfärbt war, das zwischen Arithons Fingern hervorquoll. Rund um seine kraftlos darniederliegende, zitternde Gestalt verblaßte in Windeseile eine Spur phosphorglimmenden Schimmerns.
Dakars gefesselte Sinne mühten sich, dem geisterhaften Leuchten zu folgen, das an eine verwehende Kette magischer Banne erinnerte.
Dann schwand der Ort, an dem Arithon lag, verwirbelte und löste sich auf. Dunkelheit herrschte nun, bald gefolgt von einer anderen Vision: Für einen Augenblick erkannte er Morriel, die Oberste Zauberin und Matriarchin des Korianiordens, die sich wie eine Spinne über das Amethystfeuer des Großen Wegesteins beugte.
Dann zerbrach das übersinnliche Bild, zerfiel zu einem Funkenregen und weißglühendem, scharfem Schmerz. Mit einem erstickten Schrei kehrte Dakar in die reale Welt zurück. Er lag auf der Seite, hilflos gepeinigt von Übelkeit und schrecklichen Krämpfen, die an seinem Leib zerrten, als wollten sie ihn zerreißen. Eine Hand stützte ihn; und es waren dieselben Finger, die kaum eine Sekunde zuvor während einer prophetischen Vision über einer blutenden Pfeilwunde gelegen hatten.
»Ath schütze mich!« grunzte Dakar. Hustend spuckte er die Gallenflüssigkeit in seinem Rachen aus und schloß die Augen.
»Ganz ruhig«, sagte Arithon über ihm. »Ruhig. Du bist wieder bei uns.«
Wimmernd ertrug Dakar eine neue Woge der Übelkeit. Hilflos wie ein Säugling und von den Nachwirkungen einer Gabe gepeinigt, die er zutiefst verabscheute, kämpfte er darum, die Kontrolle über seine persönliche Würde zurückzuerlangen, doch er scheiterte kläglich. »Morriel, die Oberste, ist Euch nicht eben wohlgesonnen«,
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