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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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uns, gnädige Frau. Wenn sein Vater auf Nachricht wartet, so ist es unsere Pflicht, ihm seinen Sohn zurückzubringen.« Er drückte der Frau die Fackel wieder in die zitternden Hände und wartete darauf, daß sie vorangehen würde.
    »Druaithe!« fluchte die Frau in ihrem heimatlichen Dialekt. »Was bin ich doch für eine Närrin, einfach hinauszulaufen, ohne auch nur ein Signalhorn mitzunehmen. So ist das, wenn man nicht nachdenkt. Nun, Cait wird sicher heimkehren, wenn er müde ist.«
    Sie mußten nicht mehr weit gehen. Der Hang mündete in ein schmales, geschütztes Tal, das im Mondschein wie ein farbloses Meer wogender, dichtgedrängt stehender Schafsrücken wirkte. Die Luft war angefüllt vom Moschusgeruch der Herde, nur verfälscht durch den noch schwereren Dunst der Torffeuer. Die winkligen Konturen eines Schäferzeltes erhoben sich zwischen den fahl beleuchteten Hängen. Im Inneren brannte eine Lampe, deren Licht die geometrischen Muster des gefärbten Zeltleders trübrot aufleuchten ließ. Der Sagenschatz der vastmärkischen Sippen war gewaltig, fast, als könnten komplizierte Gebräuche und abergläubische Riten den Mangel an Besitz ausgleichen. Die gemusterten Einfassungen im Gewebe aller Behausungen repräsentierten ein Vermächtnis, das von Generation zu Generation weitergereicht wurde, um diesen oder jenen speziellen Aspekt des Unheils abzuwehren.
    Die Bewegungen am Hang veranlaßten die Wachhunde zu einem tiefen, kehligen Gebell. Es waren große, schwarze Tiere mit mächtigem Brustkorb und weißer Halskrause, die gezüchtet wurden, Wyverns die Stirn zu bieten und die Schafe vor den Wölfen des Winters zu schützen. Als sich die fremden Besucher näherten, stürmten sie durch die Herde, zerrissen die Ordnung der Tiere wie ein stumpfer Gegenstand, der sich gewaltsam durch wollenes Gewebe bohrte. Ein ergrimmtes Kommando der Frau bremste ihren Ansturm. Hüfthoch gewachsen und mit gewaltigen Fängen bewehrt, verfielen die Hunde mit steifen Beinen in einen langsamen Trott.
    »Kommt nur, sie werden Euch nichts tun.« Dalwyns Versprechen vermochte kaum zu beruhigen. Mit einem tiefen, kehligen Knurren schnüffelten die Bestien an den Fremden, während sie sie mit weitaufgerissenen, klugen Blicken finster beäugten.
    Die Frau winkte Dakar und Arithon zu und führte sie, quer durch die Herde blökender Schafe, den Hügel hinan zu dem Zelt. Noch immer grummelnd trotteten auch die Hunde mit aufgerichtetem Nackenhaar hinterher. Mit einigen Worten im Dialekt der Schäfer schickte sie die Hunde davon, nach Streunern zu suchen, ehe sie die bunte Stoffbahn über dem Eingang des Zeltes zur Seite schob. Gelbes Licht strömte hinaus in die Finsternis und blendete die Männer nach ihrem langen Marsch über schwarzen Fels, auf dem sie lediglich grauer Mondschein begleitet hatte.
    »Meine Sippe wünscht Euch Freude und reichen Ertrag«, begrüßte sie die beiden Fremden nun offiziell, und ihre Stimme zitterte angesichts der Tatsache, daß ihre Familie in dieser Nacht ein Mitglied verloren hatte.
    Ein wenig desorientiert durch die plötzliche Helligkeit betraten die Besucher den mit weichen Schaffellen ausgelegten Boden des Zeltes, in dem ein muffiger, ranziger Hauch von Schafsfett und Leder vorherrschte. Inmitten eines Wirrwarrs gewebter Decken, dick genug, glühende Kohlen mit ihrer Hilfe aus dem Feuer ziehen zu können, wartete der Familienpatriarch, an ein mit Stroh gefülltes Kissen gelehnt. Er war weit über die Maßen gealtert und mürrisch, hatte einen herabhängenden Schnurrbart und eine runzlige, wettergegerbte Haut. Die Augen in dem abgehärmten Antlitz lagen tief in ihren Höhlen, als hätten sie vor der gnadenlosen Sonne flüchten wollen, deren gleißendes Licht sommers wie winters jedes Lebewesen auf den schattenlosen Hängen von Vastmark blendete.
    Zu stolz, sein Gebrechen zu zeigen, und zu zurückhaltend, mit ängstlichen Fragen herauszuplatzen, betrachtete der Mann die Fremden mit eiserner Geduld, die erst dann einer lebhaften Regung wich, als Arithon den hellen Raum durchquerte und Ghedair vor seines Vaters Knie auf die Felle legte.
    »Druaithe, Junge, du hast uns in Angst und Schrecken versetzt«, sagte der Sippenchef verdrießlich, ehe er dem Knaben in fürsorglichem Zorn mit dem Rücken seiner verhornten Hand einen Klaps versetzte.
    Unbeholfen ertrug Dakar den niederschmetternden Empfang und die unsicheren, verängstigten Fragen, bis er seine unerträgliche Last, die er während der ganzen Nacht getragen

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