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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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des Schattengebieters aus dem Lot zu bringen.
    Wie süß würde der Triumph sein, wenn er sich erst durch die Verteidigungswälle grübe und offenbarte, welch bösartige Motive Arithon hinter all den Lagen der tückischen Täuschung verbergen mußte. An jenem Tage würde die Bruderschaft sich gewiß überzeugen lassen, ihn von den Fesseln der Magie Asandirs zu befreien, und der jämmerliche Zauberbanner würde von einer Pflicht befreit sein, die er erbärmlich verabscheute.
     
    Eine ganze Stunde zog dahin, ehe irgend jemand daran dachte, die Spur des Barden in der Dunkelheit zu verfolgen. Inzwischen hing der Mond tief über dem westlichen Horizont, wie ein ausgestanztes Loch in dunklem Samt. Die Sterne trudelten einer Dämmerung entgegen, die nicht mehr lange auf sich würde warten lassen, und die Stille einer Nacht im Hochland von Vastmark umhüllte die Talsohle. Ganz anders war es hingegen im Sommer, wenn die Nächte von Geräuschen erfüllt waren, wenn Insekten unter herabstoßenden Raubvögeln auf nächtlichem Beutezug hinwegtauchten.
    Im Winter jedoch regierte der Frost. Umrahmt von dem gedehnten Heulen des Windes erklang hier und da neben dem ruhelosen Blöken der Herdentiere das Gebell eines Hundes auf der Jagd nach einem streunenden Schaf in der Weite des Landes, der Weite einer Luft, die an ein Spinnennetz feinster Kratzer auf klarem Kristall erinnerte.
    Mit dem Rücken zum Zelt kauerte sich Arithon zum Schutz vor dem heftigen Wind mit den angespannten Schultern dicht an einen Felsen. Der fehlgeschlagene Heilungsversuch, der Jilieths Leben hatte retten sollen, hatte ihm das Herz zerrissen. Er fühlte sich, als hätte man ihm sämtliche Knochen entnommen und Stück für Stück gegen brüchiges Glas ausgetauscht. Der leiseste Schlag würde reichen, ihn zu zerschmettern. Zu sehr hatte das Ritual an seiner Selbstbeherrschung gezerrt. Seine Bardengabe der Empathie hatte ihn gemeinsam mit dem Mitgefühl seiner Blutlinie seines Gleichgewichts beraubt. Würde er nun wieder hineingehen, um Zuflucht vor der Kälte zu finden, er käme nicht mehr zur Ruhe. Die Klagen der Sippenmitglieder wegen des verlorenen Kindes waren zu betrüblich, als daß er sie noch hätte ertragen können.
    Hätte die Kälte nicht die Bewegungsfreiheit seiner Finger beschnitten, er hätte seine Lyranthe ergriffen, um Trost in der Musik zu suchen. Da ihm dies verwehrt war, blieb ihm nur die Einsamkeit und die schmerzliche Sehnsucht nach einer anderen Winternacht, in der er über den Resten eines Feuers Tee für seinen Meister Halliron gebraut hatte.
    »Der Tag wird kommen, da du erlebst, daß deine Musik für jeden zur Wohltat gereicht, nur nicht für dich«, so hatte ihn der alte Mann gewarnt.
    Nun, da er die volle Macht eines Barden sein eigen nannte, da er selbst die Harmonie der fernen Sterne wahrzunehmen fähig war, vermißte er seinen Mentor mehr denn je.
    So viele Male er auch dabei gewesen war, wenn sein Vorgänger zum Abschied für einen Toten aufgespielt hatte, hatte Halliron ihn doch nie gelehrt, wie er mit dem zerreißenden Kummer fertigwerden konnte, der einem solchen Ereignis zu folgen pflegte. Auch kein Bruderschaftszauberer war nun zugegen, ihm zu erklären, ob seine schmerzliche Melancholie eine Folge der Erschöpfung oder der unerwünschten Last seines Bluterbes war.
    In welches emotionale Durcheinander sein Geist auch gestürzt sein mochte, es blieb ihm nicht die Zeit, es zu entwirren. Der Wind trug Glockengeläut in seine Zufluchtsstätte, gefolgt von dem Knirschen fremder Schritte auf dem Schieferboden.
    Arithons Schultern spannten sich unter der Last dunkler Ahnungen unter seinem lockeren Leinenhemd.
    Unnötig zu beklagen, daß die Wasserläufe mit Eis überzogen waren; wenn Dalwyn näherkam, würde sie auch ohne ein Wort von ihm genug erkennen. Er zitterte bereits am ganzen Leibe.
    »Ich habe Euch Euren Mantel gebracht«, sagte sie.
    Er sah sich um, murmelte einen Dank und nahm ihr das Kleidungsstück ab, ehe er sich dem Unausweichlichen beugte. Schließlich sollte das Leid, das in ihr brodelte, nicht im Stillen weitergären müssen.
    »Wie habt Ihr das gemacht?« fragte sie, während ihre Gedanken bei der Weise verweilten, die den Geist jenes gestorbenen Mädchens bis ins kleinste Detail wiedergegeben hatte. »Jilieth war genauso, wie Ihr sie in Eurer Musik dargestellt habt. Wie konntet Ihr das nur wissen?«
    Arithons Hände waren taub vor Kälte. Mühevoll fummelte er an den Schildplatthaken herum, um seinen

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