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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schlimm die Auswirkungen ihn treffen würden.
    Dann entglitt auch dieses Detail seinem Geist, als das Narkotikum ins tiefste Innere seines Ichs vordrang und ihn schonungslos visionärer Voraussicht überließ.
    Ohne zu stolpern, steuerte er wieder die Koje an, denn nun wußte er im voraus, wie der Wind wehen würde. Verzerrt von vielfacher, sich überlagernder Wahrnehmung vermochte er Ursache und Wirkung vorauszubestimmen, wußte um jede naturgemäße Kraft, die auf Segel, Taue und Holz einwirkte. Die Tienellevisionen verrieten ihm sogar, auf welche Weise sich das Schiff bewegen würde. In der Gluthitze vollkommen klarer Erkenntnis zog sein Geist aus, herauszufinden, wie sich Wind und See vereinen und die Wolken zu einem wirbelnden Gebirge aufkeimender Gewitterstürme verweben würden.
    Keuchend, mit schmerzenden Lungen, griff Dakar nach dem Schott. Seine Füße schienen geradewegs durch den Rumpf des Schiffes hindurch zu wurzeln. In diesem Abgrund, eisige Faden tief, hätte er nun jedes Sandkorn auf dem Meeresgrund zählen können. Sein Kopf schien zu schwimmen, eingehüllt in die singenden Bande einer Energie, die von den Sternen rührte. Die erschreckende Klarheit seiner Einsichten ging weit über frühere Erfahrungen, ja selbst über die Weissagungen unter Obhut der Bruderschaft anläßlich der Zusammenkünfte zur Sonnenwende, hinaus. Ob diese Zunahme seiner Macht dem Druck entstammte oder auf seinen schon seit den Tagen in Vastmark trockenen Lebenswandel zurückzuführen war, wußte er nicht zu bestimmen.
    Die Not verlangte ihm ab, jede nur erreichbare Nuance seiner Fähigkeiten zum Einsatz zu bringen.
    Der Wahnsinnige Prophet sank auf die Knie, eine Hand auf der Stirn des Schattengebieters, die andere auf seine Brust gelegt. Der Furcht entronnen und jenseits aller Zweifel, erzwang er den Zugriff auf sein drogenerweitertes Bewußtsein, versiegelte sich in unversehrter Stille, ehe er wie ein Pfeil in hohem Bogen in das innerste Sein Arithons hineinstürzte.
    Sogleich wurde er von dem Strudel erfaßt, unterlag den weißglühenden, gnadenlosen Auswirkungen des Tienellekrautes, die sich noch verstärkten, als die physische Marter von Arithons Leib ihn aus dem Gleichgewicht brachte und in einen Zustand schrecklicher Krämpfe versetzte. Dann durchdrang ihn die Vision wie silberne Klingen.
    Dakar sammelte die geplünderten Mittel. Dieses Mal, als der magisch geschulte Reflex erneut versuchte, ihn in die Finsternis der Bewußtlosigkeit zu schleudern, rief er Arithons Namen in der Tonart der Barmherzigkeit.
    Vorsichtig wie er war, sickerten doch seine persönlichen Gefühle hindurch und tauchten das Gewebe in farbige Schattierungen. Die Geheimnisse, die er hütete, gestatteten keine Vortäuschungen, denn er war gewiß alles andere als unvoreingenommen, wenn es um den Prinzen zu Rathain ging. Als das Feuer der Reaktion aufflammte, ihn erneut zu hetzen, fühlte er die Aussichtslosigkeit weiterer Anstrengungen. Da mochte er sich noch so närrisch bemühen, Zugang zu erhalten, er würde doch nur immer und immer wieder den gleichen Fehler machen. Er war nicht Asandir, der die Macht besaß, allein durch seine Kraft und Weisheit, aber gänzlich ohne Zwang, einzudringen und den Geist zu einer Antwort aus seinem tiefsten Inneren zu bewegen. Die daraus resultierende Erkenntnis war in äußerstem Maße unerfreulich. Das Kraut hatte Arithon in eben jene Schuld verstrickt, die seine magische Wahrnehmung blockierte. Damit gab es, soweit es Dakar betraf, nur noch eine Möglichkeit, den Prozeß umzukehren und hindurchzustürmen.
    Zu sehr am Boden zerstört, um noch Tränen zu vergießen, tappte er in der Dunkelheit zurück zum Tisch. Nichts, aber auch gar nichts, hatte ihn auf das vorbereitet, was er nun erleiden mußte. Ob er verzweifelte, ob er heulte, ob er unwiderruflich verändert, gleichsam als anderer Mensch, zurückkehren würde, ihm blieb doch keine andere Wahl, wollte er die gnadenlose Flut der Zersetzung durch das Tienellekraut aufhalten, als Arithon mit dieser Schuld zu konfrontieren.
    Dakar fegte die verstreuten Überreste des Krautes zusammen und griff nach Zündholz und Pfeife. Solchermaßen gerüstet ließ er sich vor der Koje auf dem Boden nieder, todunglücklich angesichts der Dinge, die nun folgen mußten.
    »Du verflixt komplizierter, eigensinniger, schattengebietender Bastard«, murmelte er dem unachtsamen Prinzen zu, während er die kleine Stummelpfeife erneut stopfte. »Wenn ich das tue, dann werde ich die

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