Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
Vom Netzwerk:
Ob Edmundo ihr gefolgt war? Eilig wischte sie die Tränen weg, zog die Nase hoch und setzte sich auf. Es klopfte an der Tür, und fast zeitgleich wurde sie geöffnet.
    »Da seid Ihr ja«, sagte Richard, steckte zuerst nur den Kopf zur Tür herein und trat dann ein. »Tom ist noch auf dem Markt. Er will frisches Zündzeug und Kerzen kaufen.«
    Jana atmete erleichtert auf, und im selben Augenblick flossen ihre Tränen wieder. Richard stellte einen Sack voll Lebensmittel neben der Tür ab und trat zu ihr.
    »Ich nehme an, der Händler hatte keine guten Nachrichten für Euch«, sagte er ungewohnt einfühlsam. Jana schüttelte den Kopf und schluchzte laut auf. Die Tränen wollten nicht mehr aufhören zu fließen.
    »Ich bin schuld, dass er tot ist«, schniefte sie. »Wenn ich ihn nicht zu dieser Reise überredet hätte, wäre er noch am Leben.«
    Unsicher trat Richard an ihr Bett. Sein Gesicht hatte einen verständnisvollen Ausdruck angenommen. So als würde er ganz genau wissen, wie Jana sich fühlte. Er setzte sich an ihre Bettkante und ergriff ihre Hand. Sie fühlte sich warm und kräftig an. Jana weinte noch heftiger.
    »Euer Verlobter ist tot, und jedes Schönreden wäre töricht, denn der Tod ist endgültig. Das Loch, das er hinterlässt, wird niemals gefüllt werden. Doch es ist völlig unwichtig, wer die Schuld an seinem Tod trägt, denn die Antwort wird ihn nicht lebendig machen.«
    Jana schluckte hart und schniefte. Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die rinnende Nase.
    »Meint Ihr nicht, er könnte doch überlebt haben?«, schluchzte Jana.
    Richard schüttelte ernst den Kopf: »Nein, ich glaube nicht, dass man den Brand auf einem Schiff überlebt. Natürlich könnt Ihr Euer ganzes Leben auf ein Wiedersehen hoffen, aber solange Ihr nicht endgültig abschließt, werdet Ihr nicht nach vorne blicken können.«
    »Wer sagt Euch, dass ich das will«, sagte Jana weinend.
    »Ich wünsche Euch von ganzem Herzen, dass Ihr lernt, mit dem Verlust zu leben, ohne daran zu zerbrechen«, sagte Richard leise. Er streichelte ihr zärtlich über die Wange, wischte ihre Tränen weg und strich eine ihrer kurzen Haarsträhnen hinter ihr Ohr. Er hatte lange, schlanke Finger. In seinen dunkelbraunen Augen lag eine Traurigkeit, die nicht allein mit Jana zu tun haben konnte. Sie setzte sich auf und lehnte sich an ihn.
    Genau in dem Moment öffnete sich erneut die Tür. Tom trat ein und blieb abrupt stehen. Anklagend sah er die beiden an, öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    »Was immer nun in deinem irisch-katholischen Kopf vorgehen mag, es ist nicht das, was du denkst«, sagte Richard, stand auf und verließ die Kammer. Die Tür fiel krachend hinter ihm ins Schloss. Jana sah ihm verwirrt nach. Was war eben passiert? Hatte sie in ihrem Schmerz irgendetwas verpasst?
    »Er wird sich nie ändern«, sagte Tom verärgert. »Er hat eine Frau wie Julia nicht verdient.«
    »Wovon sprecht Ihr?«, fragte Jana.
    »Es ist doch offensichtlich, dass er versucht hat, sich Euch unsittlich zu nähern. Aber er ist ein verheirateter Mann und Vater von zwei kleinen Kindern.«
    Jana schüttelte den Kopf. Tom verstand die Lage wirklich völlig falsch.
    »Ihr tut ihm unrecht«, sagte sie. Zu ausführlicheren Erklärungen fühlte sie sich im Moment nicht im Stande. Erneut ließ sie sich auf ihr Bett fallen und weinte nun leise weiter.
    »Vielleicht stimmt es, und ich tue ihm unrecht. Aber meine Geduld hat wahrlich Grenzen. Er muss endlich aufhören, sich im Selbstmitleid zu vergehen. Alkohol ist ein Gift. Es zerstört den, der trinkt, und alle, die ihn lieben.«
    Jana spürte, dass Tom über sich selbst sprach. In jedem anderen Moment hätte sie ihn dazu ermutigt weiterzureden. Aber im Augenblick war sie mit ihren eigenen Wunden beschäftigt, sie konnte sich nicht um die anderer kümmern.
    Später, als Jana glaubte, keine Tränen mehr in sich zu haben, ging sie in den Klostergarten und setzte sich neben ein Beet, in dem Küchenkräuter neben Sommerblumen wuchsen. Sie vergaß die Zeit und schreckte auf, als die Glocken der Klosterkapelle zum Abendessen läuteten. Eigentlich verspürte sie keine Lust, wieder gegenüber von Edmundo zu sitzen und seine bösen Kommentare über sich ergehen zu lassen. Aber nicht zum Abendessen zu erscheinen, war auch keine Lösung. Mit Verspätung lief sie über den gekiesten Weg zurück zum Wohngebäude, die Stiegen in den ersten Stock hinauf, vorbei an Ignazios Privaträumen. Die Sonne stand bereits tief. Orangegelb

Weitere Kostenlose Bücher