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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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schnitt tief in ihren Hals und nahm ihr die Luft zum Atmen. Janas Augen drohten aus ihren Höhlen zu treten, das Blut pochte in ihren Schläfen, und ihr wurde schwarz vor Augen.
    »Wo ist die Schatzkarte?« Es war die Stimme aus Lissabon, und für einen verrückten Moment freute Jana sich, sie wiederzuerkennen. Die Stimme gab ihr die Gewissheit, dass ihr Verstand sie nicht verlassen hatte. Doch die Erleichterung währte nur kurz. Als Jana etwas zu sagen versuchte, lockerte sich die Schlinge ein wenig, gerade so viel, dass Jana flüstern konnte.
    Genau in dem Moment hörte sie Schritte über den Kies eilen. Jemand rief ihr etwas zu. Es war Tom, das erkannte sie an seiner tiefen Stimme, aber Jana konnte ihn weder sehen noch verstehen, was er rief. Die Schlinge lockerte sich noch weiter, und Jana sog gierig Luft in die Lungen. Ihr Angreifer versetzte ihr einen brutalen Stoß und drehte sich von ihr weg. Während Janas Stirn auf den Kies prallte, sah sie Toms Beine aus den Augenwinkeln. Es waren eindeutig Toms ausgetretene, dunkelbraune Lederschuhe, und Jana schoss es durch den Kopf, dass er dringend einen Schuster benötigte. Wie konnte sie gerade jetzt einen so unsinnigen Gedanken fassen? Eine Klinge blitzte auf. War es Toms Messer? Helles Blut spritzte und traf Jana im Gesicht. Es war nicht ihr Blut, sie spürte keinen Schmerz.
    Völlig verwirrt richtete sie sich auf und blinzelte gegen die tiefstehende Sonne, die ihr nun direkt ins Gesicht schien und sie blendete. Sie erkannte Tom, der unter dem Mönch in der schwarzen Kutte zusammenbrach. Sein weißes Hemd hatte sich dunkelrot gefärbt. Seine Augen starrten leblos ins Leere. Jana wollte seinen Namen rufen, aber ihre Stimme versagte.
    Hinter dem Mönch stand noch jemand. Die Kapuze des Jesuiten war nach hinten gerutscht und hatte die hässlichen Narben freigelegt, die Jana in so manchem Albtraum verfolgt hatten. Jana blickte zu der weiteren Person, es war ein junger Bursche mit flachem Gesicht und schrägstehenden Augen. Er hielt die fingerlose Hand ihres Angreifers fest, drehte sie auf dessen Rücken und zwang den Mann auf die Knie. Der Mönch war von Tom und Jana weggerutscht.
    »Nicht töten!«, sagte der Junge und weinte dabei. Jana konnte die Tränen deutlich sehen, sie glänzten in der Abendsonne und hinterließen Rinnsale auf dem schmutzigen Gesicht.
    »Lass mich los«, zischte der Mönch verärgert. »Oder ich muss auch dich umbringen.«
    »Nicht töten!«, wiederholte der Junge, der offensichtlich über enorme Kräfte verfügte. Der Mönch konnte sich nicht aus seinem Griff lösen. Er wand sich, aber ohne Erfolg.
    »Nicht töten, nicht töten, nicht …« Der Junge fiel in einen monotonen Singsang, der ihm noch mehr Kraft zu verleihen schien. Der Mönch lief vor Ärger und Anstrengung dunkelrot an. Seine Fratze bekam etwas Diabolisches. Jana musste ihren Blick abwenden. Sie kroch benommen auf allen vieren zu Tom und ergriff seine warme Hand. Sie brauchte nicht seinen Puls zu fühlen, um zu wissen, dass er tot war. Der Mönch hatte sein Messer exakt in sein Herz gestoßen. Die Waffe steckte immer noch in Toms Brust.
    »Tom, bitte nicht«, flüsterte sie, aber der freundliche Mann mit dem Koboldgesicht konnte sie nicht mehr hören. Er würde seine Augen nie wieder auf sie richten. Bilder der letzten Wochen zogen an ihrem inneren Auge vorbei. Auch wenn er manche Dinge falsch verstanden hatte, der Ire war ihr zum Freund geworden. Wie durch einen dichten Nebelschleier drangen die Worte des Mönchs zu ihr. Er beschimpfte den Jungen auf unflätige Weise. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich aus dem Griff des Jungen befreien würde. Zärtlich strich Jana über Toms raue Wange und schloss seine vor Schreck und Überraschung weit aufgerissenen Augen. Langsam richtete sie sich auf. Vielleicht war ihr die Gefahr, in der sie sich befand, nicht bewusst, erst als das Weinen des Jungen lauter wurde, reagierte sie. Jana drehte sich zum Kloster und rannte über den Kiesweg zum Stall. In dem Moment betrat Richard den Garten.
    »Wo zum Teufel bleibt Ihr, und wo ist Tom?«, fragte er. Seine Worte waren verwaschen und sein Gesicht gerötet. Sicher hatte er den ganzen Nachmittag getrunken. »Pater Ignazio und die Brüder wollen mit dem Abendessen beginnen.«
    »Wir müssen weg«, versuchte Jana zu schreien, brachte aber nur ein Krächzen zustande. Sie rieb ihren blutenden Hals.
    Richard starrte auf die Blutspritzer in ihrem Gesicht.
    »Wo ist Tom? Was ist passiert?«,

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