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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Beide haben ein Recht auf ihren Vater. Ihr müsst zurück nach London gehen und Verantwortung für Eure Familie übernehmen! Oder wollt Ihr, dass Mary und Martin ihre verstorbene Schwester immer hassen werden?«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Na, wie würdet Ihr Euch fühlen, wenn Euer Vater Euch nicht beachtet, weil er in der Trauer über Euren älteren Bruder im Zuckerrohrbrand ertrinkt?«
    »Ihr meint wirklich, dass Julia und die Kinder auf einen Mörder warten?«
    »Ihr seid kein Mörder, das wisst Ihr, und das weiß auch Eure Frau. Ihr habt durch einen tragischen Unfall Euer Kind verloren. Das ist fürchterlich. Aber Ihr seid nicht der einzige Vater, dessen Kind verunglückt ist. Und ja, ich bin davon überzeugt, dass sie auf Euch warten.« Janas Worte klangen ungewollt hart.
    »Ihr habt keine Ahnung, wie es sich anfühlt, wenn man seinem Kind beim Sterben zusieht.«
    »Das stimmt, und ich hoffe, dass ich es nie erfahren muss. Aber Ihr könnt nicht ewig im Selbstmitleid baden.«
    »Ich wünschte, ich wäre tot«, sagte Richard. »Warum hat Gott Tom geholt und nicht mich? Er wäre Julia ein besserer Begleiter.«
    »Tom war Julias Diener, Ihr seid ihr Ehemann, und sie liebt Euch. Wen Gott zu sich holt, ist ganz allein seine Entscheidung.«
    »Manchmal glaube ich, dass Gott ein schlimmerer Säufer ist als ich. Seine Entscheidungen sind grausam und willkürlich.«
    Gegen ihren Willen musste Jana grinsen. Sie legte ihren Arm um Richards Schultern und zog ihn freundschaftlich zu sich. Es war seltsam, einen halbnackten Mann in die Arme zu nehmen und tröstend übers Haar zu streichen.
    »Verzichtet auf den Zuckerrohrbrand. Der Schmerz und die Trauer werden nicht kleiner werden. Aber wenn Ihr beides zulassen könnt, werdet Ihr lernen, damit zu leben, ohne daran zu zerbrechen.«
    Richard hob den Kopf und verzog das Gesicht. »Die Worte kenne ich.«
    Jana nicket: »Ein kluger Mann, den ich mittlerweile als Freund bezeichne, hat ähnliche Worte zu mir gesagt.«
    Richards Grimasse wurde zum schiefen Grinsen: »Sagt die Frau, die ihr Ziel verloren hat, weil ihr Geliebter tot ist?«
    »Sagt die Frau, die ihr Ziel kurzfristig aus den Augen verloren hatte. Aber sie hat begriffen, dass sie weiterleben und aus diesem Grund nach vorne schauen muss.«
    Jana stand auf. Ihre Hand lag immer noch auf Richards Schulter. Er griff danach und führte sie zu seinem Mund. Zärtlich hauchte er einen Kuss in ihre Handfläche. Als Jana zurück zum Dorf ging, spürte sie die Berührung immer noch.

San Cristóbal,
    April 1619
    In einer der Siedlungen am Fuße der Anden erstanden Conrad, Assante und Tica Lamas. Der Zufall half ihnen dabei. Gerade als sie in dem Dorf eintrafen, ereignete sich ein folgenschwerer Unfall. Eine aufgeregte Frau erklärte ihnen, dass der Dorfälteste, gleichzeitig auch der encomendero des Dorfes, und seine beiden Söhne soeben bei Bauarbeiten an einem neuen Haus unter einer zusammenstürzenden Mauer begraben worden seien. Conrad half sofort und konnte nicht nur das Leben des alten Mannes, sondern auch das seines Sohnes und das Bein seines jüngsten Sohnes retten. Conrad nähte Wunden, renkte einen offenen Bruch ein und versorgte alle drei mit stärkenden Mitteln. Die Dankbarkeit der Frau des encomenderos war so groß, dass sie versprach, den Fremden prächtige Lamas zu besorgen. Während die Frau mit einem der Bauern verhandelte, kümmerte sich Conrad um seine Patienten. Der encomendero war ein wohlhabender Mann, der über große Ländereien und die Schürfrechte einer Silbermine im Westen des Landes verfügte.
    Am vierten Tag ihres Aufenthaltes wechselte Conrad den Verband des alten Mannes und sah nach den Verletzungen seiner Söhne. Anschließend fragte er Tica: »Heißt encomendar nicht vertrauen?«
    »Ja, so ist es. Die Spanier haben den Begriff eingeführt. Sie ließen den alten Abgabeneintreibern ihre Ämter und verschafften ihnen noch zusätzliche Vorteile. Leider sind die Ämter nicht mehr vererbbar, und aus diesem Grund versucht jeder innerhalb seiner Amtszeit, so viel Geld wie nur möglich zu gewinnen. Leidtragende sind die einfachen Bauern, die encomendados , die eigentlich unter dem Schutz der Krone stehen sollten. Sie sind nicht mehr wert als Sklaven und werden auch als solche behandelt. Sie schuften in den Silberminen, als Ruderknechte oder als cargueros , als Träger in den Bergen.«
    »Ihr versklavt Euer eigenes Volk?«
    »Ja, es gab immer eine starre Rangordnung, in der jeder seinen angestammten Platz

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