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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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hatte: die Herrscher und die Beherrschten.«
    »Dann hat sich ja nichts geändert«, meinte Conrad zynisch.
    »Spart Euch Euren Spott«, antwortete Tica scharf. »Früher schufteten die Bauern für den Zipa, jetzt tun sie es für den spanischen König.«
    Conrad zuckte mit den Schultern: »Was nichts daran ändert, dass sie für andere arbeiten statt für sich selbst.«
    Assante grinste von einem Ohr zum anderen: »Wo kämen wir denn hin, wenn jeder für sich selbst arbeiten würde?«
    »Haec est via in mundum meliorem. In eine bessere Welt?«
    Tica schüttelte den Kopf: »Ihr seid zwei merkwürdige Männer mit eigenartigen Gedanken. Aber ich mag euch.«
    Assantes Grinsen wurde noch breiter: »Ich hoffe doch sehr, dass du einem von uns beiden etwas mehr Zuneigung entgegenbringst.«
    Später kam die Frau des encomenderos und führte zwei Lamas mit sich. Die Tiere hatten einen mächtigen Körper, einen langen Hals und einen relativ kleinen Kopf. Sie waren in etwa so groß wie Maultiere und kauten mit ihren gespaltenen Lippen wie Kühe. Ihr Fell war weich und erinnerte an Schafe. Weder Conrad noch Assante hatten je zuvor Lamas gesehen. Die Frau des Dorfältesten erklärte ihnen, dass die Frauen aus dem Fell Wolle herstellten und sie sich in Acht nehmen sollten, da die Tiere spuckten, wenn sie sich bedroht fühlten.
    »Spucken?«, fragte Conrad belustigt und näherte sich vorsichtig einem der Tiere. Es drehte den Kopf zur Seite, und Conrad streichelte es. Das Fell war flauschig und dicht.
    »Das sind nur zwei Tiere, wir brauchen drei«, erklärte Conrad, während er das Tier weiterstreichelte.
    Überrascht zog die Frau die Augenbrauen hoch. »Euer Sklave soll reiten?«
    »Welcher Sklave?«, fuhr Conrad sie an. Er war es leid, dieses Geschwätz über freie Menschen und Sklaven, über Weiße und Schwarze.
    »Ich … dachte nur«, stotterte die Frau verlegen.
    »Denkt nicht, sondern besorgt uns die Tiere«, sagte Conrad ungehalten.
    Ohne weitere Einwände versicherte die Frau Conrad, dass sie ein drittes Tier besorgen wollte. Als sie gegangen war, meinte Assante: »Ich danke dir, mein Freund, aber trotz deiner wundervollen Ideen und Gedanken wird meine Hautfarbe mich immer zum Sklaven machen.«
    »Nein«, sagte Conrad bestimmt. »Du bist ein freier Mann, und wir werden einen Ort finden, an dem du als freier Mann leben kannst.«
    »Leider wird dieser Ort nicht auf dieser Welt sein.«
    »O doch!«, knurrte Conrad trotzig.
    Tica ergriff Assantes Hand: »Menschen aus meinem Dorf sind hoch in die Berge geflohen, um der Sklaverei durch die Spanier zu entgehen. Es gibt Orte, an denen niemand versucht, über den anderen zu bestimmen. Das Leben dort ist hart, denn die Götter und die Natur sind die einzigen Herrscher und bestimmen, wie dein Tag wird.«
    »So ein Ort klingt verlockend«, sagte Assante. Er nahm Ticas Gesicht in beide Hände und küsste sie zärtlich. Conrad wandte sich dezent ab.
    Mit den drei Lamas kamen sie trotz des steilen Geländes rasch voran. Trittsicher kletterten die Tiere über Felsen und Geröll. Sie passierten enge Schluchten und liefen mit einer Leichtigkeit über schmale Pfade, die Conrad an Bergziegen in den Alpen erinnerte. Mit jeder Meile, die sie sich San Cristóbal näherten, wuchs seine Unruhe. Er war davon überzeugt, dass Jana auf dem Weg zum Schatz war. Wenn sie der Route auf der Karte folgte, musste sie diese Stadt passieren. So langsam wie er selbst unterwegs war, hatte er sie vielleicht schon verpasst. Aber dann würde er von den Bewohnern dort etwas darüber erfahren, wie es ihr ging. Bald waren sie ein halbes Jahr getrennt. Ob Jana überhaupt noch an ihn dachte? Sie konnte nicht wissen, dass er am Leben war. Vielleicht hatte sie ihn längst aufgegeben und sich in einen anderen Mann verliebt. Die Vorstellung versetzte Conrad einen Stich ins Herz.
    Eine atemberaubende Landschaft zog an ihm vorbei, doch er bemerkte sie nicht. Seine Gedanken an Jana kreisten in seinem Kopf wie über ihm die riesigen Greifvögel.
    An einem bewölkten Vormittag erreichten sie die Stadt San Cristóbal. Nebelschwaden hüllten die rotbraunen Dächer der Stadt in einen graublauen Dunst, und die Turmglocken der imposanten Kathedrale läuteten gerade den letzten Morgengottesdienst ein, als sie das Stadttor passierten.
    »Wo willst du denn nach deiner Jana suchen?«, fragte Assante.
    »In einem Kloster, einer Herberge, der Kathedrale, jeder Schankstube der Stadt«, sagte Conrad nervös.
    »Bevor wir mit der Suche

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