Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
begeistert sein werden und ich mit etwas Glück auch ohne Gold zu einem reichen Mann werden kann.«
Jana nickte zustimmend: »Das ist die beste Idee, die Ihr hattet, seit ich Euch begegnet bin.«
»Es war nicht meine Idee«, gab Richard zu. »Schwester Carmela ist eine außergewöhnliche Frau mit ganz außergewöhnlichen Vorschlägen.«
»Sie ist wundervoll«, sagte Jana.
»Ja, das ist sie«, meinte Richard. »Obwohl sie noch nicht alt ist, denkt sie bereits über eine würdige Nachfolgerin nach.«
Was wertschätzend gemeint war, kam bei Jana anders an.
»Ich wollte nie Nonne werden«, sagte sie ernst.
»Manchmal hält das Leben Überraschungen für uns bereit.«
Jana breitete ihre Arme aus und schlang sie um Richard.
»Ich werde Euch vermissen«, sagte sie ehrlich. »Geht nach Hause. Julia hat Euch nie gehasst. Ihr selbst wart es, der Euch nicht ausstehen konnte.«
Richard vergrub sein Gesicht in Janas Schulter. Er schluchzte nicht, aber Jana spürte seine Tränen durch den Stoff ihres Kleides. Als er sich wieder von ihr löste, deutete nichts in seinem Gesicht auf Tränen hin.
»Falls die Engländer mit den Bohnen nichts anfangen können, werde ich sie den Franzosen anbieten. Angeblich schätzen sie den guten Geschmack beim Essen mehr als wir Engländer.«
»Das kann doch bloß ein Vorurteil sein.«
Schmunzelnd musste sie an die stinkenden Hühner denken, die Richard ohne mit der Wimper zu zucken verzehrt hätte. Einen verrückten Moment lang wünschte Jana, Richard würde sie zum Abschied küssen. Aber er tat es nicht, und das war gut.
»Lebt wohl«, sagte Jana und kämpfte nun selbst mit den Tränen.
»Lebt wohl und werdet eine gute Äbtissin.«
Jana lachte auf: »Zuerst muss ich Nonne werden, was bei all meinen Zweifeln an der Kirche nicht leicht werden wird. Und außerdem … habe ich Euch je verraten, dass ich Protestantin bin?«
Mit gespieltem Entsetzen machte Richard einen Schritt zurück und griff sich an die Brust.
»Herr im Himmel!«, rief er. »Wenn ich das gewusst hätte.«
Dann stieg er auf sein vollbepacktes Lama, winkte ihr ein letztes Mal zu und ritt in Richtung Osten zurück zur Küste, wo ihn ein Schiff nach England bringen würde.
In einem kleinen Dorf
in der Nähe von Zipaquirà,
Mai 1619
Nachdem Tica kurz nach San Cristóbal an einem Fieber erkrankt war und sie in einem winzigen Dorf eine unfreiwillige Pause von mehreren Tagen hatten einlegen müssen, setzten sie nun ihre Reise ohne Komplikationen fort. Einige Reisestunden von Ticas Dorf entfernt kam es zu heftigen Regenfällen. Ununterbrochen stürzte das Wasser aus einer geschlossenen Wolkendecke auf sie nieder. Während Conrad und Assante sich vor den Naturgewalten fürchteten, blieb Tica gelassen.
»Nach den Monaten der Trockenheit ist es doch ganz normal, dass es regnet.«
»Was da vom Himmel kommt, ist kein Regen, sondern die Sintflut, die Noah dazu veranlasste, seine Arche zu bauen«, sagte Conrad, der weder an die Geschichte der Arche noch an Noah glaubte, aber etwas sagen wollte, um seine Ängste im Zaum zu halten.
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte Tica, die dazu übergegangen war, Conrad zu duzen.
Mit jeder Meile, der sie sich Ticas Dorf näherten, wuchs die Nervosität der jungen Frau. Sie war gereizt, reagierte ungehalten auf unbedachte Bemerkungen und schnauzte Assante grundlos an. Der geduldige Schwarze ertrug ihre Launen, da er ahnte, warum sie so unruhig war. Der Regen ließ allmählich wieder nach, und als die Umrisse der ersten Hütten im feinen Nieselregen auftauchten, blieb Tica zögernd stehen.
»Was, wenn mich niemand mehr erkennt? Es ist fünf Jahre her, dass man mich aus dem Dorf verschleppt hat. Vielleicht ist niemand mehr von den Menschen am Leben, die einst meine Familie und meine Freunde waren?«
Assante nahm sie an der Hand und drehte sie zu sich.
»Irgendjemand wird dich erkennen«, meinte er zuversichtlich und fügte weit unsicherer hinzu: »Die Frage ist, was wird deine Familie sagen, wenn du mit einem Schwarzen zurückkehrst?« Er zwang Tica, ihn direkt anzusehen, aber sie machte eine abfällige Handbewegung.
»Ich bin die Tochter eines Goldschmiedes, eines Handwerkers. Nicht wichtig genug, dass die Gemeinschaft sich über eine nicht standesgemäße Ehe aufregen würde, und doch wohlhabend genug, um selbst entscheiden zu können.«
»Das ist deine Meinung. Aber was wird deine Familie sagen?« Assante war noch nicht überzeugt.
»Mein Vater und meine Mutter sind
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