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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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zusammen. Benommen blinzelte er. Eine schier endlose Pause entstand.
    Doch Richard begriff sofort: »Du warst ein Gefangener …?«
    Tom presste die Lippen zusammen, bevor er antwortete.
    »Und wenn es so wäre?«, fragte er schnippisch.
    »Dann wäre es mir egal. Sir Raleigh hat große Stücke auf dich gehalten. Er hat dir seine Geliebte und seine Tochter anvertraut. Und jetzt schickt er dich mit mir in die Neue Welt, als meine Gouvernante.« Er grinste schief beim letzten Wort.
    »Gott hat mir geholfen, denn er hat mir Sir Raleigh geschickt. Der Mann hat mich aus der Hölle geholt und mir ein neues Leben geschenkt.«
    »Verrätst du mir, warum du auf einem englischen Segelschiff gelandet bist?«
    »Ich habe auf dem Markt einen Apfel gestohlen«, erklärte er mit gepresster Stimme.
    Richards Augen weiteten sich: »Deshalb hat man dich eingesperrt und zum Zwangsdienst verpflichtet?«
    »So ist das Gesetz.«
    »Ich habe in meinem Leben so viele Äpfel mitgehen lassen, dass ich sie nicht an beiden Händen abzählen kann.«
    »Ihr hattet Glück«, sagte Tom und fügte nach einer Pause hinzu: »Und keinen irischen Vater.«
    »Hast du es je bereut, ein Diener zu sein?«
    Entschieden schüttelte Tom den Kopf.
    »Nein, nie!«, sagte er voller Überzeugung. »Eure Frau liegt mir sehr am Herzen. Sie ist die Tochter, die ich nie hatte. Ich würde nie zulassen, dass jemand sie verletzt.«
    »Ich weiß«, sagte Richard.
    Er schaute in den sternenklaren Himmel.
    »Hast du dir überlegt, was du mit dem Gold machen willst, wenn wir es finden?«
    »Das Gold ist für Julia und Euch bestimmt. Sir Raleigh hat die Karte Euch anvertraut. Ich helfe Euch bloß bei der Suche.«
    Nun lachte Richard so laut auf, dass der Matrose neben ihm aufschreckte. Es senkte seine Stimme wieder.
    »Was für ein Unsinn«, sagte er leise. »Du wirst doch diese Reise nicht unternehmen, um dann mit leeren Händen nach Hause zurückzukehren. Außerdem hat Raleigh darauf bestanden, dass du die Karte und die Münzen übernimmst.«
    »Weil er Angst hatte, dass Ihr beides sofort versaufen würdet«, erwiderte Tom.
    »Steht es denn so schlimm um mich?«
    »Ja, das tut es. Ihr seid zu einem Säufer geworden. Es tut mir weh, mit ansehen zu müssen, wie Julia darunter leidet.«
    »Julia leidet wegen einer anderen Sache, und das weißt du genauso gut wie ich.«
    »Ihr müsst die Vergangenheit endlich begraben«, sagte Tom nun etwas freundlicher.
    »Ich begrabe sie nicht, sondern ersäufe sie im Aqua Vitae.« Richard lehnte sich wieder zurück. »Was gäbe ich jetzt für eine Flasche.«
    »Julia hat einen Mann verdient, der nicht ständig an der Flasche hängt«, schnaufte Tom verächtlich. »Mein Vater hat auch gesoffen, deshalb mussten wir Kinder hungern.«
    Statt zu antworten, seufzte Richard laut.
    »Manchmal ist Euer Selbstmitleid nicht zu ertragen!«
    »Dein ewiges Nörgeln ist auch nicht besser.«
    Beleidigt rollte sich Tom wieder zur Seite.
    »Dieses Schaukeln macht mich verrückt. Mir ist übel«, jammerte Richard.
    »Wenn Euch übel ist, dann holt Euch einen Eimer, ansonsten legt Euch hin und versucht zu schlafen. In wenigen Wochen landen wir in Tobago, dann habt Ihr den schlimmsten Teil der Reise überstanden. Vorausgesetzt, wir werden nicht von Piraten angegriffen.«
    »Du glaubst doch nicht an die Schreckensgeschichten, die erzählt werden. Schließlich hat Königin Elisabeth ihre Staatskassen von Piraten auffüllen lassen und sie hinterher geadelt. Denk nur an Sir Walter Raleigh. Er war auch ein Pirat.«
    »Ich werde trotzdem beten, dass wir verschont bleiben«, sagte Tom.
    »Tu das«, meinte Richard. In seiner Tasche war noch eine Flasche Aqua Vitae, die musste für die ganze Überfahrt reichen. Wenn er sie jetzt schon leerte, musste er wochenlang ohne Alkohol auskommen. Nachdenklich streckte er sich auf dem harten Holzboden aus und verschränkte die Arme im Nacken. Wenn er jeden Tag nur einen kleinen Schluck davon nahm, könnte er mit der Menge auskommen. Aber ein Schluck allein reichte ihm schon lange nicht mehr. Er brauchte mehr, um die vernebelnde Wirkung zu spüren. Der Proviantmeister wachte über die Weinfässer wie der Schatzmeister der Krone über die Juwelen des Reiches. Die Wasser- und Weinrationen waren strikt eingeteilt, es war unmöglich, sich unbemerkt zu den Vorräten zu schleichen und etwas davon zu stehlen. Vielleicht konnte Richard ihn bestechen. Bloß womit sollt er ihn bezahlen? Tom wollte, dass er aufhörte zu trinken, aber Richard

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