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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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»Vielleicht verstehst du ja Latein. Ich werde mich jetzt mit dir auf Latein unterhalten. Das hilft meinem Gehirn, nicht einzurosten.«
    So merkwürdig es war, nur die eigene Stimme zu hören, es war besser als die Stille.
    »So, und jetzt setzen wir dich mal auf«, sagte Conrad. »Es ist eine Schande, wie sie dich gefesselt haben.«
    Er versuchte, den Gefangenen in eine angenehmere Position zu bringen, aber das war nicht einfach, denn die Ketten waren viel zu eng angelegt. Sobald er den Mann bewegte, zogen die Ketten der Arme die Kette rund um den Hals enger, und der Mann drohte zu ersticken. Seine Augen quollen hervor, und Conrad ließ augenblicklich von ihm ab.
    »Um Himmels willen. Entschuldige«, sagte Conrad besorgt und drehte ihn wieder zurück in die Ursprungsposition. Mit aller Kraft versuchte er die Kette am Hals wieder weiter zu machen, doch damit brach er dem armen Mann fast die Handgelenke.
    »Es tut mir leid. Ich mache alles nur schlimmer. Ich bin übrigens Conrad. Conrad Pfeiffer, Arzt aus Wien. Ich habe in Bologna und Padua studiert und zuletzt in Prag unterrichtet. Aber das wird dich nicht interessieren. Wieso auch.«
    Der Schwarze schwieg, sah Conrad aber neugierig an. Er hatte sich wieder in die stabile Lage von zuvor gerollt, lag regungslos da und schien auf weitere Erklärungen zu warten.
    »Das ist verrückt«, lachte Conrad. »Du verstehst nichts von dem, was ich sage, und gibst mir trotzdem das Gefühl, als würde es dich interessieren. Schade, dass du dich nicht mit mir unterhalten kannst, ich würde deine Geschichte sehr gerne hören. Ich war noch nie in Afrika. Habe keine Ahnung von den Menschen dort. Wie sie leben und woran sie glauben.«
    Conrad machte eine Pause, ehe er fortfuhr: »Willst du meine Geschichte erfahren?«
    Die dunkelbraunen Augen starrten ihn weiterhin an, und Conrad begann herzhaft zu lachen.
    »Du bist echt ein armer Tropf, du kannst dich nicht wehren. Ich kann dir erzählen, was ich will, und du kannst nicht weglaufen.«
    Conrad lachte erneut, und für einen Moment hatte er Angst, tatsächlich dem Wahnsinn zu verfallen.
    »Ich rede halt einfach weiter«, beschloss er. »So vergeht die Zeit, und wir kommen irgendwann in der Neuen Welt an.«
    Die nächste Stunde verbrachte Conrad damit, dem stummen Schwarzen von sich selbst zu erzählen. Aber nicht von seiner Ausbildung und seinem Studium, sondern von seiner Kindheit und davon, wie er früh seine Mutter verloren hatte und wie sehr er gelitten hatte, als auch sein Vater starb. Danach berichtete er von Jana. Wie er sich in diese eigenwillige, starrköpfige und viel zu starke Frau verliebt hatte. Davon, wie er an ihrer Seite quer durch Europa gereist war, um dem Geheimnis des Buchs ihres Vaters auf die Spur zu kommen. Mit jedem Satz, den Conrad sprach, hatte er das Gefühl, sich von einer Last zu befreien und gleichzeitig etwas Ordnung in sein wirres Leben zu bringen. Er erzählte, dass er Jana heiraten wollte, sie aber immer noch nicht eingewilligt hatte und er sich wie ein Narr fühlte, weil er einem Traum hinterherzujagen schien.
    »Ich habe Jana gesagt, dass ich gar nicht nach Amerika segeln will. Denn weißt du, welches Geheimnis das Buch barg?« Conrad stellte seine Frage in die Dunkelheit, wohl wissend, dass er keine Antwort bekommen würde.
    »Eine Schatzkarte war darin versteckt. Es geht um nichts anderes als um Gold. Deshalb tötet die Kirche, deshalb sind die Könige und Herrscher aller Reiche hinter dem Fetzen Papier her, den Jana eingenäht in ihren Röcken trägt. Wegen Gold.«
    Erschöpft sank Conrad zurück und legte sich auf den Rücken. Er verschränkte die Arme hinter dem Nacken und starrte zur niedrigen Decke. Da kroch immer noch der dünne Wurm. So als wollte er sich über ihn lustig machen und ihn daran erinnern, dass er selbst jederzeit hier rauskönnte, er aber gefangen war.
    Nach einer Weile schmerzten Conrads Unterarme, und er richtete sich wieder auf.
    »Es muss die Hölle sein, die ganze Zeit so eng gefesselt dazuliegen«, sagte er und kroch zu seinem Mitgefangenen.
    »Es muss doch eine Möglichkeit geben, dich von diesen schrecklichen Fesseln zu befreien.«
    Als hätte er Conrad verstanden, weiteten sich die Augen des Gefangenen.
    Conrad trat zu der verschlossenen Truhe.
    »Wer weiß, vielleicht befindet sich ein Schlüssel darin«, sagte er grinsend und rüttelte an dem uralten Schloss. Niemand hätte überraschter sein können als er selbst, als das verrostete Ding aufsprang. Erschrocken machte

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