Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
Vom Netzwerk:
Conrad einen Satz zurück, und zum ersten Mal sah Conrad so etwas wie ein Lächeln auf dem Gesicht des Schwarzen. Vielleicht hatte er es sich auch bloß eingebildet. Vorsichtig beugte sich Conrad über die Truhe, öffnete den Deckel und machte erneut einen Schritt zurück, denn der Gestank, der aus der Truhe kam, war entsetzlich. Nasskalte, nach Schweiß und Schimmel stinkende alte Decken, die voller Ungeziefer waren, lagen darin. Conrad zog sie heraus und kämpfte erneut gegen eine Welle der Übelkeit an.
    »Die haben wohl seit Jahren keine Seife gesehen«, sagte er und verzog angeekelt das Gesicht.
    Vorsichtig tastete er den Boden der Truhe ab. Kalte, harte Gegenstände lagen unter dem Wollstoff. War es möglich, dass hier altes Werkzeug gelagert wurde? Conrad konnte sein Glück kaum fassen. Begeistert holte er die Gegenstände hervor. Tatsächlich. Jemand hatte hier einen kaputten Hammer, drei rostige Haken und eine wackelige Zange verstaut. Wahrscheinlich hatte sie ein Matrose versteckt, in der Hoffnung, das alte Zeug nach der Ankunft im Hafen mitzunehmen. Niemand würde die Gegenstände vermissen, und ein geschickter Handwerker konnte zumindest aus dem Hammer wieder ein funktionierendes Werkzeug machen.
    Immer noch völlig überwältigt von seinem Fund, legte Conrad die Zange auf den Boden und tastete sie ab. Sie war am meisten in Mitleidenschaft gezogen. Das Metall war verrostet. Vielleicht würde es brechen, sobald man es verwendete.
    »Du wirst nicht glauben, was ich gerade gefunden habe«, sagte Conrad leise und schob die Zange zum Gefangenen. »Es ist ein Jammer, dass ich nicht schon früher nachgesehen habe. Wir hätten dir viel Leid ersparen können. Damit öffnen wir nun deine Ketten.«
    Conrad zögerte: »Das heißt, vorausgesetzt, du willst, dass wir sie öffnen. Denn es ist möglich, dass sie dich hinterher noch heftiger bestrafen, und sie werden auch mich bestrafen, wenn ich dich befreie. Wir kriegen also beide jede Menge Ärger.«
    Conrad sah sich die Zange noch einmal an.
    »Aber den haben wir ohnehin schon. Ich bin Arzt, ich habe den hippokratischen Eid abgelegt. Es ist meine Pflicht, dir zu helfen. Und wenn die da oben so dumm sind, uns in einen Raum mit Werkzeug zu sperren, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn wir es auch benutzen.«
    Entschlossen griff er nach der Zange und setzte sie an ein Glied der Kette, die Fuß- und Armfesseln miteinander verband.
    »Falls die Zange hält und die Kette durchbricht, wäre ich dir verbunden, wenn du mir nicht den Kopf einschlägst, sobald du frei bist.«
    Mit aller Kraft drückte Conrad die Zange zusammen. Ein lautes Knacken verriet, dass etwas gebrochen war. Es war nicht die Zange, sondern tatsächlich das Kettenglied. Conrad konnte einen Ausruf der Freude nur schwer unterdrücken. Sofort versuchte er es an der Kette, die beide Hände mit dem Hals verband. Wieder knackte es.
    »Na bitte, an mir ist ein Handwerker verloren gegangen«, strahlte er und forderte den Mann auf, sich zu bewegen.
    Aber der Gefangene lag völlig reglos da, wie erstarrt. Ein verängstigtes Tier, das unfähig war zu flüchten. Seine riesigen dunkelbraunen Augen beobachteten jede von Conrads Bewegungen, jede Wut war daraus verschwunden.
    Conrad zwickte unterdessen die zweite Handfessel durch und schrie vor Freude auf, dann machte er sich an den Fußfesseln zu schaffen. Zufrieden betrachtete er sein Werk.
    »Die Ketten sind weg, aber die Ringe an deinen Hand- und Fußgelenken sowie am Hals sind noch dran.«
    Der Gefangene rührte sich immer noch nicht. Er lag nach wie vor in der gleichen zusammengekauerten Stellung. Für einen Moment dachte Conrad, dass er sich vielleicht nicht mehr bewegen konnte, weil seine Muskeln verletzt waren.
    »Ich versuche jetzt einen der Ringe durchzuzwicken.«
    »Kann ja nicht so schwer sein«, sagte er und berührte mit dem Finger einen der Ringe. Der Schwarze lag so still, dass Conrad nicht einmal seinen Atem bemerkte.
    Erneut setzte Conrad die Zange an und drückte fest zu. Wieder knackte es, aber diesmal klang das Geräusch lauter und brüchiger.
    »Verdammt«, schimpfte Conrad. Genau wie er befürchtet hatte, war die Zange in der Mitte auseinandergebrochen.
    Verärgert ließ Conrad sich auf den Boden plumpsen und betrachtete das kaputte Werkzeug in seinen Händen.
    »Na, wenigstens kannst du dich bewegen, und vielleicht können wir aus dem alten Segel eine Art Lendenschurz für dich basteln. Damit du nicht nackt, wie Gott dich geschaffen hat, hier

Weitere Kostenlose Bücher