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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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kalten Wickeln und versuchte das hohe Fieber zu senken. Rodriguez kam und schaute nach ihr, schüttelte aber bloß mitleidig den Kopf und meinte: »Euer Mann ist ein Pfuscher. Er hat Euren Arm schlecht versorgt, und jetzt bleibt die Drecksarbeit an mir hängen.«
    »Was meint Ihr damit?«, fragte Servante.
    »Dass ich ihr den Arm abnehmen muss, und wenn wir noch lang warten, ist es nicht nur der Unterarm. Sobald sich der Brand ausweitet, muss der ganze Arm bis zur Schulter weg.«
    Jana erwachte gerade aus einem ihrer Fieberträume. Matt flüsterte sie: »Keine Amputation!«
    Sofort war Servante an ihrer Seite und beruhigte sie: »Nein, natürlich nicht. Sagt mir, was ich für Euch tun kann.«
    Es war einer der seltenen Momente, in denen Janas Verstand trotz des hohen Fiebers arbeitete.
    »Macht mir eine Paste aus heißem Beinwell und Huflattich und bestreicht meine Wunde damit.«
    Verwirrt schüttelte Servante den Kopf: »Woher soll ich das nehmen?«
    »Aus meiner Tasche. Ich bin Apothekerin.«
    Servante rührte die Paste nach Janas Anweisungen an und bestrich die Wunde damit. Schon nach zwei Tagen sank Janas Fieber, und nach zwei weiteren Tagen konnte sie selbst die Fäden aus ihrer Wunde ziehen.
    Die Mannschaft verfolgte ihre Genesung, und immer mehr Männer zweifelten an Rodriguez’ Fähigkeiten. Einige murrten, man sollte den Mann der Apothekerin wieder freilassen, schließlich wäre er der bessere Arzt. Jana versuchte sofort nachzuhaken, aber Valdiva erstickte jede Kritik an seiner Entscheidung im Keim. Außerdem gab es im Moment ganz andere Probleme. Die Lebensmittel und das Wasser wurden knapp, und die täglichen Rationen mussten gekürzt werden.
    Die Situation an Bord wurde von Tag zu Tag unerträglicher. Die Mannschaft war gereizt. Jeder hatte Hunger und Durst, alle waren geschwächt, aber den Männern standen nur noch schimmliger Zwieback und von Ungeziefer befallene Bohnen zum Essen zur Verfügung. So mancher schloss die Augen, damit er nicht sehen musste, was er auf seinen Löffel schaufelte. Schließlich wurden die Trinkwasserrationen erneut gekürzt, und die ersten Männer forderten, dass die Schwarzen unter Deck nichts mehr bekommen sollten. Janas Lippen waren so trocken, dass sie trotz Ringelblumensalbe aufsprangen und blutig wurden. Dasselbe passierte mit ihren Fingern, aber die Wunde an ihrem Unterarm verheilte, und es bildete sich eine neue, dünne Hautschicht.
    Zwei Seemänner litten an einer Seemannskrankheit, die Jana bisher nur vom Hören kannte. Das Zahnfleisch der Männer färbte sich braun und wurde faulig. Sie konnten ihre Zähne mit den bloßen Fingern aus dem stinkenden Mund ziehen. Auch auf den Oberschenkeln der Männer färbte sich das Fleisch dunkelbraun.
    Jana wünschte, Conrad wäre hier und könnte helfen. Aber Rodriguez wollte davon nichts hören. Alles, was er für die armen Männer tat, war, das faulige Fleisch mit dem Messer wegzuschneiden. Die Schreie der verzweifelten Männer verloren sich in der Weite des offenen Meeres. Schnaps, um die Schmerzen erträglicher zu machen, gab es keinen mehr.
    Täglich erkundigte sich Jana bei Rico nach Conrads Gesundheitszustand, und der Junge tat sein Bestes, um sie zu beruhigen. Aber alle Bestechungsversuche von Jana, um zu Conrad zu gelangen, schlugen fehl. Die Angst des Jungen vor weiteren Prügeln oder schlimmeren Strafen war einfach zu groß.
    Eines Morgens, die Stimmung an Deck war bereits besorgniserregend, da zwei weitere Männer mit fauligem Zahnfleisch erwacht waren, schrie einer der Matrosen vom Aussichtskorb am Großmast: »Holz! Da vorne schwimmt Holz!«
    Aufgeregt stürzten die Männer zur Reling und beugten sich darüber. Auch Jana trat zu ihnen und stellte sich auf die Zehenspitzen. Tatsächlich, zu ihrer Rechten schwammen ein Baumstamm und einige Äste vorbei. Das konnte nur bedeuten, dass sich Land in unmittelbarer Nähe befand.
    Ein Jubelschrei ging durch die Mannschaft, und Jana ließ sich von der Freude der Männer anstecken. Servante packte sie und drehte sich humpelnd, weil sein Bein immer noch steif war, im Kreis.
    »Mit etwas Glück werden wir bald in Trinidad landen«, sagte er. »Meinen Berechnungen zufolge, kann es schon morgen so weit sei. Es hängt davon ab, wie gewogen uns die Winde sind! Im Moment haben wir eine Flaute, und wenn die anhält, kann es auch noch länger dauern. Vielleicht zwei oder gar drei Tage. Aber ein Ende der Reise ist in Sicht.«
    »Endlich«, seufzte Jana erleichtert. Sie lehnte sich an

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