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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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und zögerte mit der Antwort.
    »Einen kräftigen jungen Mann«, sagte er vorsichtig.
    »Welche Hautfarbe habe ich?«, fragte Assante.
    »Schwarz.«
    Assante nickte und nahm das Rudern wieder auf.
    »Aus diesem Grund werde ich nie tun können, was mir gefällt.«
    Entschieden schüttelte Conrad den Kopf: »Wir sind auf dem Weg in die Neue Welt. Dort wird alles anders sein … falls wir je das Land erreichen sollten.«
    Aber zu Conrads großer Überraschung rückte der verheißungsvolle Sandstrand nun doch näher. Während Assante erzählt hatte, waren sie ein gutes Stück vorangekommen.
    »Ich dachte, du wärst ein Gelehrter«, sagte Assante, und seine Stimme war voller Ironie.
    »Hast du keine Berichte aus der Neuen Welt gelesen und keine Zeichnungen der Chronisten gesehen?«
    Conrad schluckte hart. Nur zu gut waren ihm die detaillierten Beschreibungen im Reisebericht des Jesuiten im Gedächtnis. In der Schrift, die wahrscheinlich gerade auf dem Schiff verbrannte, wurde genau berichtet, wie die Konquistadoren mit Unterstützung der Kirche die Eingeborenen zwangen, ihre Schätze herzugeben. Offensichtlich lag es in der Natur der Weißen zu glauben, sie wären besser als alle anderen.
    »Sobald die Metallringe weg sind, bist du trotzdem ein freier Mann«, sagte Conrad trotzig. Und zum ersten Mal, seit das Schicksal ihn mit Assante zusammengewürfelt hatte, breitete sich ein Lächeln auf dem kantigen Gesicht des Schwarzen aus. Es war nicht sofort weg und zeigte, wie hübsch der Mann war.
    Wieder hielt Conrad für einen Moment die Hände still, doch Assante sagte sofort: »Wir müssen weiterrudern. Das Meer unter uns färbt sich bereits türkisblau.«
    Erstaunt beugte sich Conrad über den Rand des Bootes. Assante hatte recht. Er konnte auf den Grund sehen, wo sich riesige Schwärme kleiner, bunter Fische durch herrlich grüne Meerespflanzen bewegten. Die Tiere wirkten so nah, dass Conrad glaubte, er könnte mit der bloßen Hand danach greifen. Die Vorstellung, bald wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, verlieh ihm neue Kraft. Gemeinsam zogen die Männer die Ruder durchs Wasser. Ihr Ziel rückte in realistische Nähe.

Tobago,
    November 1618
    Als Janas Füße festen Boden berührten, kippte sie seitlich weg und wäre beinahe in den weichen Sand gefallen. Ein Pirat, ein hagerer Mann mit einer Narbe über dem rechten Auge und einem steifen Bein, das er hinkend hinter sich herzog, fing sie gerade noch auf.
    »Nach der ersten langen Seefahrt ist das bei allen Landratten so«, sagte er, lachte kehlig und legte dabei eine Reihe schwarzer Stummelzähne frei.
    Er sprach Portugiesisch wie die Männer auf dem Schiff. Seit Jana Prag verlassen hatte, waren ihre Gelegenheiten, sich mit Menschen aus anderen Ländern zu unterhalten, deutlich gestiegen. Dabei hatten ihr ihre Lateinkenntnisse geholfen. Jana verstand Menschen, deren Muttersprache Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch war, und fand sich nach der Reise quer durch Frankreich auch im Französischen halbwegs zurecht. Außerdem hatte sie ihre beiden Muttersprachen, Tschechisch und Deutsch.
    Mit einer Bewegung seines Kopfes zeigte der Pirat Jana den Weg. Er und Jana waren die Letzten, die vom Schiff gegangen waren. Fünf weitere Piraten, die das wenige, das sie auf der Santa Lucia erbeutet hatten, in Säcken trugen, liefen zielstrebig den Sandstrand entlang. Sie waren deutlich schneller unterwegs als Jana und ihr Begleiter. Mit jedem Schritt vergrößerte sich der Abstand zwischen ihnen.
    »Wo sind wir?«, wollte Jana wissen. Sie schwankte zuerst nach rechts und dann nach links. So als befände sie sich immer noch auf hoher See.
    »Tobago«, erklärte ihr der Mann. Er schien nicht unfreundlich zu sein. Wie ein Gentleman reichte er ihr seinen rechten Arm, damit sie sich mit den gefesselten Händen bei ihm festhalten konnte. Aber Jana lehnte ab. Sie war durchaus in der Lage, allein durch den weißen Sand zu laufen, auch wenn sie dabei torkelte wie eine Betrunkene.
    »Im Moment gehört die Insel den Engländern. Oder sie glauben es zumindest.« Wieder lachte der Mann. In seinem rechten Ohrläppchen hingen zwei goldene Ringe. Einer davon war so filigran verarbeitet, dass Jana keine Zweifel hatte, dass das Schmuckstück einst im Besitz einer Frau gewesen sein musste.
    »Wem gehört die Insel denn, wenn nicht den Engländern?«, fragte Jana.
    »Bukaniern«, sagte der Mann.
    »Bukanier?« Jana hatte dieses Wort noch nie zuvor gehört.
    »Brüder der Küsten«, erklärte

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