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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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ähnlich wie an den großen Höfen Europas ein angemessenes Zimmer, ausreichend Essen und eine persönliche Dienerin zur Verfügung stellen würde, wäre sie schnell eines Besseren belehrt worden.
    Nach ihrem Gespräch mit Kapitän Morgan wurde sie in die Küche zu zwei anderen Frauen geschickt, die hier schon seit Jahren lebten und arbeiteten. Die beiden kochten, wuschen die Wäsche, servierten und sorgten auch für andere Annehmlichkeiten der Männer, die sich Jana lieber nicht vorstellen wollte. Beide hatten einen Haufen Kinder, von denen niemand recht wusste, wer die dazugehörenden Väter waren. Bei drei Kindern verriet das Aussehen den Erzeuger. So konnte ein kleiner, rotblonder Junge mit einem Gesicht voller Sommersprossen nur der Sohn des einarmigen Sven sein. In Svensons Fall war es ein Glück, denn Sven vergötterte seinen kleinen Jungen und sorgte für ihn besser, als seine Mutter es je könnte. Nicht allen Kindern erging es so gut wie Svenson. Einige mussten vor den Männern geschützt werden, die sie sonst in betrunkenem Zustand totprügeln würden.
    Estebana, eine Spanierin, und Altea, eine Einheimische, arbeiteten in Kapitän Morgans Taverne. Daneben versorgten sie die gesamte Piratenkolonie, einen Haufen bunt zusammengewürfelter Männer. Jana schätzte, dass vierzig Mann für Morgan raubten und plünderten. Der Rest der Dorfbewohner profitierte zwar von den Piraten, gehörte aber nicht zur Mannschaft.
    Jana blieb keine Zeit, sich in dem Dorf umzusehen. Estebana, die etwa in ihrem Alter war, aber deutlich älter aussah, schickte sie mit einem Stück Seife zum Fluss.
    »Du stinkst«, sagte sie unverblümt und reichte ihr ein neues Kleid, denn Janas altes war nicht mehr zu gebrauchen. Froh über einen Moment der Einsamkeit, lief Jana zu einer geschützten Stelle, wo ein Wasserfall aus einem Felsen brach, und genoss es, den Dreck der letzten Wochen von ihrem Körper zu schrubben. Niemand hatte ihr goldenes Amulett bemerkt und niemand die Schatzkarte, die wohlbehütet in einem Beutel zwischen ihren Röcken eingenäht war. Sie musste den Beutel in ihrem neuen Kleid unterbringen. Als sie in Estebanas Kleid schlüpfte, bemerkte sie sofort, dass es nicht nur zu kurz war, sondern auch einen viel zu unsittlichen Ausschnitt hatte. Jana versuchte es zu schnüren, jedoch ohne Erfolg. Schließlich steckte sie ein Tuch in den Ausschnitt, in der Hoffnung, damit ihre Brüste zu verdecken.
    Wieder zurück in der Küche, bat sie Estebana um Nadel und Faden, um den Ausschnitt etwas zuzunähen. Nur widerwillig gab ihr die Spanierin die gewünschten Gegenstände.
    »Wir haben keine Zeit für Verschönerungen«, murrte sie.
    Jana antwortete nicht, zog sich in eine Ecke zurück und nähte rasch den Beutel in die Röcke ein.
    »Was hast du denn da?«, fragte Estebana und schob neugierig ihren Kopf über Janas.
    Eine Spur zu hastig drehte Jana sich weg.
    »Liebesbriefe?« Die Frau lachte. »Heb sie gut auf, denn hier wirst du keine mehr bekommen. Du bist in der Hölle gelandet. Aber in einer Hölle, die du dir selbst einrichten kannst. Es hängt von dir ab, wie die Männer dich behandeln.«
    Jana schüttelte den Kopf: »Ich werde nicht hier bleiben, ich muss meinen Mann suchen. Vielleicht ist er noch am Leben.«
    Beim Gedanken an Conrad traten Tränen in Janas Augen. Gegen ihren Willen schniefte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase.
    »Vergiss deinen Mann, der ist tot. Niemand überlebt auf einem brennenden Schiff.«
    Und dann teilte sie Jana zum Kochen ein. Offensichtlich war sie der Meinung, dass körperlich anstrengende Arbeit von Leid und Trauer ablenkte.
    »Mit deiner Hand solltest du besser nicht den ganzen Tag Wäsche waschen«, meinte sie und deutete auf Janas Unterarm. Die frische Haut war wieder aufgeplatzt, aber eine neue Kruste hatte sich bereits gebildet.
    Deshalb reichte die Spanierin Jana einen Korb voll riesiger orangebrauner Wurzelknollen und befahl ihr, diese zuerst von der Erde zu befreien, dann zu kochen, zu schälen und hinterher zu stampfen.
    »Dabei machst du dich nicht nass«, sagte sie.
    Die Knollen waren den Wurzeln auf dem Schiff sehr ähnlich, aber anders als die auf der Santa Lucia waren diese hier innen dunkelorange und rochen süßlich. Jana machte sich an die Arbeit. Schon nach der dritten Knolle schmerzte ihr Unterarm vom Halten. Deshalb legte sie die weiteren Knollen vor sich auf den Boden, hielt sie mit einem Fuß fest und schrubbte mit der unverletzten Hand. Nach einiger

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