Der Fluch des Verächters - Covenant 01
»Vergißt du, daß ich hassen gelernt habe? Hast du ... Aber lassen wir das! Und was, wenn ich dir sagte, daß ich dir diene? Ich, Salzherz Schaumfolger, Riese von der Wasserkante, Legat meines Volkes?«
Covenant hörte in dieser Frage Echos, die einem fernen Brechen von Balken zu entstammen schienen, kaum vernehmlich durch einen heftigen, stummen Wind, und er schrak zurück. »Rede nicht daher wie ein verdammter Mystiker. Sag etwas, das ich verstehen kann.« Schaumfolger bückte sich und setzte einen großen Finger auf Covenants Brust, als wolle er auf eine bestimmte Stelle von Covenants Landkartengewand verweisen. »Zweifler, das Schicksal des Landes liegt in deiner Hand. Der Seelenpresser zieht in eben jener Zeit wider die Lords, da wir Anlaß zur Erneuerung unserer Träume von der Heimat sehen. Muß ich erst ausführlich erklären, daß du die Macht besitzt, um uns zu retten oder uns zu Waisen zu machen, die an jeglichem Unheil des Landes teilhaben müssen, welcher Art es auch sein mag?«
»Hölle und Verdammung!« brauste Covenant auf. »Wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, daß ich Lepraleidender bin?! Das alles ist ein Irrtum. Foul spielt uns gegeneinander aus.«
Der Riese bewahrte Ruhe. »Und da überrascht es dich so«, entgegnete er schlicht, »daß wir über Hoffnungen nachdenken?« Covenant erwiderte den Blick aus den Augen unter dem zernarbten Überhang von Schaumfolgers Stirn. Der Riese sah ihn an, als sei die Hoffnung der Entwurzelten ein sinkendes Schiff, und Covenant verspürte schmerzlich seine eigene Hilflosigkeit, sein Unvermögen, diese Hoffnung zu retten. »Sorge dich nicht, mein Freund«, sagte dann jedoch Schaumfolger in einem Ton, als käme er zu Covenants Rettung. »Diese Geschichte ist noch zu kurz, um schon ihren Ausgang erraten zu können. Wie du gesagt hast, verbringe ich zuviel Zeit mit hastigen Menschlein. Mein Volk würde gewaltig über mich lachen, sähe es mich – einen Riesen, der nicht genug Geduld für eine lange Geschichte hat. Und die Lords halten noch allerlei in der Hinterhand, was den Seelenpresser überraschen könnte. Sei getrosten Herzens. Es kann sein, daß du und ich unseren Anteil am Allerschrecklichsten dieser Zeit bereits erhalten haben.«
»Riese«, meinte Covenant barsch, »du redest zuviel.« Schaumfolgers unglaubliche Befähigung zur Sanftmut überforderte ihn. Hölle , dachte er erbittert und kehrte ihm den Rücken zu, ging seinen Stab und das Messer suchen. Man konnte von draußen den Lärm der Aufbruchsvorbereitungen hören, und im Innern ihres Felsendorfes packten die Heimständigen geschäftig Vorräte in die Satteltaschen. Das Aufgebot machte sich zum Weitermarsch fertig, und er wollte keine Verzögerungen verursachen. Er fand seinen Stab und sein Messer zusammen mit dem Bündel seiner alten Kleidung auf einer Felsplatte wie zur Ausstellung ausgelegt. Er ließ sich von einem nicht bloß bereitwilligen, sondern dadurch sogar geschmeichelten Heimständigen Wasser, Seife und einen Spiegel besorgen. Er hatte das Gefühl, daß er sich eine Rasur schuldete. Doch kaum hatte er sich den Spiegel zum Gebrauch zurechtgestellt und sein Gesicht angefeuchtet, da sah er Pietten ernst vor sich stehen; und im Spiegel sah er, daß Llaura hinter ihm stand. Pietten starrte ihn an, als sei der Zweifler unfaßbar wie ein Rauchfähnchen. Llauras Miene wirkte angespannt, als zwinge sie sich zu etwas, das ihr absolut nicht gefiel. Sie strich sich verlegen mit der Hand durchs Haar. »Du hast die Ramen darum ersucht«, sagte sie dann, »uns hier ein Heim zu geben.«
Er zuckte die Achseln. »Schaumfolger ebenso.«
»Warum?«
Sein Gehör erahnte hinter der kurzen Frage eine ganze Litanei von Bedeutungen. Sie hielt ihren Blick in seinen Spiegel gerichtet, und er erkannte in ihren Augen die Erinnerung an einen Baum in Flammen. »Glaubst du wirklich«, erkundigte er sich bedächtig, »für euch könnte sich eine Gelegenheit ergeben, um es Foul heimzuzahlen? Oder ihr könntet dazu in der Lage sein, sie zu nutzen?« Er richtete seinen Blick auf Pietten. »Überlaß das Mhoram und Prothall. Ihnen dürft ihr vertrauen.«
»Natürlich.« Mehr als alle Worte bezeugte ihr Tonfall, daß sie ohnehin dazu außerstande war, den Lords zu mißtrauen.
»Dann versieh die Aufgabe, die du bereits hast. Hier ist Pietten. Denk daran, was aus ihm werden soll ... ihm könnte noch mehr von dem passieren, was ihr schon durchgemacht habt. Er benötigt Hilfe.«
Pietten gähnte so harmlos, als
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