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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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daß die Bewahrung und Interpretation der Bücher einem Kollegium von fünfzehn Priestern anvertraut ist, den Quindecim viri.«
    »So ist es auch.« Er starrte düster auf den Grund seines Bechers. »Offenbar hat Crassus gewußt, wie er das bekommt, was er will.« Eine höfliche Umschreibung für die Behauptung, daß er die Priester bestochen hatte.
    »Nun denn«, sagte ich, »Ptolemaios sitzt wieder fest auf seinem Thron, dank Gabinius.«
    »Ein hervorragender Mann. Doch jetzt schickt Rom eine Armee gen Osten, die von einem Mann befehligt wird, der kein Freund des ägyptischen Königshauses ist.« Das bedeutete, daß die Hilfe, um die Crassus Ptolemaios möglicherweise bitten mußte, nur äußerst schleppend gewährt werden würde. Diese Information war ein diplomatisches Juwel und bedeutete, daß Lisas sich in, wie ich hoffte, freundlicher Absicht um mich bemühte. Ich bedankte mich bei ihm und machte mich auf die Suche nach Milo.
    Ich war nicht so schockiert, wie ich es hätte sein sollen.
    Abgesehen davon, daß sie uralt waren, hatte ich die Sibyllinischen Bücher nie mit besonders großer Ehrfurcht betrachtet. Ich war skeptisch, was den Wert von Sibyllen und Orakeln im allgemeinen betraf, obwohl die meisten Menschen daran glaubten. Wenn man etwas zu sagen hat, warum dann in Rätseln sprechen? Trotzdem war es eine ungewöhnlich dreiste Schamlosigkeit, eine Aussage der Sibyllinischen Bücher zu fälschen. Aber wer war dreister als Crassus? Während ich noch darüber nachdachte, kam der Mann höchstpersönlich auf mich zu.
    »Decius Caecilius! Gestatte mir, der erste zu sein, der dir zu deiner Wahl gratuliert!« Er ergriff meine Hand und klopfte mir freundlich auf die Schulter, ein sicheres Zeichen dafür, daß er etwas von mir wollte. Und ich war mir auch ziemlich sicher, was.
    »Du bist ein wenig voreilig, aber trotzdem vielen Dank.«
    »Unsinn. Wir wissen beide, daß du gewinnen wirst, Metellus, der du bist, was?« Er grinste, ein gespenstischer Anblick, der den Blick auf Zähne freigab, die so lang waren wie meine Finger.
    »Ja, das habe ich gerüchteweise auch schon gehört.« Ich hatte Crassus noch nie gemocht und schon immer gefürchtet, doch dieser senile Versuch von Jovialität war doppelt beunruhigend.
    Der Senat war voller kauziger alter Männer, doch in der Regel vertrauten wir ihnen nicht das Schicksal unserer Legionen an.
    »Genau, genau. Kein billiges Amt. Spiele, die Erhaltung der Straßen, Mauern und Tore - sie befinden sich in einem schockierenden Zustand, mußt du wissen. Für die Aedilen wird das nächste Jahr besonders übel werden. Etliche von ihnen sind schon zu mir gekommen, damit ich ihnen ihre Last tragen helfe.«
    »Ich bin sicher, du hast sie mit der dir eigenen Großzügigkeit empfangen.« Er war für seine Knauserigkeit ebenso berüchtigt wie für seinen Reichtum und machte nie einen Sestertius locker, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Doch natürlich bemerkte er die Ironie nicht einmal.
    »Wie immer, wie immer, mein Junge. Und ich könnte auch dir sehr großzügig helfen.«
    Dies entwickelte sich zu einer Art Leitmotiv des Tages, und das Angebot wurde durch die ständige Wiederholung nicht weniger verlockend. Einerseits hatte ich das Gefühl, annehmen zu müssen, doch der Ekel, den Crassus andererseits in mir auslöste, ließ mich davor zurückschrecken.
    »Dann würdest du meine Unterstützung deines Krieges im Senat verlangen, Marcus Licinius.«
    Er nickte. »Natürlich.«
    »Aber ich bin dagegen. Die Gallier und Germanen haben Caesar zumindest einen geringfügigen Vorwand für einen Krieg geliefert. Doch die Parther haben überhaupt nichts getan.«
    Er sah mich verwirrt an. »Na und? Sie sind reich.« Immer ein guter Grund für Crassus und seines gleichen.
    »Halte mich ruhig für altmodisch, Konsul, doch ich glaube, daß Rom ein besserer Staat war, als wir nur Kriege geführt haben, um uns und unsere Verbündeten zu schützen und vertragliche Verpflichtungen einzuhalten. Wir haben die Stadt mit dem Reichtum anderer Völker überschwemmt und unsere Bauern mit einer Flut billiger ausländischer Sklaven ruiniert. Ich würde gern sehen, daß all dem ein Ende bereitet wird.«
    Er grinste höhnisch und anzüglich. »Du lebst in der Vergangenheit, Decius. Ich bin viel älter als du, und selbst ich kann mich nicht an ein solches Rom erinnern. Nicht einmal mein Großvater hat einem solchen Rom gedient. Die Kriege gegen Karthago haben uns gelehrt, daß der größte Wolf mit den

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