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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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versucht, einem anderen mächtigen Politiker namens Crassus einen Strich durch die Rechnung zu machen, und ist deshalb ermordet worden. Worum geht es dabei?«
    Julia überlegte einen Moment, bevor sie trocken wie Caesar erwiderte: »Um die politische Macht in Rom und den Reichtum Parthiens im Ausland.«
    »Exakt. Verstehst du, meine Liebe, niemand kämpft oder tötet heutzutage noch aus religiösen Gründen, wenn das überhaupt je der Fall war. Manchmal wird aus Rache oder Eifersucht gemordet, aber wir haben es hier mit bedeutenden Männern zu tun, und innerhalb dieser Klasse findet alles Kämpfen und Morden nur aus zwei Gründen statt: Anhäufung und Vermehrung des Reichtums und Ausbau und Erhalt der Macht.
    Somit ergibt sich die Frage: Cui bono? Wem zum Nutzen? Laß uns das Problem aus dieser Perspektive betrachten.«
    Julia lächelte entzückt. Sie liebte diese Art des Philosophierens. »Sehr schön! Wem also nützt es, wenn Crassus Parthien erobert?«
    »Crassus und seinen Söhnen. Sonst praktisch niemandem.
    Selbst für seine Soldaten wird es sich kaum lohnen, weil Crassus so ein Geizkragen ist.«
    »Und wer würde von seiner Niederlage profitieren?«
    »Seine politischen Feinde, und die sind Legion. Die Leute, die ihm Geld schulden - eine ebenso zahlreiche Schar. Pompeius, der allen militärischen Ruhm der Welt für sich allein will. Sogar dein Onkel Gaius Julius Caesar, der Crassus zunehmend als störend empfindet. Im letzten Jahr war ihm Pompeius eine größere Hilfe als Crassus. Und natürlich Orodes von Parthien, weil der sein Land und seinen Thron behält.«
    »Aber profitiert Orodes auf lange Sicht wirklich davon?«
    wandte sie ein.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, wenn er Crassus besiegt, wird ein anderer ausgesandt, die römische Ehre zu rächen. Das heißt, er bekäme es mit einem weit kompetenteren römischen General zu tun.«
    »Du hast recht«, sagte ich. »Darüber lohnt es sich nach zu denken.«
    Sie lächelte selbst zufrieden. »Ich bin schließlich nicht umsonst die Nichte Julius Caesars.«
    »Darüber hinaus sind noch weitere Nationen in die Sache verwickelt«, sagte ich. »Crassus wird die Provinz Syrien von Gabinius übernehmen, der dort seit Jahren kämpft und verhandelt. Das heißt, es geht indirekt auch um Ägypten. Gabinius hat Ptolemaios wieder auf seinen Thron gesetzt, aber zwischen Ptolemaios und Crassus herrscht keine große Zuneigung. Crassus war dagegen, den ägyptischen König durch römische Waffen zu unterstützen.« Irgend etwas rührte sich in meinem Hinterkopf. »Moment mal. Gab's da nicht eine Konsultation der Sibyllinischen Bücher?«
    »Ich dachte, wir wollten die religiösen Implikationen vorerst beiseite lassen«, sagte Julia.
    »Das wollten wir auch. Also, wo waren wir?«
    »Ich hatte die politischen Implikationen des Mordes erörtert, während du vor Müdigkeit und Trunkenheit bereit schielst.
    Komm mit, mein Lieber, Zeit für dich, ins Bett zu gehen.« Sie nahm meine Hand, und ich folgte ihr widerspruchslos.
    Obwohl ich todmüde war, hatte ich Schwierigkeiten einzuschlafen. Nachdem ich den Großteil der letzten drei Jahre im gallischen Krieg verbracht hatte, war es nicht die kleine Rauferei auf der Straße, die mich wach hielt, obwohl ich ein paar neue Schmerzen verspürte. Es war vielmehr das unbarmherzig nagende Gefühl, daß ich auf eine falsche Fährte gelockt werden sollte. Trotz meines erhellenden Gespräches mit Julia hatte ich das Gefühl, daß die Untersuchung des Frevels die wichtigere von beiden war. Ich hatte allerdings keinen Schimmer, warum. Das Ganze war so vertrackt, daß ich mir wünschte, ich wäre wieder in Gallien.
    Na ja, fast.

XI
    Ein gebürtiger Römer weiß die Stimmung auf dem Forum weit besser einzuschätzen als die Stimmung seiner Frau, seiner Kinder oder enger Verwandter. Schließlich verbringt er von Kindesbeinen an einen guten Teil fast jeden Tages hier. Wenn wir die Stadt wegen auswärtiger Angelegenheiten verlassen müssen oder ihrer Hitze und ihrem Gedränge zu entfliehen suchen, sehnt sich doch immer etwas in uns nach dem Forum.
    Trotz unserer Großmachtpose sind wir noch immer ein Volk von Dörflern. Unsere Vorfahren hatten ihr ganzes Leben in Rufweite zum Forum verbracht. In jenen Tagen war es nicht nur Versammlungsort, sondern auch der einzige Marktplatz Roms und die Kultstätte, wo die religiösen Riten zelebriert wurden.
    Man kann die zentrale Bedeutung, die das Forum im Leben jedes Römers hat, gar nicht hoch genug

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