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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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eingeweiht, vielleicht war es mit dem Vermittler so abgesprochen. Zu Gavino hatte er gesagt, die kleine Simon sei plötzlich krank geworden und gestorben. Schicksal. Man solle so tun, als wäre nichts, und das Geld an einer bestimmten Stelle im Valle della Luna abholen. Panni und Gavino machten sich auf den Weg, es war dunkel, doch die Wegbeschreibung war wie immer präzise. Sie hatten nicht gemerkt, das Giacomo ihnen das blutverschmierte Leibchen und den Plan mit der Villa samt Telefonnummer und Adresse der Simons untergeschoben hatte, die Beweisstücke, die ihnen zum Verhängnis werden sollten.
    Nelly bewundert die Distanziertheit, mit der sich der Mann an die Nacht erinnert, die über sein Leben entscheiden sollte.
    Dann ist alles gelaufen, wie es laufen musste. Der Hinterhalt der von Giacomo benachrichtigten Carabinieri, Gavino verliert den Kopf und schießt, der Carabiniere stürzt, es folgt ein Feuergefecht, Gavino stirbt, er selbst wird schwer verletzt. Im Krankenhaus ist seine Frau ihn besuchen gekommen. Es war das letzte Mal, dass er sie sah. Giacomo Pisu hatte seine Bedingungen gestellt. Gavinos Witwe und seine Frau würden eine Entschädigung erhalten, und dafür würde Panni den Mund halten. Andernfalls würde Pannis Tochter enden wie das Simon-Mädchen. Er hatte akzeptiert. Wenn man verloren hat, hat man verloren. Und Giacomo war zu allem fähig, das wusste er. Doch ehe sie starb, ist seine Mutter ihn im Krankenhaus besuchen gekommen und hat ihm gesagt, er solle die Pisus getrost ihr überlassen. Sie war eine Art Hexe und Heilerin, sie kannte sich mit Kräutern aus. Alle Frauen in der Familie mütterlicherseits waren so. Man tat also gut daran, sie nicht zu reizen. Er solle sich keine Sorgen machen und nach vorn blicken, hatte sie ihm gesagt. Keine Vendetta, wenn er herauskäme. Ein getöteter und ein gefangener Sohn seien genug. Er hatte es ihr schwören müssen, und er hatte Wort gehalten, auch wenn es anfangs hart war, nichts tun zu können. Jahrelang war er wie besessen davon, wie er Giacomo zu Tode quälen könnte. Er konnte an kaum etwas anderes denken. Dann hatte er angefangen, zu lesen und sich davon zu befreien. Es lohnte nicht, ihn umzubringen. Seine Mutter hatte recht gehabt: Am Ende hat das Unglück sich der Pisus angenommen.
    Vom vielen Reden muss er entsetzlich husten, er steht auf und gießt sich ein Glas Wasser ein. Nach ein paar Schlucken lässt der Husten nach, doch sein Atem geht pfeifend. Nelly ist sprachlos über die grausame Einfachheit von Giacomo Pisus Plan. War der Tod seines Kindes wirklich ein Unglücksfall? Oder ist ihm beim Anblick des makellosen Babys die Eingebung gekommen, es zu behalten und sich mit der schwindelerregenden Lösegeldsumme aufs Festland abzusetzen? Und dann wieder diese unfassbare Geschichte mit der Mutter und dem Fluch, den sie den Pisus angehängt haben wollte, das berühmte ogu malu , von dem Boboi gesprochen hatte und von dem Filippos Großmutter ihrem Enkel erzählt hatte. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.
    Panni ist noch nicht fertig.
    Die Seccis sind schließlich auch von Giacomo über den Tisch gezogen worden. Panni grinst. Die waren echte Schlappschwänze gegen den, und außerdem konnten sie den Mund nicht aufmachen, ohne sich selbst zu verraten, womöglich hatte Giacomo auch irgendwelche belastenden Schriftstücke hinterlegt, sollte ihm etwas zustoßen, wer weiß. Er war eine gierige, erbarmungslose Bestie. Einer, der den Hals nicht vollkriegen konnte und bereit war, über Leichen zu gehen. Dagegen waren er und Gavino und auch die Seccis echte Waisenknaben. Giacomo kannte keine Skrupel, und das war seine Stärke.
    Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Jetzt hat Nelly Fragen.
    »Es ist nicht das Simon-Mädchen, was gestorben ist, sondern die kleine Pisu. Könnte der Vater sie umgebracht haben?«
    Panni holt tief Luft.
    »Es fällt mir nicht schwer, das zu glauben. Dieses vierte Kind war wie eine Schande für ihn, eine persönliche Beleidigung. Er hasste es. Aber wie es wirklich gelaufen ist, weiß ich nicht. Fähig wäre er dazu gewesen.«
    Nelly will noch etwas wissen. War er es, der ihr vor einiger Zeit gefolgt ist, als sie von Signora Amalia kam? Panni zuckt mit den Schultern. Ja, Boboi hatte sie im Dorf gesehen und war neugierig geworden, weil er gehört hatte, sie hätten sich nach den Pisus erkundigt, und deshalb sollte er sie beschatten. Wie hatte sie das gemerkt? Sie hält sich die Nase zu, und Panni verdreht die Augen, lacht,

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