Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
schreien, sich dazwischenzuwerfen, doch die Frau geht einfach durch sie hindurch. Die Szene ist bereits abgedreht, und für sie war keine Rolle vorgesehen. Sie sieht, wie die Frau ans Bettchen tritt und den Schleier hebt. Sie sieht das schlafende kleine Mädchen, ein Fingerchen im Mund, das hin und wieder noch leise schluchzt. Die Frau hebt den Hammer. Nelly schreit. Sie schreit, doch niemand hört sie, und ohne dass sie etwas tun kann, saust der Hammer auf den kleinen Schädel nieder.
    Schreiend schlägt Nelly um sich. Tano wacht auf und nimmt sie fest in die Arme, bis sie endlich erwacht und sich ganz allmählich wieder beruhigt.

XIII
     
    Tags darauf im Büro. Noch immer unter dem Eindruck ihres Traumes, erhielt Nelly unerwarteten Besuch. Susanna Pizzi war noch einmal über den großen Teich gekommen, um Neuigkeiten über das Verschwinden ihrer Mutter zu erfahren. Doch leider gab es keine. Nelly musterte sie über den Schreibtisch hinweg: eine gramgebeugte, leidende Frau. Hatte sie nicht gesagt, sie könnte ihre Mutter nicht ausstehen?
    »Ich habe jeden Tag mit meinem Vater telefoniert, er hat mich auf dem Laufenden gehalten, doch in Amerika hatte ich trotzdem das Gefühl, sie im Stich zu lassen.«
    Die Frau mit den gleichen Augen wie Marilena und dem gleichen Gesicht wie Romeo Pizzi sah sie gequält an. Nelly hob hilflos die Arme.
    »Wie ich Ihnen bereits sagte, es gibt nichts Neues, Dottoressa. Wir haben einen Verdacht und sogar einen mutmaßlichen Täter, wie Sie wahrscheinlich wissen, doch dieser Filippo De Magistris leugnet alles und will uns auch nicht verraten, wo er Ihre Mutter gefangen hält ...« Susanna Pizzi wandte den Blick ab. »... oder ihre Leiche versteckt hat.«
    Ein quälendes Schweigen folgte.
    »Ich spüre, dass sie tot ist. Meine Mutter ist tot«, flüsterte Susanna mit gesenktem Blick.
    Nelly widersprach ihr nicht.
    »Bestimmt wundern Sie sich, mich so zu sehen, immerhin hatte ich Ihnen erzählt, wie schwierig meine Mutter ist. Ich bin selbst erstaunt. Jahrelang hatte ich geglaubt, sie zu hassen, und jetzt, wo sie verschwunden ist, habe ... habe ich das Gefühl, die Welt ist leer.« Ja, so ist das ...
    Nelly setzte sie kurz über Magraja und die DNA-Analyse in Kenntnis, behielt Panni Sogos’ Geständnis jedoch für sich. Susanna Pizzi war geschockt.
    »Unglaublich, nicht zu fassen! Das ergibt alles einen Sinn. Ich hatte also doch recht! Wissen Sie noch, dass ich Ihnen gesagt hatte, meiner Meinung nach läge der Grund allen Übels, das unsere Familie heimgesucht hat, in unserem Heimatdorf? Ein kleines Mädchen wird entführt, ein anderes verschwindet ... Und Tante Magraja, die alles mit einer einfachen DNA-Analyse aufklären könnte, weigert sich. Wieso? Natürlich ist es ein Schlag, zu erfahren, dass man nicht der ist, für den man sich immer gehalten hat ...«
    Sie war derart aufgebracht, dass sie nicht still sitzen konnte. Sie stand auf und ging zum Fenster. Es war offensichtlich, dass sie jetzt gern etwas getrunken oder eine Zigarette geraucht hätte. Sie setzte sich wieder.
    »Großvater Giacomo war also ein Verbrecher. Fähig dazu war er allemal. Und Tante Magraja ist schon immer so anders als Mama und ihre anderen Geschwister gewesen, nicht nur äußerlich.«
    Sie brach ab, stand auf und streckte Nelly die Hand hin.
    »Danke, dass Sie mich empfangen haben, Dottoressa Rosso. Ich werde noch eine Weile in Genua bleiben, sofern das mit meinen familiären und beruflichen Verpflichtungen vereinbar ist. Ich wohne in der Wohnung meiner Eltern in der Via Corsica.«
    Nelly hielt sie zurück.
    »Nur noch ein paar Dinge, Dottoressa Pizzi. Glauben Sie, Ihr Vater und Ihre Tante könnten ein Verhältnis haben? Wie es aussieht, sehen sie sich in letzter Zeit sehr oft.«
    Susanna starrte sie verständnislos an. Sie schüttelte den Kopf.
    »Mein Vater und Tante Magraja? Nein, also das ist mir niemals in den Sinn gekommen. Vielleicht hat die Sorge um meine Mutter sie näher zusammengebracht. Mein Vater leidet sehr, vielleicht ist es ihm so gegangen wie mir und ihm ist erst jetzt klargeworden, wie sehr er an ihr hängt. Was gibt es sonst noch?«
    »Bei dem Empfang nach der Trauerfeier haben Sie so etwas angedeutet, im Hinblick auf Ihre Tante. Etwas, das sie und Ihren Großvater betraf, wenn ich mich nicht irre.«
    Susanna Pizzi kniff die Lippen zusammen.
    »Und wenn ich mich nicht irre, hatte ich Ihnen geraten, sich direkt an meine Tante zu wenden. Guten Tag, Dottoressa.«

XIV
     
    Zwei Tage nach

Weitere Kostenlose Bücher