Der Fluch vom Valle della Luna
wütend.
»Hör mal, ich bin nicht so ein unverbesserlicher Don Giovanni wie ein gewisser Bekannter von mir. Wenn ich etwas sage, dann meine ich es auch.«
»Normalerweise meinst du das auch«, entgegnete er und steckte ihr ein Stück Braten in den Mund. »Aber ich muss besagten unverbesserlichen Don Giovanni in Schutz nehmen. Der glaubt auch an das, was er sagt, andernfalls hält er einfach die Klappe.«
Er warf ihr einen beredten Blick zu.
»Ich sage ja gar nichts gegen diesen unverbesserlichen Don Giovanni, solange er nicht frech wird und das, was ich sage, nicht in Zweifel zieht.« Sie küsste ihn hingebungsvoll und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Der Imbiss im Bett verlief ausgelassen. Mehrere Gläser Spumante und eine ausgiebige Unterbrechung später ließ Nelly sich gegen die Kissen fallen und schloss beschwipst die Augen. Tano streichelte ihren Busen und musterte sie.
»Also, Commissario, wo soll unsere kleine Reise hingehen?«
Schmeichelnde Schlafzimmerstimme.
»Nach Sardinien. Wir fahren nach Sardinien.« Sie öffnete die Augen, um seine Reaktion zu sehen. Sie konnte förmlich hören, wie sich die Zahnräder in seinem Hirn langsam in Bewegung setzten. Dann fiel der Groschen.
»Ich fasse es nicht. Die Pisus. Du willst nicht mit mir nach Sardinien fahren, sondern im Fall dieser elenden Verrückten ermitteln. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich es mit so einem heuchlerischen Dreckstück getrieben habe.«
Er starrte sie halb bewundernd, halb empört an. Sie lachte.
»Komm schon, Tano. Klar will ich mit dir nach Sardinien fahren, ich bin schließlich nicht aus Stein, wie du hoffentlich gemerkt hast. Und was ist schon dabei, wenn man nebenher noch ein paar brauchbare Eindrücke oder Informationen erhaschen kann? Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, nennt man das. Außerdem bin ich noch nie in Sardinien gewesen.«
Er machte ein ungläubiges Gesicht.
»Du lebst in Genua und bist noch nie in Sardinien gewesen? Wie geht denn das?«
Pikiert presste sie die Lippen zusammen. Was wusste er denn schon vom Leben einer alleinstehenden, alleinerziehenden Frau und Mutter? Zwar hatte Roberto eine Lebensversicherung zu Maus Gunsten abgeschlossen, doch er und Nelly waren noch nicht verheiratet gewesen, als er gestorben war, und so hatte sie keine Witwenrente bekommen. Das Geld für Mau hatte sie immer beiseitegelegt für seine Zukunft. Urlaub und Reisen waren bei ihnen nicht oft vorgekommen. Zum Glück gab es das Meer vor der Tür und die Stadtstrände.
»Es stammt halt nicht jeder aus einer wohlhabenden Familie wie der hier anwesende Polizeivize Gaetano Esposito, der sich mütterlicherseits angeblich sogar adliger Herkunft rühmen kann.«
Sie dämpfte den verbalen Faustschlag mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern.
»Entschuldige Nelly, ich wollte dich nicht vor den Kopf stoßen. Ich dachte nur, Sardinien ist so nah, und da ... Na ja, ich hab nicht nachgedacht. Die ganzen Jahre allein mit Mau waren kein Zuckerschlecken, stimmt’s?«
Nelly schluckte. Sie wollte sich nicht bemitleiden lassen. Es gab nichts zu bemitleiden. Ihr und Mau hatte es an nichts gefehlt, sie waren glücklich gewesen. Sie holte tief Luft und lächelte ihn an.
»Es war wunderschön, Mau heranwachsen zu sehen, ich habe mich nie gelangweilt oder es bereut, eine so junge Mutter zu sein. Wir konnten halt keine großen Sprünge machen, das ist alles.«
In Tanos Blick lag zärtliche Bewunderung.
»Na schön, Nelly. Also Sardinien. Wenn du deine Nase unbedingt in die Vergangenheit der Pisus stecken willst. Doch die Nacht gehört uns.«
Der leichte Schwips war verflogen. Glücklich und müde sank Nelly in seine Arme und schlief fast sofort ein.
XV
Am nächsten Morgen erschienen ihr die Beschlüsse des Vorabends in weit weniger verlockendem Licht. Eine Vergnügungsreise mit einer Ermittlung verbinden zu wollen, war völliger Schwachsinn. Sowohl das Vergnügen als auch die Ermittlungen würden darunter leiden. Und überhaupt, was brocke ich mir da eigentlich gerade ein? Ich habe mich in Tano verknallt und rede mir ein, es sei nur eine vorübergehende Schwäche, der ich getrost nachgeben kann. Aber irgendwie bekommt die Sache gerade eine Eigendynamik und entwickelt sich zu einer ernsten Beziehung, ob ich will oder nicht ... Wie schön wäre es, zusammen für ein paar Tage wegzufahren, doch erscheint mir das wie ein Versprechen, ein allzu großer Schritt ... Pff! Als wüsste ich nicht, dass Tano es mit seinen Frauen
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