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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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langsam ihr Adrenalinspiegel anstieg – nichts Schreckliches, nichts Dramatisches, nur ein erstes Kribbeln der Nerven. »Nein.« Es war ein langgezogenes, gequältes Flüstern. »Bitte, laß mich allein.«

    Es war nichts da. Kein Schatten in der Ecke, kein seltsames, halb wahrnehmbares Echo im Kopf, das nur registriert wurde von irgendeinem unbekannten akustischen Empfänger, der nichts mit ihren Ohren zu tun hatte. Nichts als ein instinktives Halbwissen, daß nicht alles Ordnung war.
    Sie stützte sich auf einen Ellbogen und spürte, wie ihr der Schweiß über das Gesicht lief. Ihr Haar war verklebt – es müßte dringend gewaschen werden. Am allerliebsten würde sie jetzt ein langes, kühles Bad nehmen, sich hinter verschlossener Tür dösend in der Wanne aalen und die schwüle Hitze des Nachmittags vergessen.
    Mühsam schwang sie die Beine über die Bettkante und stand auf. Vor Erschöpfung taten ihr noch immer alle Knochen weh, und ihr war schwindelig. Mit bloßen Füßen ging sie über die kühlen Holzdielen zum Badezimmer, steckte den Stöpsel in die Wanne, drehte die Hähne auf – mehr kalt als warm – und gab ein paar Tropfen Duftöl hinein. Während das Wasser einlief, betrachtete sie ihr Gesicht im Spiegel; es war bleich und verschwitzt, und selbst sie bemerkte, wie elend sie aussah. Nicht nur unter, sondern auch über ihren Augen lagen dunkle Ringe, und die Lider waren eingefallen. Als sie sich aus der dünnen Baumwollbluse und der Unterwäsche schälte, fand sie ihren Körper abstoßend – noch angeschwollen von der Schwangerschaft, die Brüste riesig, blau geädert und schweißnaß. Finster verzog sie das Gesicht und fühlte sich einen Augenblick versucht, den Spiegel mit einem Handtuch zu verhängen. Dann mußte sie über diesen Gedanken lachen. Sie drehte die Hähne zu und stieg vorsichtig in das kühle Wasser.
    Das Bad war tatsächlich wesentlich angenehmer als das Bett. Sie mußte jedesmal lächeln, wenn sie hineinstieg – es war eine riesige, altmodische Wanne mit verschnörkelten Eisenfüßen, die heute als der Inbegriff von Luxus galt. Hier war es kühl, ihr Rücken wurde gestützt – irgendwie fühlte sie sich sicher und aufgehoben. Sie ließ sich ins Wasser gleiten, bis es ihre Brüste umspülte, lehnte den Kopf gegen das Email und schloß die Augen.
    Sie wußte nicht, wie lange sie geschlafen hatte, aber als sie aufwachte, war ihr kalt. Stöhnend richtete sie sich auf und kletterte
hinaus. Sie hatte ihre Armbanduhr auf das Regal über dem Waschbecken gelegt. Es war fast vier Uhr. Bald würden die anderen von ihrem Spaziergang zurückkommen, und sie würde Ned stillen müssen. Sie griff nach dem leichten Morgenmantel, der an der Tür hing, und ging ins Schlafzimmer. Hier war es noch so heiß und stickig wie zuvor. Sie schob die Vorhänge beiseite; draußen im Garten war niemand.
    Sie begann, sich kräftig die Haare zu bürsten, und spürte, wie mit jedem Strich die Anspannung in Stirn und Nacken nachließ. Als sie in der Schublade nach frischer Unterwäsche suchte, fiel ihr Blick zufällig in den Spiegel. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Für den Bruchteil einer Sekunde wußte sie nicht, welches Gesicht sie im Spiegel sah. Ihr Gehirn weigerte sich, das Bild zu interpretieren. Sie nahm Augen, Nase und Mund wie klaffende Löcher in einer Wachsmaske wahr – und dann, als das Adrenalin durch ihren Körper schoß und die Bilder eine neue Gestalt annahmen und klarer wurden, stellte sie fest, daß sie eine verängstigte Kopie ihrer selbst anblickte: riesige Augen, feuchte Haut, wirres Haar; der Morgenmantel klaffte auf und legte ihre schweren Brüste frei – fiebrigheiße Brüste, die ganz kurz die Berührung einer kalten Hand gespürt hatten.
    »Nein!« rief sie verzweifelt. »Nein!«
    Kleider. Schnell, nur schnell. BH. Hemd. Schlüpfer. Jeans. Ein Schutz. Eine Rüstung. Nach draußen! Sie mußte unbedingt nach draußen.
    Die Küche war leer. Sie stieß die hintere Tür auf und sah in den Hof. »Luke?«
    Der Bentley war aus der Remise geschoben worden; der Lack glänzte makellos im Sonnenlicht. Ohne die zwei großen Scheinwerfer, die noch immer auf der Werkbank im offenstehenden Wagenschuppen lagen, sah der Wagen merkwürdig blind aus.
    »Luke!« Sie rannte über das Pflaster und spähte in den Schuppen. »Wo bist du?«
    »Er ist mit den anderen spazierengegangen, Mrs. Grant.« Plötzlich war Jimbo aus dem Schuppen aufgetaucht. »Weil doch seine Ma und sein Pa hier sind, hat er gedacht, er

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