Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
du?«
Auf dem Teppich in Toms Zimmer entdeckte er kleine Blutspuren. Hatte sie sich verletzt? Vor Furcht drehte sich ihm der Magen um, aber er konnte kein weiteres Zeichen von ihr entdecken; auch in Neds Zimmer war nichts zu sehen. Er warf einen raschen Blick in Lyns Zimmer und ging dann auf den Dachboden. Sie war nirgends zu finden.
Er verfluchte sich dafür, daß er sie allein gelassen hatte, und begab sich noch einmal ins Arbeitszimmer. Erst jetzt bemerkte er den Teddybären; er lag hinter der Tür auf dem Boden. Sie mußte ihn fallen gelassen haben. Luke wußte, daß er und Lyn ihn nicht mitgenommen hatten – Tom hatte sehr gejammert, als er merkte, daß Ted zu Hause vergessen worden war.
»Joss?« Sein Unbehagen wuchs. »Joss, wo bist du?«
Er ging noch einmal zum Treppenabsatz. Dort war es sehr kalt. Er zitterte, als er sich suchend umsah. Im großen Saal, im Schatten der Galerie, war es sehr dunkel. Er konnte den Wind im Schornstein hören. Aus irgendeinem Grund fühlte sich das Haus seltsam bedrohlich an. Kein Wunder, daß Joss hier Angst hatte. Seufzend schaute er noch einmal nach oben.
Wenn sie nicht im Haus war, dann konnte sie nur noch im Garten sein – oder am See. Dieser Gedanke war zu entsetzlich, um ihn weiter zu verfolgen. Als er sich anschickte, hinauszugehen, fiel sein Blick auf die Kellertür. Zuvor war sie doch mit Sicherheit verschlossen und abgesperrt gewesen; darauf paßten sie immer besonders auf.
Jetzt war sie einen Spalt geöffnet; der eiskalte Luftzug, den er an den Knöcheln spürte, kam zweifellos von der Kellertreppe herauf. »Joss?« Sein Magen zog sich vor Furcht zusammen, als er die Tür aufstieß. »Joss, bist du da unten?« Er beugte sich vor, knipste das Licht an und starrte die Treppe hinunter. Es war sehr kalt dort unten; auf den Flaschen war der trübe Schimmer von Kondenswasser zu sehen. Widerstrebend setzte er den Fuß auf die oberste Stufe. »Joss?« Es war zu still.
Er hielt inne und wollte wieder zurückgehen, doch dann überlegte er es sich anders und schritt entschlossen hinab. Im ersten Keller war sie nicht. Er bückte sich und ging unter dem Gewölbe hindurch in den zweiten; dabei erinnerte er sich an die Angst, die er gehabt hatte, als er das erste Mal hier heruntergekommen war. Jetzt hörte er etwas. Es klang wie ein Lachen. Er drehte sich um. »Joss?«
Das Lachen verstummte plötzlich wie abgeschnitten.
»Joss? Wo bist du?« Es war nicht ihre Stimme gewesen, da war er sich ganz sicher. Es hatte mehr wie das Lachen von Kindern geklungen. »Joss?«
Die Stille war greifbar. Er spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken aufstellten. »Wer ist da? Komm heraus! Ich weiß, daß da jemand ist!«
Er trat noch einen Schritt näher und versuchte krampfhaft, den Gedanken an Joss’ toten kleinen Bruder zu verdrängen. »Joss! Bist du das?«
Hier unten war alles voller Schatten. Die einzige Glühbirne am Deckengewölbe konnte das Ende des Weinregals und die Weinbehälter an der gegenüberliegenden Wand kaum erhellen.
Als er langsam darauf zuging, fiel sein Blick plötzlich auf etwas in der Ecke am Boden. »Joss? Joss, oh mein Gott!«
Sie lag in der hintersten Ecke, zwischen zwei Weinbehältern eingekeilt. Und sie hatte noch immer ihren Morgenmantel an; er war offen, so daß ihre weißen Brüste zu sehen waren, die nackten Beine, der halb abgestreifte Hausschuh, an dem getrocknetes Blut klebte.
»Joss!«
Sie bewegte sich nicht.
»Joss? Du lieber Gott, was fehlt dir denn?« Er kniete sich neben sie und fühlte ihren Puls. Ihre Haut war eiskalt, und offenbar lag sie in tiefer Ohnmacht; als er ihren Puls endlich gefunden hatte, stellte er fest, daß er schwach und unregelmäßig schlug, als könnte er jeden Moment aussetzen. »Joss! Gib nicht auf, Liebes! « Er wagte nicht, sie zu bewegen; er legte nur sein Jackett auf sie und rannte dann zum Ausgang zurück.
Im großen Saal stieß er beinahe mit Simon zusammen.
»Tut mir leid. Ich habe an der Hintertür geklingelt, aber es hat niemand gehört, deshalb bin ich einfach reingekommen.«
»Simon! Hier unten. Im Keller. Sie ist bewußtlos. O Gott, ich hätte sie nicht allein lassen sollen! Ich war so dumm! Ich wollte nur die Jungen vor ihr in Sicherheit bringen…«
Simon folgte Luke mit bangem Gesicht nach unten. »Meinen Sie, sie ist die Treppe hinuntergefallen?«
»Ich weiß nicht. Wenn, dann ist sie noch ein ganzes Stück weitergekrochen, bevor sie zusammenbrach. Sehen Sie, sie muß noch hier
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