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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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hölzerne Treppengeländer so fest hielt, als hinge ihr Leben daran, und ging vorsichtig um die Rose herum. Ihr Duft war süß und zart, er erinnerte sie an den Frühsommer. Sie nahm die nächste Stufe, wich der Blume behutsam aus, und dann noch eine und noch eine. Ein starker Windstoß erfaßte das Haus; sie merkte, wie der Schornstein erzitterte. Noch zwei Stufen, dann würde sie den Schalter erreichen und im großen Saal das Licht anmachen können, das vom kalten Glas hinter den offenen Vorhängen einen fahlen Widerschein zurückwerfen würde.
    Katherine. Hier bin ich, Katherine.
    Noch eine Stufe. Sie hob den Arm, ihre Hand griff nach dem Schalter.
    Katherine. Liebste, stirb nicht. Warte auf mich, Katherine. Warum hat deine Mutter nicht nach mir gesandt, Katherine? Sie soll verflucht sein für ihren Haß und ihre Ränke.
    Das Licht ging an, und sie stand da, den Rücken an die Wand gepreßt, und starrte in den Saal. Feine graue Asche lag auf den Steinplatten um den offenen Kamin. Die Chrysanthemen auf dem polierten Tisch, die Lyn in der Woche zuvor im Garten gepflückt hatte, waren verwelkt; ihre Blütenblätter lagen umgeben von Blütenstaub auf der Platte.
    Ich verfluche das Kind, das dich tötete, Katherine. Wäre es doch nur an deiner Statt gestorben. Komm zurück zu mir, du Liebe meines Lebens, mein Schicksal…
    »Hör auf!« Verzweifelt schüttelte Joss den Kopf und preßte die Hände auf die Ohren. »Hör endlich auf!« Die Worte waren da, sie hämmerten in ihrem Schädel, wie ein seltsam formloses Echo. »Hör auf! Laß mich in Ruhe!«
    Heftig zitternd, die Arme vor der Brust verschränkt, machte sie einen Schritt in den Raum hinein. Die Tür zum Gang gegenüber
schien unendlich weit weg. Sie tat einen zweiten Schritt; wenn sie anfing zu laufen, würde sie vielleicht verfolgt. Ein neuerlicher Windstoß fegte um das Haus; etwas im Kamin bewegte sich, sie blieb stehen und starrte darauf. In diesem Augenblick schwebte ein Schauer weißer Rosenblätter aus dem Kamin in den Saal und verteilte sich auf dem steinernen Fußboden. In der Küche wachten plötzlich die beiden Katzen auf, die friedlich zusammen in ihrem Korb gelegen hatten; mit gesträubtem Fell rasten sie quer durchs Zimmer und verschwanden durch die Katzentür hinaus in den Wind und den eisigen Regen.
    »Nein!« Sie biß sich auf die Lippe. »Nein, bitte.« Nur noch ein paar Schritte, und sie würde durch die Tür, den Gang hinunter und in der Küche sein, und dann aus dem Haus. Sie tastete sich noch einen Schritt vorwärts, während ihre Augen jeden Winkel des Raums absuchten, doch dann ließ ein Geräusch hinter ihr sie jäh herumfahren.
    Als der Wind die Terrassentür zum Garten hin aufstieß – sie war beim letzten Mal wohl nicht richtig geschlossen worden –, war die Tür des Arbeitszimmers aufgegangen. Wind und Regen peitschten durch das Haus. Sie rannte zurück und sah sich verzweifelt um. Eisregen kam herein, im Nu war der Teppich durchnäßt. Sie rannte zu den Terrassentüren und mühte sich ab, sie zu schließen; dann schaltete sie hektisch die Schreibtischlampe ein und zog die Vorhänge zu. Vor Anstrengung und Furcht mußte sie keuchen. Die Unterlagen von ihrem Sekretär lagen überall verstreut – das Manuskript, Notizen, Briefe, Schriftstücke ihrer Mutter –, alles lag auf dem Teppich, einiges davon in der Nähe des Fensters, wo es völlig naß wurde. Sie ließ alles stehen und liegen, lief zurück zur Tür und blieb wie angewurzelt stehen.
    Er stand im Rahmen der Tür zum großen Saal, riesengroß und ebenso deutlich wie zuvor im Badezimmer. Diesmal trug er keinen Harnisch; er war in Schwarz und Purpur gekleidet, und als er eine Hand nach ihr ausstreckte, wallte sein dunkelblauer Umhang über die breiten Schultern.
    Ohne zu überlegen, machte sie kehrt, riß die nächstgelegene Tür auf, die zum Keller führte, und nahm drei Stufen auf einmal
hinunter in die Dunkelheit. Schluchzend floh sie durch den ersten Kellerraum, verließ den Lichtschein, der vom Gang über die Treppe hinabfiel, in die undurchdringliche Schwärze des zweiten Kellers. Dort kroch sie hinter die leeren Weinbehälter und preßte sich mit stockendem Atem gegen die kalten, feuchten Ziegel.
    Die Kellertreppe knarzte. Leise wimmernd versuchte sie, sich noch mehr zusammenzukauern, steckte den Kopf zwischen die Knie und schlang die Arme um sich. Sie spürte seine Nähe; seine Gegenwart erfüllte das Dunkel wie ein elektrisches Feld.
    Katherine. Komm zu

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