Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
wünschte, die Sonne würde wieder hervorkommen. Das trübe Licht im Zimmer machte ihm ein unbehagliches Gefühl, trotz der vielen Lampen. »Soll ich ein paar Kerzen holen?« Eigentlich hatte er erwartet, daß Edgar welche dabei hatte.
Der ältere Mann nickte. »Das wäre nicht schlecht.«
David erinnerte sich, Kerzen im Schrank unter der Galerie gesehen zu haben. Er ging hinüber und zog die Tür auf. Ein Spielzeugauto fiel heraus. Er starrte es an, und plötzlich wurde ihm übel.
Sammy
Der Ruf kam von der gegenüberliegenden Tür. Er wirbelte auf dem Absatz herum.
»Achten Sie nicht darauf.« Edgars Stimme war ruhig und gefaßt. »Bringen Sie die Kerzen hierher.«
»Hier sind keine.«
»Dann sehen Sie in der Küche nach. Auf der Anrichte stehen Kerzenleuchter.«
David ging zu der Tür, hinter der die Stimme erklungen war. Zu seiner Schande mußte er sich eingestehen, daß seine Knie zitterten. Er holte tief Luft und trat auf den langen Flur hinaus, der von der vorderen Haustür zur Küche führte. Eiskalte Zugluft wehte herein. Die Küche war eine Oase der Wärme und der Helligkeit. Er nahm die beiden Leuchter von der Anrichte und entdeckte nach einigem Wühlen in der Schublade zwei neue blaue Kerzen. Er steckte sie in die Ständer und trug sie in den großen Saal zurück.
Edgar runzelte die Stirn. »Gibt es keine weißen? Wie dumm von mir, ich hätte welche mitbringen sollen. Normalerweile sind immer welche in meiner Tasche.«
»Andere konnte ich nicht finden.« Ehrfürchtig stellte David die Leuchter rechts und links des Kruzifixes auf. »Und jetzt?«
»Jetzt werde ich das Haus segnen und es mit Weihwasser reinigen. Dann werde ich für die Vertreibung des Bösen beten und an diesem Tisch das Abendmahl begehen.«
Sammy! Komm spielen! Sammy? Wo bist du?
Die klägliche Stimme war deutlich zu vernehmen. Dann ein Kichern und Getrippel, das die Stufen hinauf verschwand, als würde jemand davonlaufen. »Hören Sie nicht hin«, sagte Edgar ruhig. Er zündete gerade die beiden Kerzen an. »Das sind nur zwei unschuldige, freche Kinder, mehr nicht. Ich habe sie beerdigt. Beide«, erklärte er mit einem Seufzen. »Lieber Herr Jesus, segne diesen Ort. Schau auf uns herab und verleihe uns deine Kraft, um alles Böse aus diesem Haus zu vertreiben. Befreie und segne die Seelen all der Kinder, die hier gestorben sind. Beseitige und reinige das Böse und den Haß, die die Kinder hier gefangenhalten. « Er öffnete eine Ledertasche, die mehrere kleine Flaschen und mit Silberdeckeln verschlossene Dosen enthielt. »Dot nennt das meinen Picknickkorb«, erläuterte er leise. »Öl. Wasser. Wein. Salz und Oblaten.«
Von oben war ein dröhnendes Krachen zu hören. David blickte auf. Sein Mund war trocken vor Angst. »Sollen wir mal nachsehen?« fragte er flüsternd.
Edgar schüttelte den Kopf; er hatte sein Gebetbuch aufgeschlagen. »Konzentrieren Sie sich auf die Gebete. Bleiben Sie stehen, nah bei mir.«
Irgendwo fing ein Kind zu weinen an. David zupfte an Edgars Ärmel. »Wir sollten wirklich nachsehen!«
»Wir wissen, daß niemand da ist.« Edgar hielt krampfhaft sein Gebetbuch fest. »Konzentrieren Sie sich.«
Die Kerzen flackerten wie wild; David beobachtete, wie blaues Wachs auf den Tisch tropfte. »Sie sollten weiß sein«, murmelte er. »Die Kerzen sollten weiß sein.« Er bemerkte, daß er heftig zitterte.
Edgar verzog das Gesicht. Er hatte Schwierigkeiten, die richtige Seite zu finden. »Vater unser«, begann er schließlich, »der du bist im Himmel. Geheiligt werde dein Name…«
Wieder krachte es laut, diesmal direkt über ihnen. Im Kamin wirbelte die Asche wie feiner Nebel um die Feuerböcke. Ein Windstoß trieb eine Schwade davon in den Raum, die sich am Boden um ihre Füße verbreitete. Edgar gab den Versuch auf, die dünnen Seiten des Gebetbuches umzublättern, und legte es beiseite. Seine Angst machte ihn ärgerlich. »Genug!« schrie er schließlich. »Hinfort mit dir! Verlaß dieses Haus, hörst du mich?
Im Namen unseres Herrn Jesus Christus, verlaß diesen Ort! Sofort! Verschwinde mit deinen üblen Taten, deiner Bösartigkeit und deinem Haß aus diesem Haus, und laß die Menschen, die hier leben, in Frieden.« Er hob die Hand und machte das Zeichen des Kreuzes. »Hinweg!« Dann steckte er sich die Flasche mit dem Weihwasser unter den Arm, griff nach einem der kleinen Gefäße und bemühte sich, den Deckel zu öffnen. »Im Namen des Herrn!« stieß er zwischen zusammengepreßten Zähnen hervor.
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