Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
sie dort treffen, sobald sie in der Kirche die Vasen nachgefüllt hatte.
Vor dem Portal blieb sie stehen und blickte über den stillen Kirchhof zu der Stelle, wo Mary Suttons Leiche entdeckt worden war. Der Schock, den die Tragödie im Dorf ausgelöst hatte, hatte sich noch nicht gelegt, und allgemein fragte man sich, was sie wohl allein in der Dunkelheit und Kälte dort gesucht habe. Der Pfarrer hatte Roy, einen der Kirchenvorsteher, wegen der Dinge angerufen, die in der Kirche gefunden worden waren – die Oblaten und der Wein auf dem Altar, höchstwahrscheinlich die Utensilien für den Exorzismus im Herrenhaus –, und sofort eine Sitzung einberufen. Was beschlossen worden war, hatte Roy ihr nicht mitgeteilt aber offenbar würde es kein kirchliches Begräbnis geben. Mary hatte immer gesagt, daß sie verbrannt werden wollte und ihre Asche ins Meer gestreut werden sollte.
Janet trat in das schattige Kirchenschiff, tastete nach dem Lichtschalter und ging zur Sakristei. Die Kirche sah schön aus – die vielen Herbstastern im Altarraum und vor der Kanzel waren noch in voller Blüte. Sie griff nach der schweren Messingkanne und füllte jede Vase mit Wasser auf. Vor der kleinen Gedenkplatte für Katherine blieb sie stehen. Irgend jemand hatte einen Strauß weißer Rosen auf den Boden davor gelegt. Nachdenklich
betrachtete sie ihn. Tagsüber war die Kirche offen; jeder konnte ihn also hingelegt haben. Aber wieso war ihr plötzlich so unwohl? Sie beäugte die Blumen und wich einige Schritte zurück.
Mit einem Mal wurde es in der Kirche unbehaglich. Es herrschte ein seltsam feindseliges Gefühl, wo sie sonst nur Frieden und Sicherheit empfand. Hastig ging sie in die Sakristei zurück, wobei sie immer wieder einen Blick über die Schulter warf, und stellte die Kanne an ihren Platz. Dann ging sie wieder ins Kirchenschiff, zog die Tür hinter sich zu, verbeugte sich wie immer kurz vor dem Altar und schritt dann schnell nach hinten auf den Ausgang zu. An der viertletzten Bankreihe blieb sie stehen. Da war etwas zwischen ihr und der Tür. Sie kniff die Augen zusammen. Es war ein Spiel von Licht und Schatten, ein verirrter Sonnenstrahl, der unerwartet aus dem trüben Morgenhimmel durch das Südfenster auf die alten Steinplatten fiel. Es sah aus wie ein Nebel, eine sich langsam drehende Nebelschwade. Verwirrt und etwas schwindelig griff sie nach der Kirchenbank. Es bewegte sich fast unmerklich von der Tür fort, an der Rückwand der Kirche entlang zum Taufbecken, dann schien es innezuhalten und zögernd die Richtung zu ändern. Jetzt schwebte es das Schiff hinauf auf sie zu.
Sie trat einen Schritt zurück, und dann noch einen; ihre Beine zitterten so stark, daß sie sich kaum aufrecht halten konnte. Die Kirche wirkte schrecklich leer; die Lampen hoch oben im Gebälk, die ihr Licht in das Deckengewölbe warfen, die Kanzel im Dämmerlicht, wo sie die Lampen nicht angeschaltet hatte. Sie blickte über die Schulter zum Altar, dann drehte sie sich um und rannte vorbei an der vordersten Bankreihe ins Seitenschiff. Der wirbelnde Nebel schien wieder zu zögern, dann bewegte er sich auf die Kanzeltreppe zu. Auf Zehenspitzen lief Janet die kleine Kapelle entlang, schlich um die Säule herum und erreichte den Ausgang.
Hektisch griff sie nach dem Ring und versuchte, die Tür zu öffnen. In ihrer Panik dachte sie kurz, sie sei verschlossen, und drehte verzweifelt daran, bis endlich der Riegel hochsprang und sie die schwere Tür aufreißen und hinausstürzen konnte. Dann warf sie die Tür hinter sich zu und lief keuchend in den Kirchhof hinaus.
Von der Sonne war nichts zu sehen. Dunkle Wolken verhängten den Himmel. Janet blickte zurück und erwartete beinahe, daß die Tür sich öffnete, aber im kleinen Vorbau regte sich nichts, die Tür blieb geschlossen. Mit gesenktem Kopf hastete sie zu ihrem Wagen und stieg ein. Sie drückte alle Türknöpfe nach unten und versuchte mit zitternden Fingern, den Schlüssel ins Zündschloß zu stecken. Es gelang ihr erst nach einigen Versuchen, dann startete sie durch und schoß mit dem Wagen auf die Straße zu.
Lyn stand gerade an der Theke und wählte Aufschnitt aus, als Janet den Laden betrat. Beim Zufallen der Tür sah sie auf und lächelte. »Tom hat gesagt, er ist so hungrig, daß er das ganze Schaukelpferd aufessen könnte.«
»So hungrig, kleiner Mann?« Janet fuhr Tom durch die Locken. Ihre Hand zitterte, und sie bebte am ganzen Körper. Sally Fairchild blickte von der Wurstschneidemaschine
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