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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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und die Dielen vom Mondlicht überflutet waren. Einen Augenblick blieb sie stehen und erwartete fast, etwas Ungewöhnliches zu sehen. Aber soweit sie erkennen konnte, war alles in Ordnung. Sie zog den Gürtel fester um die Taille und schlich auf Zehenspitzen in Toms Zimmer. Er lag schlafend in seinem Bettchen, den Daumen im Mund; die Decke hatte er weggestrampelt. Trotzdem war er ganz warm, sein Gesicht rosa und entspannt im sanften Schein der Nachtlampe. Vorsichtig deckte Lyn ihn zu, ohne ihn zu stören, und ging dann zu Ned.
    Sein Bett war leer.
    Mehrere Sekunden lang starrte sie es ungläubig an und fühlte, wie ihr Magen sich verkrampfte, dann rannte sie in Toms Zimmer zurück.
    »Tom? Tom, wach auf! Tom, was hast du mit deinem Bruder gemacht?« Oh bitte, lieber Gott, mach, daß ihm nichts passiert ist! Sie zitterte wie Espenlaub. »Tom, wach auf!«

    Langsam öffnete der kleine Junge die Augen und sah sie verschlafen an.
    »Tom!«
    Seinem Blick war anzusehen, daß er sie nicht richtig wahrnahm.
    »Tom, wach auf!« Sie schüttelte ihn. »Wo ist Ned?«
    Er sah sie verständnislos an; sein Körper war wach, aber seine Gedanken waren noch in einem fernen Traum verloren. »O bitte, lieber Gott, mach, daß ihm nichts passiert ist!« Sie konnte das Baby nicht weinen hören. Wenn Ned fror oder Hunger hatte, würde er aus vollem Hals schreien, es sei denn… Sie verbot sich, den Gedanken zu Ende zu denken. »Tom, Schätzchen, ich will, daß du aufwachst und mir hilfst.« Sie packte ihn an den Schultern und zog ihn in eine sitzende Position. »Hörst du mich, Schätzchen? Ich brauche dich, du mußt mir helfen!«
    Endlich begann er, sich zu bewegen. Verwundert zwinkerte er mehrmals, dann begann er wieder am Daumen zu lutschen. Sie lächelte ihn an und versuchte, sanft zu ihm zu sprechen. »Sag mal, hast du mit Ned gespielt?«
    Tom nickte.
    »Weißt du, wo er jetzt ist?«
    Der kleine Junge schüttelte den Kopf.
    »Denk mal nach, Tom! Wo habt ihr beide gespielt? Es ist wichtig. Ned friert, und er hat Angst so ganz allein. Er will, daß wir ihn finden.«
    »Tom zeigen«, sagte er und stand auf.
    Lyn hob ihn aus dem Bett, setzte ihn am Boden ab und streifte ihm den kleinen hellblauen Morgenmantel über. »So ist’s gut. Jetzt die Hausschuhe.« Ihre Hände zitterten so stark, daß sie ihn nur mit Schwierigkeiten anziehen konnte. »Und jetzt, Tom, zeig mir, wo er ist.«
    Tom nahm ihre Hand und trippelte selbstbewußt durch das Schlafzimmer seiner Eltern. Von dort führte er sie über den Flur und die Treppe zum Dachboden hinauf. Lyn zitterte. Auf dem Speicher gab es keine Heizung, und es war bitter kalt.
    »Was habt ihr hier oben gemacht, Tom?« fragte sie, während er zur Tür in der gegenüberliegenden Wand ging. »Hier ist es dunkel und kalt.«

    »Mond.« Er zeigte zum Fenster. »Georgie mit uns im Mond spielen.«
    Lyn schluckte. Sie öffnete die Tür und spähte in die Dunkelheit des Flurs, von dem weitere Türen abgingen. Das Mondlicht spielte auf den staubigen Holzdielen. »Wo ist Ned, Schätzchen? Schnell, zeig’s mir.«
    Mit einem Mal schien Tom weniger selbstbewußt; er blieb zögernd stehen. »Mag nicht.«
    »Ich weiß. Es ist kalt. Aber Ned ist es auch kalt. Komm, wir holen ihn, und dann gehen wir alle wieder nach unten in die Wärme.«
    Noch immer unwillig weiterzugehen, zeigte Tom auf die Tür vor ihnen. »Da.«
    »Da? Im nächsten Speicher?« Sie ließ Tom stehen und rannte zur Tür. Der kleine Junge fing an zu weinen.
    Die Tür war verschlossen. »Nein! Das kann nicht sein, bitte, lieber Gott. Das kann nicht sein.« Sie wirbelte herum. »Tom, wo ist der Schlüssel?«
    Er schüttelte den Kopf; Tränen strömten ihm übers Gesicht.
    »Herzchen, bitte, versuch, dich zu erinnern. Wir müssen den Schlüssel haben. Dem armen Ned ist schrecklich kalt. Wir müssen ihn schnell finden.«
    »Georgies Schlüssel.«
    Lyn holte tief Luft. »Georgie ist nur eine Einbildung, Tom. Er ist nicht wirklich da. Er kann keinen Schlüssel haben. Tom hat den Schlüssel. Wo ist er?«
    Ihre Stimme zitterte unkontrollierbar.
    »Georgie auf Tür gelegt.« Er deutete auf den oberen Türrahmen. Lyn blickte zu den blassen, wurmzerfressenen Balken hinauf, dann streckte sie die Hand aus und fuhr über das trockene, rissige Holz. Ihre Finger ertasteten einen schweren Eisenschlüssel, der scheppernd zu Boden fiel. Sie packte ihn und steckte ihn ins Schloß. Er ließ sich nur mit Mühe drehen, aber endlich gelang es ihr, und sie stieß die Tür

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