Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
gewisser Hinsicht ist es ja eine Schande, alles zu verkaufen, aber ich weiß, daß ihr dringend Geld braucht, vor allem, wo jetzt das zweite Kind unterwegs ist. Ihr könntet eine ganz nette Summe dafür bekommen. Außerdem bist du mit Marke Billigetikett genauso zufrieden, stimmt’s, du alter Ignorant!« Er lachte.
»Wahrscheinlich sollte ich die besser zurücklegen…« Luke betrachtete die Flasche in seiner Hand.
»Das solltest du wirklich. Komm, suchen wir nach einem Champagner für das Baby.« David nahm eine Flasche aus dem Regal und sah auf das Etikett. »Pommery Brut 1945. Nicht schlecht!«
»Die Kleinigkeit von zwanzig oder dreißig Pfund die Flasche, oder?« stöhnte Luke.
»Eher fünfzig! Ihr führt wirklich ein etwas seltsames Leben hier, nicht?« David schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das ganze Drumherum sehr nobel, aber beim Kleingeld hapert’s ein bißchen.«
»Ein bißchen!« Luke grinste. Er schob die Gedanken an Barry und die Summen, die er in G & H investiert hatte, beiseite. »Wir wollen uns redlich nähren als Selbstversorger. Das Geld, das ich
mit dem Restaurieren von Autos verdiene, ist nicht der Rede wert. Es ist eine Schinderei, weil’s so lange braucht, aber hoffentlich bringt es zumindest genug ein, um die Stromrechnung zu bezahlen, die Grundsteuer und derlei. Joss würde nie zulassen, daß wir etwas aus dem Haus verkaufen – sie ist wirklich besessen davon, weil alles so geschichtsträchtig ist. Aber mit dem Wein ist es wohl etwas anderes, oder? Da hätte sie wahrscheinlich nichts dagegen. Wenn wir das alles verkaufen, könnte die Hölle sogar erträglich werden, David.« Er drückte die Flasche an sich. »Sag mal – glaubst du wirklich, daß Joss mit dem Schreiben Geld verdienen könnte?«
»Sie kann schreiben«, antwortete David abwägend. »Sie hat eine unglaubliche Phantasie. Ich hab ihr schon erzählt, daß ich mir erlaubt habe, einem befreundeten Lektor ein paar von ihren Sachen zu zeigen. Eine der Kurzgeschichten hat ihm besonders gut gefallen. Er würde gerne mehr sehen, und das hätte er nie gesagt, wenn ihm nicht ernst damit wäre. Aber alles Weitere – das muß man sehen.« Er schauderte. »Jetzt komm, gehen wir. Es ist wirklich verdammt kalt hier unten. Etwas Heißes zu essen würde uns allen guttun!«
Erst sehr viel später fand Joss Gelegenheit, allein in die Kirche zu gehen. In der Hand hatte sie einen kleinen Strauß aus Stechpalmen, Taubnesseln, Winterjasmin und glänzendem grünem Efeu, der übersät war mit kleinen weißen Blüten.
Als sie den Schlüssel zur Kirche aus seinem Versteck holte und die schwere Tür aufdrückte, war es fast schon dunkel. Vorsichtig stellte sie die saubere Vase mit dem frischen Wasser und den neuen Blumen auf das Regal vor der kleinen Messingtafel. »Das ist für dich, Katherine«, flüsterte sie. »Frische Blumen zu Weihnachten. Katherine?« Sie lauschte und erwartete fast, eine Antwort zu hören, eine Wiederholung der seltsamen Schwingungen in ihrem Kopf, aber nichts passierte. Es blieb still in der Kirche. Mit einem selbstironischen Lächeln im Gesicht machte sie kehrt.
Die Küche war leer. Einen Moment blieb sie vor dem Herd stehen, um sich die Hände zu wärmen. Die anderen waren irgendwo anderweitig beschäftigt. Eigentlich sollte sie Kartons ausräumen oder Geschenke einpacken; sie hatte keine Zeit, herumzustehen und nichts zu tun. Andererseits wäre jetzt eine gute Gelegenheit,
noch einmal den Karton mit Briefen im Arbeitszimmer ihrer Mutter durchzugehen; sie war allein und würde nicht gestört werden. Und der Arzt hatte ihr ja gesagt, sie solle sich schonen …
Allmählich machte sich im großen Saal eine weihnachtliche Stimmung breit. Der zwei Meter hohe Baum, den Luke und David am Morgen im Wäldchen hinter dem See gefällt hatten, erfüllte den Raum mit seinem frischen, harzigen Duft. Er stand neben dem Fenster in einer riesigen, mit Erde gefüllten Urne. Lyn hatte die Kartons mit Weihnachtsschmuck gefunden und unter den Baum gestellt. Sie hatte Tom versprochen, daß er nach seinem Abendessen helfen könnte, den Baum zu schmücken. Joss lächelte. Es war wunderbar gewesen, sein Gesicht zu sehen, während sie den Baum in den Saal geschleppt hatten.
Eine große Silberschale, gefüllt mit Stechpalmen, Efeu und gelbem Jasmin, stand mitten auf dem Tisch, ein leuchtender Farbfleck in der Dunkelheit des Zimmers.
Katherine
Joss verzog das Gesicht. Ein seltsames elektrisches Summen lag in der Luft, ein statisches
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