Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
gesehen hat.«
»Tom ist Ihr Sohn?«
»Er ist erst zwei«, erwiderte sie mit einem Nicken. »Er versteht noch nichts. Aber vor irgend etwas hat er Angst. Er hat schlimme Träume. Das macht mir Sorgen, wirkliche Sorgen. Vor lauter Angst kann ich nicht mehr schlafen. Die anderen wollen, daß ich woanders hingehe, bis das Baby geboren ist. Aber ich will nicht weg. Das ist mein Zuhause, das Zuhause meiner Familie. Und ich gehöre erst seit ganz kurzer Zeit zu der Familie.«
»Das kann ich verstehen, liebes Kind«, sagte Edgar beschwichtigend. »Aber trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob die anderen nicht vielleicht doch recht haben.«
»Ich muß doch etwas anderes tun können. Können Sie nicht etwas dagegen machen? Ist es der Teufel? Wohnt wirklich der Teufel in Belheddon?«
Sie erwartete, daß er lachen oder die Achseln zucken und den Gedanken weit von sich weisen würde, aber statt dessen runzelte er die Stirn. »Es sind Exorzismen in Belheddon vorgenommen worden, mehrere sogar, soweit ich weiß. Ihre Mutter ließ einen machen, bevor ich in die Gemeinde kam, und ich habe das Haus gesegnet und einmal die heilige Kommunion dort begangen. Möglicherweise hat Ihre Großmutter das gleiche gemacht. Die Geschichten, daß es in Belheddon spukt und sogar der Teufel dort lebt, sind jahrhundertealt. Aber ich persönlich glaube nicht, daß es der Teufel ist, und auch keiner seiner Diener. « Endlich erschien auf seinem Gesicht ein kleines Lächeln. »Nein, ich denke, in dem Haus ist ein unglücklicher Geist. Und ich vermute, daß er sich zu Frauen hingezogen fühlt. Ich glaube nicht, daß für Sie irgendeine Gefahr besteht, Joss. Nicht die geringste. «
»Aber was ist mit den anderen?«
Er sah auf und begegnete ihrem Blick. Erst nach einigen Sekunden sagte er: »Möglicherweise ist er gegenüber Männern feindseliger. Und gegenüber Jungen.«
»So feindselig, daß kein Junge in dem Haus je das Mannesalter erreicht hat.«
Betrübt zuckte er mit den Schultern. »Der Tod Ihrer Brüder wurde jedesmal auf ein Unglück zurückgeführt, Joss. Zwei ganz, ganz traurige Unfälle, wie sie jederzeit und überall passieren können. Ich weiß nicht, ob da etwas Geheimnisvolles mit im Spiel war. Nach beiden Todesfällen war ich bei Ihrer Mutter, und sie schien keinen Moment daran zu zweifeln, daß es sich um einen Unfall handelte. Und ich bin mir sicher, daß sie es mir gesagt hätte, wenn sie etwas anderes vermutet hätte. Und trotzdem…« Kopfschüttelnd stand er auf und ging zum Fenster, wo er aufs Meer hinuntersah, das unter den Gewitterwolken schwarz und ölig dalag. Er fuhr sich mit dem Finger unter den Hemdkragen, bis er sich schließlich umdrehte. Schweiß stand ihm auf der Stirn. »Joss – ich möchte Sie nicht beunruhigen, aber ich bin nicht glücklich bei dem Gedanken, daß Sie und Ihre Familie in dem Haus sind. Warum fahren Sie nicht ein paar Wochen fort? Wann ist die Geburt? Sie könnten bis dahin doch sicher bei Freunden oder Verwandten bleiben.«
»Sie können auch hierherkommen, Kind«, schlug Dot vor. »Wir würden uns freuen, wenn Sie kämen. Sie alle.«
»Ich weiß nicht. Ich will nicht weg. Belheddon ist mein Zuhause. Ich liebe es.« Bekümmert fuhr sie fort: »Und die anderen bemerken gar nichts. Luke fühlt sich sehr wohl dort, das Haus ist ideal für ihn. Im Hof hat er seine Garage, und das Geschäft geht wirklich gut. Es wäre schlimm für ihn, gerade jetzt, wo alles so gut läuft, wieder gehen zu müssen. Und ich … ich bin glücklich dort.«
»Was ist mit Ihrem Sohn?« Dots Stimme war scharf.
»Dot!« Ihr Mann fuhr zu ihr herum. »Dem kleinen Tom wird nichts passieren. Joss ist anders als ihre Mutter. Sie wird damit fertig. Sie kann sie alle beschützen, da bin ich mir sicher.«
Joss starrte ihn an. »Was wollen Sie damit sagen?« In ihrem Ton schwang Mißtrauen mit.
»Ich will damit sagen, daß Ihre Mutter nervös und einsam war, nachdem Ihr Vater und Ihre Brüder gestorben sind. Und wer kann ihr das verdenken? Sie war sowieso keine starke Frau und ist dann etwas neurotisch geworden. Ich glaube, einen Großteil von dem, was ihrer Meinung nach in dem Haus vor sich ging, hat sie sich nur eingebildet.«
»Was für Sachen hat sie sich eingebildet?« fragte Joss streng.
Er wich ihrem Blick aus. »Sie hat sich eingebildet, Geräusche zu hören und Leute zu sehen. Sie dachte, Gegenstände seien verstellt worden. In der Zeit vor ihrer Abreise hatte sie Halluzinationen – das steht außer Zweifel. Als ihr
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