Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
würde sich schon um alles kümmern. Das hatte sie immer getan.
Bedrückt ging sie in die Küche. Sie war klein, warm und freundlich, voller Blumen und geschmückt mit roten französischen Kochtöpfen und Keramik aus der Provence. Im Vergleich dazu wirkte die Küche in Belheddon sehr düster. Sie ließ sich auf den Stuhl sinken, den Edgar Gower ihr anbot, und stützte die Ellbogen auf den kleinen, vollgestellten Küchentisch.
»Meine Schwester ist wütend. Ich habe, ohne zu fragen, ihren Wagen gemopst.« Sie versuchte, scherzhaft zu klingen, aber ihre Erschöpfung und ihr Kummer waren nicht zu überhören. »Offenbar hat sie die Nase voll von uns.«
Dot nahm ihr gegenüber Platz. »Ziehen Sie zu uns, Joss. Bringen Sie Ihren kleinen Jungen mit. Ich kann mich um ihn kümmern, das ist gar kein Problem. Dann hat Ihre Schwester ein bißchen Ruhe; und Ihr Mann hat doch bestimmt nichts dagegen, allein zu sein, wenn er so sehr mit der Werkstatt beschäftigt ist. Fragen Sie Edgar. Ich bin verrückt nach Kindern, und unsere Enkel wohnen so weit weg, daß ich nur einmal im Jahr richtig Oma spielen kann. Sie würden mir damit wirklich eine Freude bereiten. « Sie streckte ihre Hand über den Tisch aus und ergriff Joss’ Finger. »Hören Sie auf, für alles selbst verantwortlich sein zu wollen, Joss. Lassen Sie sich helfen.«
Müde fuhr Joss sich übers Gesicht. »Das klingt verlockend. Es wäre schön, wegzukommen – nur für ein paar Tage.«
Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie das ernst meinte. Kein Horchen auf Kinderstimmen mehr. Keine Blicke über die Schulter zu den dunklen Schatten in ihrem Schlafzimmer. Kein Herzklopfen mehr, jedesmal wenn Tom schreiend aus einem Alptraum aufwachte.
»Gut. Dann ist das abgemacht.« Energisch schob Dot ihren Stuhl zurück und stand auf. »Fahren Sie heute nachmittag nach Hause, und suchen Sie ein paar Sachen zusammen, und morgen packen Sie Tom in Ihren eigenen Wagen und kommen zu uns.
Ich richte die Zimmer her. Oben im Dachgeschoß haben wir zwei wunderschöne Gästezimmer. Ein etwas weiter Weg, fürchte ich …« Sie warf einen fragenden Blick auf Joss’ Bauch. »Wenn es zu viele Stufen sind, ziehen Edgar und ich nach oben, und Sie können unser Zimmer bekommen. Das Problem mit diesem Haus ist, daß es hoch und schmal ist. Alles türmt sich aufeinander. « Sie strahlte. »So, und jetzt mache ich uns einen Salat.«
Es war ein köstlicher Salat mit selbstgemachter Sauce, Sprotten frisch aus dem Meer und selbstgebackenem Brot, und zum Nachtisch gab es Erdbeeren mit Sahne. Am Ende der Mahlzeit fühlte sich Joss wesentlich ruhiger, und sie empfand sogar eine gewisse Art von Optimismus, als sie zum Auto ging, mit Geld für Benzin in der Tasche und dem Versprechen, am nächsten Vormittag mit Tom wiederzukommen.
Als sie heimkam, saßen Tom und Luke in der Küche. Tom war von oben bis unten verschmiert – die Reste seines Mittagessens vermischt mit schwarzem Motorenöl. Lukes Stimmung war so schwarz wie das Gesicht seines Sohnes.
»Bist du verrückt geworden, einfach Lyns Wagen zu nehmen? Hättest du nicht wenigstens einen Zettel schreiben können? Die Frau hat mir eine Riesenszene gemacht, nur wegen dir. Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn sie nicht mehr wiederkommt. Und was machen wir dann?«
»Sei nicht dumm, Luke.« Tom umarmte sie stürmisch, hochbeglückt, seine Mummy wiederzusehen. Sie wollte sich ihre gute Laune nicht verderben lassen. Sie schob Tom von sich und ging zum Waschbecken, um den Schwamm auszudrücken. Dann kniete sie sich vor ihren Sohn und fing an, ihn ausgiebig zu waschen. »Natürlich kommt sie zurück. Es tut mir leid, daß ich sie verärgert habe, wirklich. Sie war ja nur wütend, weil sie für heute nachmittag etwas vorhatte. Aber sie hätte sich nicht so aufzuführen brauchen. Ich kenne Lyn. Wenn sie sich wieder beruhigt hat, wird es ihr schrecklich leid tun. Du wirst schon sehen.« Sie setzte Tom auf seinen Platz und gab ihm eins seiner Bücher. »Lyn leidet an mangelndem Selbstwertgefühl. Wenn sie glaubt, daß man nicht richtig zu schätzen weiß, was sie tut, kann sie ziemlich unfreundlich werden. Aber das dauert nicht
lange. Wenn sie wiederkommt, streue ich Asche auf mein Haupt. Und …« Sie zögerte. »Luke, ich fahre für ein paar Tage mit Tom weg. Dann hat sie ein bißchen Ruhe. Und du auch.«
»Du willst ein paar Tage wegfahren!« wiederholte Luke. Er stand neben ihr, die Hände in die Hüften gestemmt. »Du willst ein paar Tage
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