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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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hinten an den Kopf krachte. Da habe ich Sterne gesehen, kann ich dir sagen! Wäre beinahe ertrunken damals. Wen hättest du denn dann geheiratet, Rosie?«
    Ambrosine hatte nur an ihrem Kaffee genippt und gelächelt.
    Allein in der Küche, murmelte Alice vor sich hin. »Na, wen schon? Sie hätte natürlich Mr Marling geheiratet, wenn Cosmo ertrunken wäre.« Der Elfenbeinknopf lag noch immer in ihrer Schublade. Wenn sie ihn betrachtete, mischten sich in ihr Furcht und Aufregung, und ihr Magen krampfte sich zusammen.
    Alice seufzte und setzte sich gerade hin. Ihre Füße taten nicht mehr ganz so weh, sie sollte es damit bis zum Bett schaffen. Als sie aufstand, stieß sie gegen den Eimer mit den Küchenabfällen und fluchte leise. Konnte das nicht bis morgen warten? Natürlich nicht. Mrs Gibbons würde sie für faul halten und sie beschuldigen, Ungeziefer in die Küche zu locken.
    Alice hob den Eimer beidhändig hoch und ging Richtung Tür. Draußen war die Nacht klar und kalt. Der Garten prangte in voller Herbstblüte, der Duft von Teerosen und Geißblatt erfüllte die Luft. Die hohen Rispen des Amarants standen über den verblühten Polsterastern. Ambrosine mochte die wuchernden roten Blütentrauben überhaupt nicht und ließ sie immer von den Gärtnern herausziehen. Aber irgendwie erwies sich der Amarant als widerstandsfähig und säte sich stets an anderer Stelle im Garten wieder aus.
    Alice stellte den Eimer in einer sicheren Entfernung vom Haus ab. Wenigstens war er raus aus der Küche, und am Morgen hätte sie genug Zeit, ihn auszuleeren. Durchdringender Tabakgeruch ließ sie innehalten. Sie drehte sich um. Jemand stand bei den Fliederbüschen. Alice erkannte Jonah an seinen langen Gliedern und der lässigen Haltung. Er zog an seiner Pfeife; Alice konnte das rote Aufglühen sehen. Seine lautlose Anwesenheit verursachte ihr Gänsehaut. »Was machst du da?«, wollte sie wissen. Ihre Stimme klang dabei forscher, als ihr zumute war. »Meggy ist schon im Bett, sie kommt heute Nacht bestimmt nicht mehr raus.«
    Jonah antwortete nicht.
    »Geh schlafen!«, befahl sie ihm. Jonah schlief in einer Kammer bei den Ställen, sodass er auf die Pferde achtgeben konnte. Als Kind war er auf einer Missionsschule gewesen und mit Weißen aufgewachsen. Meggy sagte, für ihn sei es schwierig, sich zwischen den Rassen zurechtzufinden, weil er etwas von beiden hatte und keine ihn wirklich anerkannte. Alice fragte sich dann immer, ob Meggy ihn so gut verstand, weil es ihr genauso erging.
    Er war achtundzwanzig – dreizehn Jahre älter als Meggy. Als Cosmo letztes Jahr auf seinem Besitz am Murray River gewesen war, hatte er ihn mit nach Colonsay gebracht, damit er sich um die Pferde kümmerte. Cosmo behauptete, dafür hätte er ein natürliches Talent.
    Aber Alice mochte ihn nicht. Er war zu ruhig, beobachtete alles und jeden. Überhaupt nicht wie Meggy. Nein, sie mochte ihn nicht, und trauen konnte man ihm schon gar nicht.
    Jonah rauchte weiter seine Pfeife. Keiner von ihnen bewegte sich oder sprach.
    »Ich weiß, was du vorhast«, platzte Alice da heraus. »Du glaubst, im Haus gäbe es etwas zu stehlen, habe ich recht?«
    Er lachte, als ob sie einen Scherz gemacht hätte. Er lachte und lachte.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Alice schlüpfte zurück ins Haus. Warum hatte sie das gesagt? Aus Furcht. Sie fürchtete sich vor Jonah, und ihr Mundwerk war einfach mit ihr durchgegangen. Wie er da draußen in der Dunkelheit gestanden hatte, in der salzigen Luft, bewegungslos – das fühlte sich für sie irgendwie völlig falsch an.
    ***
    Das gute Wetter hielt sich, und die Arbeit am Dach ging flott voran. Mark wollte das alte Dach rekonstruieren, und Fred hielt sich an seine Anweisung. Rosamund konnte die Stimmen der Männer hören, die dort oben herumturnten. Ihr kam diese Arbeit ziemlich gefährlich vor. Das Krachen und Klappern der herunterfallenden Ziegel und abgestemmten Dachlatten fand sie ziemlich nervtötend. Und das Hämmern, das den Aufbau des neuen Dachs begleitete, war fast genauso schlimm.
    Am Morgen nach dem Krach auf dem Dachboden hatte Rosamund auf einer gründlichen Untersuchung ihrer Zimmer-decke bestanden. Heraus kam, was sie bereits erwartet hatte: Die Lampe wog zu viel für die Aufhängung. Das Haus war alt und lange vernachlässigt worden. Da konnte so etwas passieren. Fred schickte gleich einen Elektriker nach oben, um die Leitung zu reparieren und eine provisorische Deckenleuchte anbringen zu lassen. Jetzt musste nur

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