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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Mann stammt aus Colonsay. Er hat zwar auch Land am Murray, das stimmt, aber er hat nie dort gelebt. Er findet das Land dort hart und unerbittlich. Das Meer ist mehr nach seinem Geschmack.«
    »Colonsay ist sehr schön.«
    »Ja, das ist es, Sie haben recht. Aber manchmal habe ich Sehnsucht nach den weiten Ebenen, die bis zum Horizont reichen. Ich möchte die Sonne am Himmelszelt tiefer sinken sehen, bis sie verschwindet, während die Schatten der Menschen die Größe von Riesen erreichen.«
    Sie nippte an ihrem Tee und lächelte. Alice fand, dass ihre Hand zitterte. Riesen, spottete sie insgeheim. Aber es hatte sie überrascht zu hören, dass Ambrosine aus einer solch harschen Umgebung stammte. Alice hatte geglaubt, Cosmos Gattin sei ein Geschöpf des bequemen Melbourner Stadtlebens, ein verzogenes Kind damals, eine verwöhnte Frau heute. Was sie gerade gehört hatte, passte gar nicht zu dieser Vorstellung.
    Petersham nahm sich ein Sandwich und schlang es in einem Bissen hinunter wie ein alter Jagdhund. Ambrosine sah ihm zu und lächelte. Die freundlich-undurchdringliche Maske lag wieder über ihrem Gesicht.
    ***
    Frederick Swann und seine Arbeiter erschienen bereits früh am Morgen in Colonsay. Ihr fröhliches Lärmen weckte Rosamund aus dem Tiefschlaf, in den sie nach drei Uhr schließlich gefallen war. Sie lauschte dem Gelächter und den Stimmen, die sich etwas zuriefen. Es war seltsam, dass manche Menschen immer fröhlich zu sein schienen, während andere ständig vor sich hin brüteten. Woher kam das? Wurde man so geboren oder als Kind zu dem gemacht, was man als Erwachsener war?
    Rosamund dachte an ihre Kindheit, an die Einsamkeit und das Gefühl, nicht geliebt zu werden. Konnte das erklären, warum aus ihr eine schwache, abhängige Frau geworden war? Sie war ganz sicher, dass Ada das nicht gewollt hatte.
    Kleine Fetzen längst vergangener Unterhaltungen ertönten in ihrem Kopf: »Triff deine Entscheidungen bewusst, Rosamund. Die Folgen wirst du bis zu deinem Tod spüren.« Ada verteilte ihre Ratschläge gern zwischen Suppe und Hauptgang. »Wähle deinen Gatten mit Bedacht, Rosamund. Heiratest du aus Liebe, macht dich genau diese Liebe blind gegenüber der Wirklichkeit. Ich habe meinen Mann geliebt, genau wie mein Vater seine Frau.« Ada saß sehr aufrecht in ihrem Stuhl, das scharfe Raubvogelprofil ihr zugewandt. »Ich habe mich stets zu meinen Überzeugungen bekannt, Rosamund. Und ich verabscheue Geheimnisse. Vielleicht, weil ich sie nicht gut bewahren kann.«
    Ich habe sie damals überhaupt nicht verstanden, dachte Rosamund. Ich habe ihr nie richtig zugehört. Sie versuchte, mir auf ihre Weise zu helfen. Mir Ratschläge zu geben, um ihre eigenen schlechten Erfahrungen zu vermeiden. Wie hätte sie auch mit ihrer tragischen Vergangenheit eine warmherzige, liebevolle Person sein können? Ich war ein Kind. Kinder können so etwas nicht begreifen.
    Es schien müßig, sich selbst oder Ada die Schuld für die Situation zu geben. Ada hatte jedes Verständnis für Rosamunds Jugend und Unerfahrenheit gefehlt. Umgekehrt hatte Rosamund Adas Sichtweise überhaupt nicht verstehen können. Ada war nie geduldig mit Kindern gewesen. Rosamund hatte das gespürt und sich angepasst, weil sie unsicher gewesen war.
    Der Zementmischer im Vorgarten erwachte zum Leben und ratterte vor sich hin, während er Schaufel um Schaufel Sand und Zement schluckte. Rosamund seufzte und setzte sich auf. Sie schob sich die Haare aus dem Gesicht. Anscheinend dachte sie über Großmutter Ada nach, weil sie dann nicht über das braunhaarige Mädchen nachdenken musste. Doch irgendwann würde sich das nicht mehr vermeiden lassen.
    In der vergangenen Nacht hatten Gary und Kerry sie ins Bett gebracht, nachdem sie sie halb bewusstlos und zusammengesunken an der Wand gefunden hatten. Sie hatte etwas von Geistern geflüstert, aber Kerry hatte davon nichts wissen wollen. Gary hatte sie in ihr Zimmer getragen. Meine Güte, hatte er das wirklich gemacht? Sie lag zitternd und mit trockenem Mund auf dem Bett, hörte Kerry mit ihm an der Tür leise reden. Vielleicht hatte sie ihm von ihrer Trinkerei erzählt, dass sie für Mark nur eine Last war und dass sie nach Colonsay gekommen war, um den Weg für ihn frei zu machen. Das war die reine Wahrheit, warum also sollte er das nicht wissen? Gary war auch kein Waisenknabe, oder? In dieser Beziehung passten sie wirklich gut zusammen.
    Der Gedanke beruhigte sie, und sie ging zum Fenster. Dabei war sie sehr vorsichtig,

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