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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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sah sich um und überlegte, was sie wohl anstellen könnte, um die Stimmung hier positiv zu verändern. Vielleicht eine hübsche Lampe aufstellen und ein helles Bild an die Wand hängen. Dazu eine oder zwei große Pflanzen mit glänzenden Blättern in großen weißen Keramikkübeln. Das würde sicher gut zum Stil passen. Ohne richtig darüber nachgedacht zu haben war ihr klar, dass sie Colonsay im Stil der Jahrhundertwende einrichten wollte. Dem Stil seiner Glanzzeit.
    Rosamund schloss ihre Hand fest um den Türknopf aus Porzellan und versuchte, nicht an das zu denken, was sie gerade im Begriff war zu tun. Sie drückte fest gegen die Tür, die sich ohne Widerstand öffnen ließ. Davon überrascht, stolperte sie fast ins Zimmer. Sofort fühlte sie sich von der dumpfen moderigen Atmosphäre umhüllt wie von einer schweren, dunklen Decke.
    Rosamund schnappte nach Luft, wollte auf der Stelle die Tür wieder schließen. Feigling! Der Gedanke ließ sie innehalten. Seit wann bist du ein solcher Feigling, Rosamund Cunningham? Oder bist du schon immer so gewesen? Gary hatte sie mutig genannt. Die Erinnerung daran bestärkte Rosamund in ihrem Vorhaben. Sie straffte sich und trat in das Zimmer.
    Langsam drehte sie den Kopf und sah sich um. Es war ziemlich dunkel. Die mit Laken verhängten Fenster hatten die Farbe von nassem Sand. Die Wände wirkten fleckig – vielleicht war Wasser von oben durch die Decke gedrungen. Der Schreibtisch sah größer aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, sehr einschüchternd. »Der hat Cosmo gehört«, sagte sie sich. Dann lachte sie auf und fragte sie, wie sie auf diese Idee kam. War Cosmo so dominant gewesen? War er der Mann, den Zephyr gespürt hatte?
    Ihre Stimme hallte in dem stillen Zimmer, und sie wünschte, sie hätte geschwiegen. Plötzlich fühlte es sich so an, als würde etwas hier drinnen schlafen oder warten. Rosamund wollte es auf keinen Fall wecken. Sie wandte sich zum Gehen. Da blitzte in dem durch die Tür einfallenden Licht auf dem Schreibtisch etwas Kleines, Helles auf. Es lockte sie, schien ihr zuzuzwinkern. »Ah, da hast du dich versteckt«, flüsterte Rosamund. Ihre Stimme hallte von den Wänden wider. Sie schob sich näher heran und streckte ihre Hand aus. Mit einem zufriedenen Laut schloss sie ihre Finger fest um den runden harten Gegenstand.
    Der Knopf.
    Rosamund zog sich vom Schreibtisch zurück und steckte sich den Elfenbeinknopf mitsamt der geballten Faust in die Tasche. Dieses Mal würde sie ihn nicht verlieren.
    Sie sah sich noch einmal um. Ihre Haut fühlte sich trocken an wie Sandpapier, und sie musste niesen. Abgesehen davon schien ihr die Luft nicht mehr ganz so dumpf. Vielleicht musste in diesem Zimmer wirklich nur einmal gründlich gelüftet werden.
    Da schlich sich ein Geruch in ihre Gedanken. Scharf. Metallisch. Vertraut und doch fremd. Das Dumpfe war fast gänzlich verschwunden und von dem neuen Geruch überdeckt worden.
    Das Herz in Rosamunds Brust begann mit einem Mal zu rasen, und ihre Hand zitterte, als sie nach dem Türknopf griff. Sie hatte den Geruch erkannt. Blut. Es roch nach Blut, viel Blut. Sie fühlte ihre Sinne schwinden. Die Flecken an den Wänden gerieten in Bewegung, schienen zu fließen und Tropfen zu formen. Rosamunds Knie gaben nach; sie versuchte sich am Türrahmen festzuhalten. Ihre Hand fühlte sich feucht an. Langsam und ungläubig hielt sich Rosamund die Hand vor die Augen. Blut. Schwarzes, dickes, glänzendes Blut.
    Sie schrie auf, aber die Stimme war leise gegen den Aufschrei in ihrem Kopf. Völlig kraftlos stolperte sie und sank auf die Knie. Die Schatten umtanzten sie wie Derwische. Rosamund senkte den Kopf und schloss die Augen. Die heiße, dichte Wolke der Bewusstlosigkeit schob sich über ihre Gedanken, doch sie kämpfte verbissen dagegen an. Die Vorstellung, hilflos in diesem Zimmer zu liegen, war schlimmer als das, was gerade mit ihr geschah.
    Unerträglich langsam verging die Zeit. Dann war es vorbei. Rosamund richtete sich mühsam auf und öffnete ihre Augen. Das Blut war weg. Das Zimmer roch wie vorher – nach Moder und Staub. Zitternd hob sie ihre Hand und spreizte die Finger. Kein Blut. Es hatte nie Blut gegeben. Was sie gesehen hatte, entsprang einer weit zurückliegenden Vergangenheit und konnte ihr nichts mehr anhaben.
    Draußen klingelte das Telefon. Wieder beschleunigte sich ihr Herzschlag, der sich gerade fast normalisiert hatte. Rosamund kämpfte sich auf die Füße. Ihre Beine fühlten sich an wie Wackelpudding,

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