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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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heute Nacht mit mir auf dem Dachboden? Ich gehe manchmal dorthin. Mir gefällt es da. Das würde doch Spaß machen. Ich könnte ein wenig Essen hinaufschmuggeln, und wir würden ein Mitternachtspicknick machen – wie früher.«
    Er blickte sich um.
    »Niemand wird davon erfahren. Bitte.«
    Bertie fühlte sich bedrängt und seufzte. »Also gut, Alice.«
    Ein Vogel schoss über sie hinweg, die Federn vom Wind zerzaust. Mit pfeilschnellem Flügelschlag flog er durch den bewölkten Himmel. Bertie sprang auf, und für kurze Zeit erhellte sich seine Miene. »Eine Sturmschwalbe«, sagte er. »Aber die Federn am Kopf sind dunkel, nicht weiß. Und die Jahreszeit stimmt auch nicht. Vielleicht ist sie vom Kurs abgekommen.«
    Plötzlich sah er traurig aus – so, als könnte er gut verstehen, wie schnell das geschah.
    ***
    Rosamund hatte trotz verworrener Träume von Mark und Graham Peel-Johnson überraschend gut geschlafen. Der Poltergeist schien Urlaub zu haben und anderswo sein Unwesen zu treiben, ebenso das Wesen, das nach Rosie rief.
    Kerry saß beim Frühstück und sah fast aus wie früher. »Vielleicht war es das«, sagte sie optimistisch. Rosamund wollte ihr die gute Laune nicht verderben.
    Es herrschte sonniges, aber kaltes Wetter. Im Haus hielt sich die kühle Luft, der man weder mit prasselnden Kaminfeuern noch mit dicker Kleidung beikommen konnte. Außer in der Küche, dort war es gemütlich und warm. Kein Wunder, dass Kerry fast ihre ganze Zeit dort verbrachte.
    Nach dem Frühstück brachte Rosamund einen Teller mit Resten in den Garten, in die Nähe der alten Hütte. Die Schüssel vom Vorabend war blitzblank geleckt. »Es scheint geschmeckt zu haben«, erklärte Rosamund Kerry.
    Kerry blickte zweifelnd. »Hm, aber ob das der Hund war?« Rosamund spürte, dass Kerry ihr den Hund nicht abnahm. Sie hatte ihn ja auch nie gesehen.
    Rosamund zog sich wieder ins Hinterzimmer zurück, um weiter in der Vergangenheit der Cunninghams herumzuwühlen. Ihr erster Fund war ein verrostetes Jagdhorn voller Spinnweben. Sie scheute sich, in das Mundstück zu tuten. Der Gedanke an eine fette Spinne im Innern hielt sie von einem schmetternden Halali ab.
    Warum gibt es hier keine Stradivari?, dachte sie. Dann könnte ich Mark sein Geld zurückgeben, und er würde Peel-Johnson zurückpfeifen.
    Die Bände einer Enzyklopädie waren ebenfalls von Spinnweben bedeckt und verstaubt. Die Bücher waren alt und überholt. Wahrscheinlich waren sie nach dem Eintreffen einer aktuelleren Auflage aus der Bibliothek auf den Speicher verbannt worden.
    Der Gedanke an die Bibliothek brachte Rosamund auf eine Idee. Sie sollte die Bücher dort sortieren und katalogisieren. Vielleicht waren ein paar Erstausgaben darunter. Sie hatte gehört, dass die bei Versteigerungen ein kleines Vermögen bringen konnten. Aber das musste wohl warten, bis sie hier drin fertig war.
    Ein Karton mit Wasserflecken enthielt ebenfalls fleckige Unterlagen für Brettspiele. Rosamund schob ihn vorsichtig zum Müllstapel im Flur. Die moderige Pappe fühlte sich komisch an.
    Dann setzte sie sich mit untergeschlagenen Beinen auf das rote Samtsofa und zündete sich eine Zigarette an. Mit einem Blick in die Runde stellte sie fest, dass sie fast fertig war. Es lagen noch ein paar Sachen an der gegenüberliegenden Wand, unter anderem ein zerbrochener Stuhl, eine zerbrochene Glashaube aus der Zeit Königin Victorias und ein weiterer Stapel vergilbter Zeitungen. Wenn sie damit fertig war, müsste sie sich an das zweite Zimmer machen. Darauf freute sie sich nicht gerade.
    Sie drückte ihren Zigarettenstummel in einem billigen chinesischen Aschenbecher aus, den sie unter dem ganzen Müll gefunden hatte. Er war amateurhaft mit einem engelsgleichen Kind bemalt, das Eimer und Schaufel trug. Vielleicht ein Souvenir an eine lange zurückliegende Sommerfrische.
    Zephyr hat mich ganz irre gemacht, sagte sich Rosamund. Wenn ich Colonsay wirklich behalten und auf Dauer hier leben möchte, muss ich mich mit allem auseinandersetzen, was auftaucht. Doch eine leise, kaum vernehmbare Stimme in ihrem Kopf schien anderer Meinung zu sein. Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt, sagte sie. Rosamund beschloss, sie zu ignorieren, und stand auf. Sie ging in den Flur und stellte sich vor die verzogene Tür.
    Lange Schatten fielen durch die Diele. Die Sonne stand zu dieser Jahreszeit tief, und es war ziemlich dunkel in diesem Teil des Hauses. Rosamund bemühte sich, die dunklen Gedanken beiseitezuschieben. Sie

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