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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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aber nach ein paar tiefen Atemzügen fühlte sie sich besser. Sie hörte Kerrys schnelle Schritte und dann leises Gemurmel.
    Rosamund griff nach dem Türknopf und wollte die Tür hinter sich schließen, die über den Boden schrappte und dabei ein schreckliches Quietschen von sich gab. Doch Rosamund gab nicht nach, bis die Tür ins Schloss fiel.
    »Rosamund?« Kerry blickte durch den Flur in ihre Richtung. »Mr Markovic möchte dich sprechen.«
    Rosamund rieb sich die Handflächen an ihrer Jeans trocken und stellte fest, dass ihre Hände nicht mehr zitterten. »Nein.«
    »Aber …«
    »Sag ihm, dass ich nicht mit ihm reden will.«
    Kerry öffnete den Mund zum Widerspruch, besann sich dann aber eines Besseren und wandte sich wieder dem Telefonhörer zu. Das Gespräch dauerte angesichts einer solch kurzen Botschaft doch ziemlich lange, fand Rosamund. Schließlich legte Kerry auf. Rosamund widerstand dem Drang, nachzufragen, was er geantwortet hatte.
    »Er ruft heute Abend noch einmal an.«
    »Sehr schön.«
    Kerry gab auf und ging zurück in die Küche. Rosamund schloss die Augen und lehnte sich an die Wand. Blut. Da war Blut auf meiner Hand. Davon hatte Zephyrs Geist gesprochen. Und schon – Simsalabim – roch und sah Rosamund Blut. Sie wollte so gern glauben, dass das alles Einbildung war, aber es fiel ihr schwer.
    »Hilf mir«, wisperte sie. »Wer auch immer du bist, hilf mir dabei, alles zu verstehen.«
    War es nur Einbildung oder durchzog mit einem Mal ein betäubender Hauch von Geißblattduft den Flur?
    ***
    Die Nacht war klar und kalt. Durch die rautenförmigen Scheiben fiel das Mondlicht in verzerrten Bahnen auf den Dachboden und alles, was dort herumstand. Alice und Bertie kauerten sich an der gewohnten Stelle eng zusammen. Der ausgestopfte Pfau stand Wache. Bertie öffnete seine Schatztruhe und betrachtete jedes einzelne Stück darin, als ob es einem Fremden gehörte. Alice hatte zwei Stücke Früchtekuchen und ein Stück Karamell, dass sie in einem Krug in der Speisekammer entdeckt hatte, in eine Serviette gewickelt und mitgebracht. Sie aßen den Kuchen und zerbrachen dann das Karamell mit Hilfe einer Eisenkanne. Der Schlag durchbrach kurz die Stille. Sie teilten sich die Karamellstückchen und schoben sich gleich ein paar davon in den Mund.
    »Macht ihr das in der Schule auch?«, fragte Alice mit vollem Mund.
    Bertie verging das Lächeln. »Nein.«
    »Ich würde so gern …«
    »Sprich nicht über die Schule«, bat er. »Ich will nicht daran erinnert werden.«
    Alice wollte nur zu gern erfahren, was vorgefallen war, aber der flehende Ausdruck in seinen Augen hinter der Brille hielt sie von weiteren Fragen ab. »Ist in Ordnung, Bertie. Ich frage nicht mehr.«
    Sie schwiegen. Die einzigen Laute, die die Stille durchbrachen, waren das Krachen des Karamells zwischen ihren Zähnen und das Ächzen des alten Hauses.
    ***
    Gary saß in der Küche, als Rosamund nach einem Bad herunterkam. Als er aufstand, war sie froh, dass sie sich für ihren schwarzen Rock und die rote Bluse entschieden hatte. Der Farbkontrast stand ihr ausgezeichnet. Nach den Neuigkeiten von Graham Peel-Johnson wollte sie sich gut fühlen und gut aussehen.
    Gary hatte sich auch herausgeputzt. Er trug beigefarbene Freizeithosen und ein blau kariertes Hemd, das die Farbe seiner Augen betonte. Er sah unter seiner Sonnenbräune ein wenig bleich aus und wollte offensichtlich nicht darüber sprechen, wie er sich bezüglich Colonsay fühlte.
    »Manchmal ist es besser, manchmal schlechter«, beantwortete er dann doch ihre unausgesprochene Frage. »Mal ist es morgens ganz gut und wird dann schlimmer. Heute ist es nicht so arg.«
    »Macht sich das körperlich bemerkbar?«, fragte Rosamund neugierig. »Ich meine, kannst du irgendetwas um dich herum spüren?«
    »Eine unsichtbare Mauer? Nein. Es ist nicht so, als ob mich etwas berühren würde, sondern es geschieht mehr auf der Gefühlsebene.« Er zuckte mit den Schultern. »Oder geistig. Ein Gefühl überwältigender Verzweiflung, das wie eine Welle über mich hinwegschwappt. Bist du je in eine große, brechende Welle geraten? Hast um Luft gerungen und dich gefragt, ob du jemals wieder an die Wasseroberfläche kommen würdest? Manchmal ist es auch ein Gefühl der Wut, aber die Verzweiflung finde ich schlimmer. Wenn ich mich zu lange in diesem Haus aufhalten würde, wäre ich bestimmt selbstmordgefährdet.«
    Er lachte kurz auf, nachdem er das gesagt hatte, aber es war ihm ernst damit. Seine Enthüllungen

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