Der Flug der Adler
hören. Ich
möchte Sie bei der Gelegenheit auch daran erinnern, daß Sie
ebenfalls für recht geringfügige Dienste für das Reich
gut bezahlt wurden. Verlieren Sie also keine Zeit.«
»Natürlich nicht. Sie können sich auf mich verlassen.«
Rodrigues hatte es eilig, zur
Tür zu kommen. Als er sie öffnete, sagte Hartmann noch:
»Ich weiß alles über Sie, Rodrigues. Was mich angeht,
so sind Ihre sexuellen Vorlieben Ihre Privatsache, aber Sie sollten
nicht vergessen, daß Homosexualität im Dritten Reich ein
Verbrechen darstellt, das mit Arbeitslager bestraft wird.«
Rodrigues erzitterte. »Ja, Herr Sturmbannführer.«
»Allerdings, wenn Sie schön brav sind …« Hartmann zuckte die Achseln.
»Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Sturmbannführer.«
»Gut. Hübsche Villa, die
Sie Ihren Eltern da in Estoril gekauft haben. Bestimmt genießen
sie ihren Ruhestand. Wäre zu schade, wenn man sie stören
müßte.« Er lächelte kühl. »Ich habe
einen langen Arm, mein Lieber. Und jetzt raus.«
Rodrigues trat ab.
»Manchmal kenne ich Sie kaum wieder«, sagte Trudi.
»Manchmal kenne ich mich selb
st kaum wieder, meine Gute, aber wenn ich nicht so hart gewesen
wäre, würde er jetzt nicht Blut und Wasser schwitzen. Es ist
alles Schauspielerei, Trudi, in dieser wundervollen Aufführung,
die wir das Dritte Reich nennen.«
Er wandte sich um und ging in sein Büro zurück.
Später am Abend begleitete er
Himmler auf einen Empfang im Ballsaal des Hotel Adlon. Der Führer
hielt Hof, und seine Entourage scharwenzelte um ihn herum. Joseph
Goebbels war da, Reichspropagandaminister und Organisator des totalen
Krieges, Admiral Wilhelm Canaris, Chef der Abwehr, und der
Reichsaußenminister von Ribbentrop.
»Nur Göring, dieser
blöde Fettsack, scheint zu fehlen«, bemerkte Himmler bissig,
und zu Hartmanns großem Bedauern winkte er einem Kellner mit
einem Tablett Champagnergläser ab. »Nach dem Versagen seiner
Kampfpiloten über England hat er allerdings auch allen Grund, sich
zu verstecken.«
Hartmann war stocksauer, hielt jedoch
an sich und zündete sich zur Beruhigung eine Zigarette an,
wußte er doch, daß Himmler das Rauchen haßte wie die
Pest. Doch dann, noch bevor Himmler etwas sagen konnte, betrat
Göring die Szene.
»Die Frau an seinem Arm«, sagte Himmler. »Ist das nicht die Baronin von Halder?«
»Ich glaube wohl«, sagte Hartmann.
»Ist sie seine Mätresse?«
»Nach meinen Informatio nen nicht, Reichsführer.«
»Sie war mit einem Amerikaner verheiratet, nicht wahr?«
»Ist vor Jahren gestorben.«
»Interessant. Ebenso wie ihre Brillanten. Wie kommt sie zurecht?«
»Der Vater ihres verstorbenen
Mannes ist ein amerikanischer Senator, Multimillionär. Er hat in
Schweden für sie ein Treuhandvermögen eingerichtet. Sie
erhält von dort erhebliche Summen.«
»Sie sind ausgesprochen gut informiert.«
»Wir haben eine Akte über sie.«
»Und wer sind die beiden Luftwaffen-Offiziere da bei Göring?«
»Der im weißen Jackett
ist Major Adolf Galland, der Mann mit der höchsten
Abschußrate während der Luftschlacht um England – die
Gegenseite mit eingeschlossen.«
»Und der Hauptmann?«
»Baron von Halder, ihr Sohn. Sie nennen ihn den Schwarzen Baron.«
»Wie pathetisch.«
»Ein genialer Flieger. Spanien,
Polen. Er hat dort zwanzig Abschüsse verbuchen können, und
neunundzwanzig über dem Ärmelkanal. Im letzten September hat
er das Ritterkreuz erhalten. Er gehört zu denen, die immer noch
gegen London fliegen. Bis einschließlich letzte Woche gingen
insgesamt sechzig Abschüsse auf sein Konto.«
»Eindrucksvoll. Mögen Sie den Mann?«
»Wir sind vor meinem Absturz eine Zeitlang zusammen geflogen.«
»Freunde also?«
Hartmann zuckte die Achseln. »In gewisser Weise, aber Max Kelso ist ein seltsamer Mann. Unnahbar.«
»Kelso?«
»Der Name seines Vaters. Und
noch etwas. Er hat einen Zwillingsbruder – der für die
Briten fliegt.«
»Gütiger Gott.«
Himmler runzelte die Stirn. »Tatsächlich?« Er blickte
einen Moment lang ganz starr durchs Zimmer. »Sorgen Sie
dafür, daß die Halder-Akte geöffnet bleibt. Irgend
etwas an der Sache schmeckt mir nicht.«
Im gleichen Moment bat Göring um allgemeine
Ruhe und wandte sich an Hitler. »Mein Führer, Sie haben
Major Galland zweimal ausgezeichnet und Sie sind gut bekannt mit der
Baronin von Halder. Ihr Sohn hier, Baron von Halder, erhielt von mir in
Frankreich während der
Weitere Kostenlose Bücher