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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Böhm begleiten. Ich kannte Böhm schon ein bißchen als ziemlich effizienten Burschen, nur mit einer Macke er spielte den Saubermann. Er wollte sich die Hände nicht schmutzig machen - dabei steckte er bis zum Hals in Kaffee- und Diamantenintrigen. In dem Jahr hatte Böhm eine Diamantenader jenseits von M’Baiki entdeckt.«
    »Entdeckt?« fragte ich überrascht.
    »Jawohl. Böhm hatte im Urwald ein paar Dörfler erwischt, die prachtvolle Diamanten aus den Sümpfen wuschen. Er holte sich einen Geologen, den er kannte, einen Südafrikaner, erstens um sicherzugehen und zweitens um den professionellen Abbau zu organisieren. Böhm war schon anständig, aber Bokassa traute ihm nicht. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, daß der Schweizer ihn übers Ohr hauen wollte, und deswegen beauftragte er mich mit der Leitung der Expedition. Böhm und der Geologe - ein Bursche namens van Dötten -, und Böhms Sprößling war auch dabei.«
    »Die Expedition PR 154.«
    »Exakt.«
    »Und weiter?«
    »Es lief alles wie geplant. Wir gingen in den Süden, jenseits der SCAD. Zu Fuß, durch Regen und Schlamm, mit einem Dutzend Trägern. Wir kamen zu der Ader. Böhm und die Schwuchtel machten ihre Untersuchungen.« »Die Schwuchtel?«
    »Der Homosexuelle, wenn du’s so besser verstehst. Der Südafrikaner war stockschwul und stand auf die schwarzen Ärsche der kleinen Arbeiter ... Soll ich’s dir aufzeichnen, du Naivling?«
    »Red weiter.«
    »Die beiden waren ein paar Tage beschäftigt mit Orten, Auswaschen, Analysieren. Böhms erste Vermutungen wurden bestätigt. Die Ader war randvoll mit Diamanten. Und zwar Diamanten von außergewöhnlicher Qualität. Klein, aber absolut rein. Van Dötten sagte sogar einen unglaublichen Ertrag voraus. An dem Abend tranken wir auf das Wohl der Mine und auf unseren Gewinn. Da erschien aus dem Nichts ein Pygmäe und brachte eine Botschaft für Max Böhm. So ist das im Urwald. Die Aka sind die Briefträger. Jedenfalls liest der Schweizer den Brief und fällt rückwärts in den Dreck. Aufgeblasen wie ein Luftschlauch. Herzinfarkt. Er war am Abkratzen. Van Dötten stürzt sich auf ihn, reißt ihm das Hemd auf und massiert ihm die Brust. Während ich das Blatt Papier aufhob. Es war die Nachricht vom Tod seiner Gattin. Der Knabe hat gleich kapiert, was los war, und fängt an zu heulen wie ein Schloßhund - na ja, er war ja ein Kind. Er hatte hier nichts zu suchen, in den Mückenschwärmen und den Sümpfen voller Blutegel.
    Wie auch immer, es hat uns eine gewisse Panik erfaßt. Du mußt dir vorstellen, Kerl, wo wir waren. Drei Tagesmärsche von der SCAD entfernt, vier von M’Baiki. Aber sowieso konnte nichts und niemand diesen Böhm retten, er war zum Tod verurteilt. Das war mir klar, und ich hatte nur noch eins im Sinn: aus diesem Scheißwald abzuhauen und freien Himmel über mir zu haben. Die Träger bastelten eine Bahre, wir packten unsere Sachen. Aber Böhm kam wieder zu sich und sah die Sache anders. Er wollte, daß wir nach Süden runtermarschieren, weil es jenseits der Grenze, im Kongo, eine Klinik gäbe. Und einen Arzt. Einen Wunderheiler, den einzigen auf der Welt, der ihm helfen könnte. Er weinte, er schrie, er wollte nicht sterben. Sein Sohn war auf seiner Seite, van Dötten beschwerte sich. Mir war das alles zu blöd, ich wollte abhauen und sie sitzenlassen, wo sie waren, aber die Träger waren schneller als ich und hatten sich schon aus dem Staub gemacht.
    Kurz, ich hatte leider keine Wahl. Man mußte diese Bahre schleppen und diesen Sohn zur Vernunft bringen, der nach seiner Mama heulte. Dem Vater verpaßten wir Medikamente, und dann machten wir uns auf den Weg: ich, van Dötten und die beiden Böhms. Ein Trupp von Desperados. Aber das Verrückteste ist, daß wir nach sechs oder sieben Stunden Marsch tatsächlich eine Klinik fanden. Unglaublich! Eine Riesenanlage mitten im Urwald. Mit eigenem Labor und lauter eifrigen Negern in weißen Kitteln! Ich hatte gleich den Verdacht, daß da irgendwas faul war. Daß da irgendein Hund drin war. Und der zeigte sich bald. Ein baumlanger Kerl um die Vierzig, ziemlich gutaussehend, und du denkst, du siehst nicht richtig. Kommt da mitten im finstersten Urwald ein piekfeiner Bursche mit Krösusallüren daher und fragt beiläufig: >Was ist los?<«
    Unter meinen Schläfen schwoll ein dumpfes Dröhnen an, ein Bohren, das mit der wachsenden Anspannung meiner Nerven zunahm. Zum erstenmal hörte ich von diesem Arzt. »Wer war das?« fragte ich.
    »Weiß ich nicht.

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