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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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kommt und nicht irgendeinem luxuriösen Geschäftssitz. Unter anderem war diese Transparenz entscheidend für den Erfolg von Monde Unique. Heute gibt es Versorgungszentren auf der ganzen Welt - die Organisation
    beschäftigt eine regelrechte humanitäre Armee. Eine Autorität auf dem Gebiet.«
    In der Leitung fing es an zu krachen. »Können Sie mir eine Liste sämtlicher Zentren weltweit zusammenstellen?« rief ich über das Rauschen hinweg.
    »Sicher, aber ich verstehe nicht ...«
    »Und eine Liste der Mitglieder des Clubs?«
    »Sie verrennen sich, Louis. Pierre Doisneau ist eine Berühmtheit. Letztes Jahr ist er knapp am Nobelpreis vorbeigegangen und .«
    »Würden Sie das für mich tun?«
    »Ich kann’s versuchen.«
    Erneut unterbrach uns eine Störung in der Leitung.
    »Ich verlasse mich auf Sie, Hervé. Ich rufe Sie morgen oder übermorgen wieder an.«
    »Wo kann ich Sie erreichen?«
    »Ich melde mich bei Ihnen«, sagte ich und legte auf.
    Dumaz war offenbar ratlos. Ich hob erneut den Hörer ab und rief Wagner an, der erfreut war, von mir zu hören.
    »Wo sind Sie?« rief er.
    »In Israel.«
    »Sehr gut. Haben Sie die Störche gesehen?«
    »Ich warte hier auf sie, in Bet She’an. Ihre Route führt hier vorbei.«
    »An den fishponds?«
    »Genau.«
    »Haben Sie sie in der Türkei gesehen, am Bosporus?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sie’s waren. Ich habe zwar Störche bei der Überquerung der Meerenge beobachtet, und es war ganz phantastisch. Aber ich kann jetzt nicht lang sprechen, Ulrich. Haben Sie neue Angaben?«
    »Sie liegen direkt vor mir.«
    »Na, dann los.« »Die Gruppe an der Spitze hat gestern Damaskus passiert und ist auf dem Weg nach Bet She’an. Ich denke, Sie werden sie morgen sehen.«
    Ulrich gab mir weitere Daten durch, die ich mir notierte.
    »Und die aus dem Westen?«
    »Einen Augenblick ... Die schnellsten überqueren zur Zeit die Sahara. Bald sind sie in Mali, im Nigerdelta.«
    Ich notierte mir auch diese Information. »Sehr gut«, sagte ich abschließend. »Vielen Dank. Ich rufe Sie in zwei Tagen wieder an.«
    »Wo sind Sie, Louis? Wir könnten Ihnen vielleicht ein Fax schicken - wir haben mit ein paar Statistiken angefangen, die .«
    »Tut mir leid, Ulrich. Hier gibt es kein Fax.«
    »Sie klingen irgendwie komisch. Ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens. Ich bin froh, daß ich mit Ihnen sprechen konnte.«
    Schließlich rief ich noch Josse Lenfeld an, den Direktor der Nature Protection Society. Josse sprach Englisch mit kunstvollem Akzent und schrie so laut, daß der Apparat vibrierte. Mir schwante, daß auch dieser Ornithologe ein Unikum war. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen um halb neun am Flughafen Ben-Gurion.
    Ich stand auf, aß in der Küche ein paar Pitas und nahm mir dann Idos Storchenklinik im Garten vor. Er hatte keinerlei Notizen, Statistiken oder Informationen hinterlassen - nur seine Instrumente und Verbandsmaterial von der Art, wie ich es schon bei Böhm gesehen hatte.
    Statt dessen fand ich die Waschmaschine. Während sich die Trommel mit meinen gesamten Kleidern drehte, setzte ich in aller Ruhe meine kleine Durchsuchung fort, aber ich fand nichts weiter als einen Haufen alter, federnverklebter Verbände. Es war eindeutig kein fruchtbarer Tag. Aber im Moment hatte ich ohnehin nur einen Wunsch: Sarah wiederzusehen. Eine Stunde später, als ich meine gewaschenen Kleider in die Sonne hängte, tauchte sie zwischen zwei Hemden auf.
    »Fertig mit der Arbeit?« fragte ich.
    Statt einer Antwort zwinkerte Sarah mir zu und nahm mich am Arm.

20
     
    Durch das Fenster fiel das schwindende Licht des Tages herein. Mit schweißnassem Körper rückte Sarah von mir ab. Sie lag auf dem Rücken und starrte auf den Ventilator an der Zimmerdecke, der sich leise surrend drehte. Ihre Gliedmaßen waren lang und straff, die Haut dunkel, verbrannt und ausgedörrt von der Sonne. Bei jeder Bewegung sah man ihre Muskeln sich spannen - wie gehetzte Tiere, zum Angriff bereit.
    »Möchtest du Tee?«
    »Sehr gern«, antwortete ich.
    Sarah stand auf und ging in die Küche. Ihre Beine waren ein wenig krumm, auswärts gewölbt, und der Anblick erregte mich von neuem. Mein Verlangen nach ihr war unersättlich. Zwei Stunden der Umarmungen hatten nicht ausgereicht, um mich zu beschwichtigen. Dabei war es nicht Lust, die uns trieb, nicht einmal Behagen, sondern eine Alchimie der Körper, die sich anzogen und gegenseitig aufstachelten, dazu bestimmt, füreinander zu brennen. Für alle

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