Der Flug der Stoerche
Memorial Hospital eine Valvulotomie (Spaltung einer Herzklappe) vor, deren Verlauf zunächst befriedigend schien, aber am dritten Tag starb der Patient infolge eines Fehlers bei der Wiederbelebung nach der Narkose. Um seine Pläne zu verwirklichen, ging Bailey auf Wanderschaft und operierte fortan in Krankenhäusern, die seine Methoden akzeptierten. Am 10. Juni 1948 hatte er am selben Tag zwei Mitralstenosen (Verengung der Herzklappenöffnung) zu operieren. Der erste Patient starb noch während des Eingriffs an plötzlichem Herzstillstand. Charles Bailey begab sich daraufhin eiligst in die andere Klinik, ehe der neuerliche Mißerfolg bekannt wurde, um nicht an der zweiten Operation gehindert zu werden. Und nun geschah das Wunder: der zweite Eingriff gelang. Damit war endlich die Herzklappenchirurgie geboren .<
Die nächsten Etappen des medizinischen Fortschritts überflog ich und ging statt dessen gleich zu den ersten Herztransplantationen über:
>... Einer hartnäckigen Legende zum Trotz war der südafrikanische Chirurg Christiaan Barnard, der am 3. Dezember 1967 eine Herztransplantation bei einem Menschen versuchte, nicht der erste auf diesem Gebiet: schon vor ihm, im Januar 1960, hatte der französische Chirurg Pierre Senicier einem achtundsechzigjährigen Patienten im letzten Stadium einer irreversiblen Herzinsuffizienz ein Schimpansenherz eingepflanzt. Die Operation gelang, aber das implantierte Herz überlebte nur wenige Stunden .<
Ich blätterte weiter und las:
>. Einer der wichtigsten Meilensteine in der Herzchirugie ist nach wie vor die Transplantation, die Professor Christiaan Barnard 1967 in Kapstadt durchführte. Die dabei angewandte Technik, die bald darauf in den Vereinigten Staaten, in England und Frankreich aufgegriffen wurde, geht auf eine Erfindung des amerikanischen Professors Shumway zurück: die sogenannte Shumway-Methode .
. Der Patient Louis Washkansky war fünfundfünfzig Jahre alt. Innerhalb von sieben Jahren hatte er drei Myokardinfarkte erlitten, von welchen der letzte zur endgültigen Herzinsuffizienz führte. Den ganzen November 1967 hindurch wurde ein Team aus dreißig Chirurgen, Anästhesisten, Internisten und Technikern im Groote-Schuur-Krankenhaus in Kapstadt in ständiger Bereitschaft gehalten, in Erwartung der Operation, deren Tag und Stunde Professor Christiaan Barnard festsetzen würde. Die Entscheidung fiel in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember: eine fünfundzwanzigjährige Frau war bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ihr Herz sollte das unbrauchbare Herz von Louis Washkansky ersetzen. Dieser überlebte drei Wochen, erlag jedoch einer Lungenentzündung. Die große Menge immunsuppressiver Medikamente, die ihm verabreicht worden waren, um die Abstoßung des Transplantats zu verhindern, hatte sein Abwehrsystem derart geschwächt, daß es mit einer Infektion nicht mehr fertig wurde .. .<
Die Vorstellung von aufgeschnittenen Körpern, bloßgelegten und manipulierten Organen verursachte mir Übelkeit. Aber mir war klar, daß irgendwo in diesem historischen Abriß auch Max Böhm einen Platz einnahm. Von 1969 bis 1972 hatte der Schweizer in Südafrika gearbeitet - ich dachte mir bereits phantastische Erklärungen für seine Transplantation aus: vielleicht hatte er in Kapstadt Christiaan Barnard oder einen seiner Mitarbeiter kennengelernt; vielleicht war er nach seinem Infarkt im Jahr 1977 dorthin zurückgekehrt, um sich ein spezielles Herz implantieren zu lassen; oder vielleicht wußte er
- aus irgendeinem mir unbekannten Grund -, daß einer dieser Ärzte, die in der Lage waren, solche Operationen vorzunehmen, sich 1977 im Kongo aufhielt. Aber ich verwarf meine Modelle bald wieder, sie waren zu unglaubwürdig. Und sie erklärten nicht das >Wunder< von Böhms außergewöhnlich guter Toleranz gegenüber dem Fremdorgan.
Ich fand einen Abschnitt, in dem von Abstoßungsreaktionen die Rede war:
>... Die operationstechnischen Probleme bei der Herzchirurgie sind gelöst; die noch bestehenden Schwierigkeiten sind immunologischer Natur. Tatsächlich wird, außer in dem höchst ungewöhnlichen Fall eineiiger Zwillinge, das Organ des Spenders, selbst wenn er ein Verwandter ist, vom Immunsystem des Empfängers stets als Fremdkörper, als >Nichtselbst< erkannt und je nach dem Grad der Übereinstimmung, beziehungsweise Fremdheit des transplantierten Gewebes unterschiedlich stark abgestoßen. Es ist daher immer erforderlich, dem Empfänger immunsuppressive Medikamente zu
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