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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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sonst eine Spezialausrüstung. Wir besitzen zwar einen Helikopter, der regelmäßig zwischen Bangui und den Minen hin- und herpendelt. Aber den können wir natürlich nicht eigens für Sie bereitstellen.«
    Ein schiefes Lächeln stahl sich auf seine Lippen wie ein Aal, der ins trübe Wasser gleitet.
    »Außerdem brauchen Sie nicht mehr mit uns zu rechnen, wenn Sie erst einmal im Wald sind. In den Minen wird hart gearbeitet. Und Clement, der Werkmeister, ist leicht senil. Und was Kiefer angeht, so habe ich Sie gewarnt: kommen Sie bloß nicht in seine Nähe. Also machen Sie einen Bogen um unseren Betrieb und gehen statt dessen zur Mission.«
    »Zur Mission?«
    »Ein Stück weiter im Wald hat eine elsässische Nonne eine Missionsstation eingerichtet, eine Klinik mit Schule. Sie behandelt kranke Pygmäen und unterrichtet die Kinder.«
    »Lebt Sie allein dort?«
    »Ja. Einmal im Monat kommt sie nach Bangui, um die Verproviantierung zu überwachen - ihr erlauben wir, unseren Helikopter zu benutzen. Dann verschwindet sie wieder samt ihren Trägern für einen Monat. Wenn Sie Ruhe suchen, sind Sie dort bestens beraten. Einen abgeschiedeneren Ort gibt es nicht. Schwester Pascale wird ihnen die interessantesten Aka- Lager zeigen. Sagt Ihnen das zu?«
    Undurchdringlicher Urwald, eine Nonne, die von den Pygmäen beschützt wird, und im Herzen der Finsternis Kiefer: der Irrsinn Afrikas griff allmählich auch auf mich über.
    »Ja, vielen Dank. Eine letzte Bitte hätte ich noch.«
    »Ich höre.«
    »Könnten Sie mir 45er Munition für eine Automatikpistole besorgen?«
    Mein Gesprächspartner warf mir von unten einen schrägen Blick zu, wie um meine wahren Absichten zu ergründen. Dann sah er Gabriel an und sagte: »Überhaupt kein Problem.«
    Mit beiden Handflächen schlug er auf den Tisch und wandte sich an den Schwarzen. »Gabriel«, sagte er, »hast du alles verstanden? Du wirst Herrn Antioche bis zum Waldrand bringen. Dann bittest du deinen Vetter, ihn bis zur Mission zu begleiten.«
    Gabriel nickte; die ganze Zeit über hatte er mich nicht aus den Augen gelassen. Bonafe sprach mit ihm wie ein Lehrer zu seinem Schüler, aber Gabriel machte das nichts aus, er schien in der Lage zu sein, uns im Handumdrehen übers Ohr zu hauen. Ohne jede Mühe, mit einem geistigen Nasenstüber sozusagen: während wir wie betäubt dasaßen, schwebte sein Verstand wie ein schlaues Insekt über der erdrückenden Hitze. Ich dankte Bonafe und brachte die Sprache noch einmal auf Kiefer: »Sagen Sie, ist das nicht eine merkwürdige Idee von Ihrem Direktor, sich mitten in diesem Pfuhl niederzulassen?«
    Wieder grinste Bonafe. »Das kommt auf die Sichtweise an. Die Diamantenförderung setzt allerstrengste Überwachung voraus. Und Kiefer ist durchaus in der Lage, alles zu wissen und alles zu leiten.«
    Ich wagte noch eine Frage: »Haben Sie Max Böhm gekannt?«
    »Den Schweizer? Nein, nicht persönlich. Als ich 1980 herkam, war er schon fort. Er hat vor Kiefer die Sicamine geleitet. Ein Bekannter von Ihnen? Verzeihen Sie, aber nach allgemeinem Dafürhalten war Böhm noch schlimmer als Kiefer. Und das will was heißen.« Er zuckte die Achseln. »Was wollen Sie, mein Freund - Afrika macht den Menschen grausam.«
    »Warum hat Max Böhm Afrika verlassen?«
    »Davon weiß ich nichts. Ich glaube, er hatte gesundheitliche Probleme. Oder Probleme mit Bokassa. Oder beides. Wirklich, ich weiß es nicht.«
    »Glauben Sie, daß Herr Kiefer mit Böhm in Kontakt geblieben ist?«
    Diese letzte Frage war offenbar zuviel. Bonafe fixierte mich mit starren Pupillen, jedes Auge schien sich auf den Kern meiner Gedanken zu konzentrieren. Er antwortete nichts. Ich lächelte ihn widerstrebend an und stand auf. Bonafe begleitete mich zur Tür, und an der Schwelle klopfte er mir auf die Schulter. »Denken Sie dran, mein Freund, kein Wort zu Kiefer«, schärfte er mir noch einmal ein.
    Ich versuchte, mich im Schatten der großen Bäume zu halten. Die Sonne stand hoch am Himmel, stellenweise war der Schlamm bereits getrocknet und schwirrte als Staub in der Luft wie rotes Farbpulver. Die schweren Baumwipfel wogten leise rauschend im Wind.
    Auf einmal legte sich eine Hand auf meine Schulter, und ich drehte mich um. Gabriel stand vor mir und grinste über sein ganzes breites Gesicht. Mit seiner tiefen Stimme sagte er: »Chef, du interessierst dich für die Pygmäen wie ich mich für Kaktusse. Aber ich weiß einen, der dir was von Max Böhm und Otto Kiefer erzählen kann.«
    Mir klopfte

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