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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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und die gegen Chinin äußerst resistent sind, oder das Tropenfieber, das einem sämtliche Knochen aufweicht. Es gibt Sandmücken, deren Stiche riesige, juckende Geschwüre verursachen, die Ameisen, die alles vernichten, was auf ihrem Weg liegt, die Fadenwürmer, die einem ihre Larven in den Adern absetzen, bis sie völlig verstopft sind. Und tausend andere Scheußlichkeiten - zähe Viecher wie zum Beispiel die Sandflöhe, die einem die Zehennägel auffressen, oder die blutsaugenden Vampirfliegen. Oder diese sehr speziellen Würmer, die im menschlichen Fleisch wachsen. Ich hatte mehrere davon im Kopf. Ich hörte, wie sie unter meiner Kopfhaut gruben und schabten, wie sie sich vorwärts arbeiteten, mitten durch mein Hirn! Es ist auch nichts Außergewöhnliches, wenn Sie bei einem Menschen, mit dem Sie sich unterhalten, auf einmal mit bloßem Auge diese Würmer unter seinen Lidern entdecken.« Bonafe lachte. Er schien erstaunt aber seine eigenen Ausführungen. »Es stimmt schon, der Wald ist ziemlich gefährlich. Aber das sind alles nur Unfälle, Ausnahmen. Machen Sie sich keine Sorgen. Der Busch ist wunderbar, Monsieur Antioche. Wunderbar ...«
    Bonafe hob den Telefonhörer ab und redete eine Weile auf Sango. Dann fragte er mich: »Wann wollen Sie aufbrechen?«
    »Sobald wie möglich.«
    »Haben Sie Ihre Genehmigung dabei?«
    »Was für eine Genehmigung?«
    Seine Augen wurden groß und rund. Dann brach er in neuerliches Gelächter aus und wiederholte hysterisch, in die Hände klatschend: »Welche Genehmigung?« Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Er zog ein seidenes Taschentuch hervor und lachte in kleinen Schluchzern vor sich hin. Dann erklärte er: »Ohne Genehmigung des Ministeriums werden Sie sich hier nicht von der Stelle rühren, das sage ich Ihnen. Das winzigste Dorf, der abgelegenste Urwaldpfad werden von Polizeiposten kontrolliert. Was wollen Sie! Wir sind in Afrika, und wir haben immer noch eine Militärregierung. Außerdem kam es vor kurzem zu Unruhen, zu Streiks. Sie müssen beim Ministerium für Information und Kommunikation eine Genehmigung einholen.«
    »Wie lang wird das dauern?«
    »Mindestens drei Tage, fürchte ich. Zumal Sie Ihren Antrag nicht vor Montag stellen können. Ich kann mich allerdings beim Minister für Sie verwenden. Er ist ein Mulatte, ein Freund.« Bonafe sagte dies, als stünden die beiden Begriffe in kausalem Zusammenhang. »Wir werden versuchen, die Prozedur zu beschleunigen. Aber ich brauche zwei Paßfotos von Ihnen sowie Ihren Paß.«
    Widerwillig gab ich ihm, was er verlangte; glücklicherweise hatte ich zwei Fotos, ursprünglich vorgesehen für ein Visum für den Sudan, das ich jetzt nicht mehr brauchte.
    »Sobald Sie das Papier haben .«
    Es klopfte an der Tür. Ein massiger Schwarzer trat ein, mit rundem Gesicht, platter Nase und hervortretenden Kugelaugen. Seine Haut wirkte wie Leder. Er war um die Dreißig und trug einen Burnus, in dem Blau vorherrschte.
    »Gabriel«, sagte Bonafe, »das ist Louis Antioche, ein Journalist aus Frankreich. Er möchte in den Busch gehen, um eine Reportage über die Pygmäen zu machen. Ich denke, du kannst ihm dabei helfen.«
    Gabriel sah mich starr an, während Bonafe sich wieder an mich wandte: »Gabriel stammt aus Lobaye. Seine ganze Familie lebt am Rand des Waldes.«
    Der Neger musterte mich unentwegt aus seinen hervorquellenden Augen, ein leises Lächeln in den Mundwinkeln. Bonafe fuhr fort: »Gabriel wird Ihre Papiere zum Ministerium bringen; dort arbeitet einer seiner Vettern. Sobald Sie Ihre Genehmigung haben, stelle ich Ihnen einen Geländewagen zur Verfügung.«
    »Das ist sehr freundlich, vielen Dank.«
    »Danken Sie mir nicht. Der Wagen wird Ihnen nicht viel helfen. Dreißig Kilometer hinter M’Baiki fängt der Dschungel an. Da gibt es keine Piste mehr.«
    »Und was ist dann?«
    »Sie müssen zu Fuß weiter bis zu unserem Betrieb. Rechnen Sie mit etwa vier Tagen Marsch.«
    »Sie haben keine Straßen angelegt?«
    »Straßen!« lachte Bonafe glucksend und wiederholte, an den Schwarzen gewandt: »Straßen, Gabriel! Mein Herr, Sie sind ein Komiker«, sagte er zu mir. »Sie haben keine Ahnung, worauf Sie sich einlassen. Die Vegetation im Regenwald braucht bloß ein paar Wochen, um selbst die breiteste Piste zu überwuchern. Wir haben’s schon lang aufgegeben, in dieses Chaos aus Lianen Pfade schlagen zu wollen. Im übrigen sind Diamanten, falls Sie das nicht wissen sollten, eine ziemlich leichte Fracht. Man braucht weder Lastwagen noch

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