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Der Flug des Falken

Der Flug des Falken

Titel: Der Flug des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Milan
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in der Regel eine über jeden Zweifel erhabene Loyalität ihrem Haus gegenüber erwartet wurde. Doch sie waren selbst professionell genug, einen wahren Künstler zu erkennen.
    Es war ein mögliches Sicherheitsrisiko, seine Visitenkarte zu hinterlassen, aber entweder würde es dem Mann auf dem Motorrad gelingen, den Planeten und den Kurita-Raum zu verlassen oder nicht, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Karte dabei irgendeine Rolle spielte, schien verschwindend gering. Außerdem, und das war das Wichtigste, war seine Mission erfüllt. Indem er einen Großteil der kompetenteren CompuTechs auf Shionoha belastet hatte, hatte er die Invasionspläne der Draconier um Monate zurückgeworfen. Warum es seine Auftraggeber interessierte, ob Haus Kurita die Republik überfiel oder nicht, konnte ihm gleich sein - und das war es ihm auch. Seine persönliche Vermutung war, dass sie einen Machtzuwachs des Kombinats verhindern wollten.
    Und selbst wenn die ISA irgendwann die Bedeutung der Karte erkennen sollte und sie nicht für einen dummen Scherz hielt, konnte es ihre Paranoia und Verunsicherung nur noch verschärfen und zu weiterer Unruhe führen, wenn sich der draconische Geheimdienst darüber klar wurde, dass der Herzbube das Kombinatsmilitär infiltriert hatte, jener legendäre
    -    oder doch nur mythische? - LNC-Agent. Das war eine Entwicklung, die den Mann, der sich hinter diesem Namen verbarg, und Haus Steiner, dem er ungern und doch nach Kräften diente, nur weiter anspornen konnte.
    Ein alter Mann in einem ausladenden Reisstrohhut, mit einem zerzausten, angegrauten blonden Schnurrbart und einer weißen Ente in einem Bambuskäfig auf der Schulter, stand neben dem Hinterreifen des Motorrads und schimpfte lauthals in Vulgärjapanisch auf ihn ein.
    Der Herzbube lächelte ihn an und nickte. Dann ließ er den schweren V-Motor seiner Maschine aufheulen
    -    und mit quietschenden Breitreifen fuhr er weiter.
    Hotel Savonarola, Florenz, Südliches Europa, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
    4. März 3134
    Tara Campbell, Gräfin und Präfektin von Northwind, warf sich bäuchlings auf das Hotelbett.
    »Ich fühle mich wie ein Vogel im goldenen Käfig«, stellte sie fest, griff nach der Fernbedienung und schaltete das Holovid ein.
    Wie zur Bestätigung ihrer Einschätzung erschien ihr eigenes Bild, von den Schultern aufwärts: stachelig weißblondes Haar, nussbraune Augen, ein stups-nasiges Gesicht, wie geschaffen für Titelseiten, große silberne Ohrringe und ein schulterfreies Oberteil, das aussah wie ein weißes T-Shirt, dessen Kragen und Schulterpartie man abgerissen hatte. Die Kamera zeigte sie von vorne, aus einer deutlich höheren Position.
    »Die glamouröse Countess Northwind entspannte sich gestern Nacht von den Kräfte zehrenden Gesprächen mit dem Exarchen über die momentane Krisensituation in der Republik im Formio's, dem beliebtesten Club in ganz Florenz...«
    »Es zählen auch die in den hinteren Reihen, solange sie in den Propaganda-Trideos eine gute Figur machen«, erklärte ihre Adjutantin, Kapitänin Tara Bishop, und betrat das Zimmer hinter ihr. Sie war kräftiger gebaut als die Countess, was allerdings auch nicht allzu schwer fiel, nicht wirklich groß, aber fit.
    Mit einer Haarfarbe zwischen Dunkelblond und Braun und dunkelgrünen Augen wirkte sie im Vergleich zu Tara Campbell eher heimelig. Allerdings nur im Vergleich.
    Plötzlich blieb sie stehen, als sie das Bild ihrer Chefin sah. »Huh, Tara C, das nenne ich ein Dekolletee.«
    Seit ihrer Ernennung zur Adjutantin der Countess zwischen der ersten und zweiten Schlacht um Northwind gegen Anastasia Kerensky und ihre Stahlwölfe hatte sie sich als zuverlässige, effiziente und unentbehrliche Assistentin ebenso bewährt wie als schlagkräftige und furchtlose MechKriegerin. Und besonders in den Wochen, seit sie die Stahlwölfe auf den winterlichen Ebenen Russlands besiegt hatten, war sie darüber hinaus zu einer engen Freundin und Vertrauten der Gräfin geworden.
    »Klar, aus dem Winkel«, kommentierte Tara Campbell grimmig. »Da hätten sie die Kamera auch gleich in mein Oberteil stecken können.«
    »Lassen Sie sie das bloß nicht hören.«
    Tara Campbell schaltete den Ton ab, behielt die dreidimensionale Bildprojektion jedoch im Blick. Sie hoffte wider besseres Wissen, doch noch echte Nachrichten zu sehen, die Aufschluss über die Lage in der krisengeschüttelten Republik der Sphäre boten. Die Hyperpulskommunikation mit mehreren Systemen nahe Sol

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