Der Flug des Falken
war inzwischen wiederhergestellt, und täglich trafen Sprungschiffe im Solsystem ein: von anderen Welten der Republik, aus den Gebieten der Großen Häuser, selbst aus den Clan-
Besatzungszonen, auch wenn die Letzteren in jüngster Zeit selten geworden waren, was nichts Gutes versprach. Nicht, dass seit dem Angriff der Stahlwölfe irgendein Clanner auf Terra sonderlich willkommen gewesen wäre.
»Man sollte meinen, Tara B.«, bemerkte sie und wälzte sich auf den Rücken, »dass ich mir das Recht erworben hätte, etwas Handfestes zu leisten.«
Kapitänin Bishop setzte sich auf einen Stuhl am Tisch vor dem Fenster und nahm sich einen Apfel aus dem täglich frisch aufgefüllten Obstkorb. »Sie betrachten eine Durchhalte- und Aufmunterungstour nicht als einen handfesten Beitrag zu den Kriegsanstrengungen?«
Die Gräfin reagierte mit einem höchst unadligen Schnauben.
»Sie haben sich da einen gewaltigen Karrierefehltritt erlaubt, Tara C«, stellte Tara B. fest und biss in den
Apfel, bevor sie ihn durch die Luft schwenkte. »Sie haben öffentlich Recht gehabt, als ein mächtig wichtiger Mann ebenso öffentlich falsch lag.«
Nachdem sie hatten mit ansehen müssen, wie Anastasia Kerensky und deren Stahlwolf-Renegaten ihre Heimatwelt Northwind in der Präfektur III der Republik verwüstet hatten - unglaublicherweise unterstützt von einem verräterischen Paladin der Republik -, waren die beiden jungen Kriegerinnen mit allem, was sie in aller Eile als Entsatzstreitmacht hatten zusammenziehen können, auf Terra eingetroffen.
Tara Campbell wusste: Die bildhübsche, gefährliche und völlig verrückte Anastasia Kerensky war besessen davon, zu schaffen, woran die Clans bei allen bisherigen Versuchen gescheitert waren: die Eroberung Terras.
Auf Terra angekommen, waren die Northwind Highlanders praktisch unter Arrest gestellt worden, unter dem Verdacht der Kollaboration mit den Stahlwölfen! Und Paladin Ezekiel Crow, der Verräter von Northwind, hatte Exarch Daniel Redburn fest auf seiner Seite.
Paladin Jonah Levin hatte den Taras geholfen, die Wahrheit aufzudecken: Crow war ein Wiederholungstäter. Er hatte nicht nur Northwind verraten, er war auch der berüchtigte Verräter Liaos gewesen, der den Planeten 3111 einem brutalen Massaker durch Invasoren aus der Konföderation Capella ausgeliefert hatte. Gerade noch rechtzeitig war es ihnen gelungen, die Northwind Highlanders zu rehabilitieren. Und sie hatten sogar eine Schlüsselrolle bei der Abwehr der Stahlwolf-Invasion gespielt.
Tara Campbell, schon seit ihrer Kindheit ein Liebling der Medien, hatte eine Popularität wie nie zuvor erreicht: Auf allen Nachrichtensendern wurde sie die Retterin Terras genannt. Sie protestierte lautstark, ehrlich und wahrheitsgemäß, dass sie nur eine von vielen Rettern des Planeten gewesen war, aber natürlich hatte ihr niemand zugehört. Und Exarch Damien Redburn war gezwungen gewesen, zuzusehen und gnädig zu lächeln, während die terranischen Medien die kleinwüchsige junge Frau, die er öffentlich als hysterische Versagerin abgetan hatte, in den Himmel lobten.
Das war mit Sicherheit keine angenehme Erfahrung für den stolzen Herrscher einer interstellaren Supermacht gewesen.
»Ich weiß, ich bin dem Exarchen auf den Schlips getreten.« Sie setzte sich auf, zog die Beine an und legte die Arme um die Knie. »Aber wir sind die militärische Feuerwehr der Republik. Warum setzt er uns nicht gegen die Capellaner ein?« Der größte Teil der Northwind-Einheiten stand noch immer auf Terra, wenn auch inzwischen in komfortableren Unterkünften als dem eisigen Feld-/Straflager außerhalb von Belgorod, in das sie bei ihrer Ankunft verbannt worden waren.
Ihre Adjutantin runzelte die Stirn. »Möglicherweise hat der Exarch Angst, Sie könnten zu erfolgreich werden. Sie sind jetzt schon der beliebteste Mensch der Republik, wenn nicht der ganzen Inneren Sphäre. Vielleicht befürchtet er, Sie könnten antik-römische Ideen darüber entwickeln, wie die beste Lösung für die momentane Krisenkavalkade aussehen müsste.«
»Dann ist er ein noch größerer Trottel, als ich ohnehin schon glaube!«, brauste Tara auf. »Der Republik zu dienen ist mein Leben! Ich habe noch nie irgendetwas anderes getan oder gewollt. Es geht mir nicht um Macht, sondern ums Prinzip: um die Ideale Devlin Stones.«
»Erstaunlich, wie die Machtfülle die Sichtweise eines Menschen verändert. Ich bin zwar nur eine unterbezahlte kleine Soldatin, aber ich habe doch das
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