Der Flug des Falken
schwerer Zopf wie eine Schlange über ihre Schulter glitt. »Und wäre ich Khanin, so stünden sie unter noch größerer Kontrolle.«
Aleks sah erschreckt von Malvina zu Malthus und zurück. Die Sorge darüber, dass seine geliebte Ko-schwester eine derart verräterische Äußerung vor einem Mann wagte, der als Kreatur Khanin Jana Pry-des berühmt - wenn nicht berüchtigt - war, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Lass dir das heiße Blut nicht zu Kopfe steigen, Galaxiscommander Malvina Hazen«, bemerkte Malthus trocken, ohne eine Reaktion auf die schockierende Äußerung der jungen Frau zu zeigen. »Die Innere Sphäre verfügt über wahre Krieger. Es war nicht allein die Heimtücke und Feigheit der Wölfe, die unseren letzten Kreuzzug scheitern ließ. Und vergiss nicht, dass der Graben zwischen uns schmaler geworden ist, seit wir uns auf das Geschäft mit dem Teufel einließen.«
Diese letzten Worte klangen verbittert. >Das Geschäft mit dem Teufel< war in jüngster Zeit bei den radikalen Traditionalisten der Kreuzritterfaktion eine gern verwendete Redewendung für die Übereinkunft, die die Jadefalken, selbst die der Heimatwelten, mit der Republik der Sphäre geschlossen hatten. Sie beruhte auf einem für Jadefalken überaus seltenen Wortspiel: Dieselben fanatischen Traditionalisten nannten den verschwundenen Gründer der Republik Devil in Stone.
Malvina machte eine Drehbewegung mit der Hand, die andeutete, dass sie sich ihrem Vorgesetzten unterwarf, ohne allerdings dessen Einwand zuzustimmen.
»Unsere Mission lautet, die Bewohner der Inneren Sphäre zu beschützen«, erklärte Aleks jetzt leise und gelassen. »Selbst vor sich selbst. Das war die Vision des Gründers.«
»Aber sie bleiben minderwertig - bei allem Respekt, Beckett Malthus, selbst wenn sie gelegentlich einen hypothetischen Helden hervorbringen mögen. Die Tatsache bleibt doch bestehen, dass sie uns als Krieger, Mann oder Frau, nicht das Wasser reichen können. Ich weiß, du bist kein Chalcas, Aleksandr, ganz im Gegenteil sogar. Warum dann diese Schwäche für Freigeburten, deren Leben ebenso chaotisch und disziplinlos ist wie ihre Vermehrung?«
»Eben darum, Malvina«, antwortete er sanft. »Ja, wir Clanner sind ihnen überlegen. So wie wir Krieger unseren Arbeitern und Techs überlegen sind. Und diese Überlegenheit bringt noch etwas anderes mit sich: Verantwortung. Nicholas Kerensky, der Gründer, hat das eine erlassen, als er das andere aufbaute.«
»Davon abgesehen«, mischte sich Malthus in das Zwiegespräch ein und kam damit Malvina zuvor, deren vollkommenes Gesicht sich jetzt wütend verzog, »können wir uns alle ohne Zögern darauf einigen, dass Turkinas Interessen schwerer wiegen als die der Bewohner von Porrima - und ebenso, dass wir schnell einen Weg finden müssen, unsere internen Spannungen abzuleiten, bevor sie uns wie eine fehlerhafte Bre nn stoffzelle zerreißen, frapos?«
»Pos«, antwortete Malvina locker, als hätte sie nichts von dem auch nur berührt, was zuvor gesagt worden war.
Aleks zögerte. »Pos«, bestätigte er schließlich ebenfalls.
Malthus lächelte und nickte nachdrücklich. »Ausgezeichnet. Was den Überfall selbst betrifft...«
»Ich biete meinen ersten Sternhaufen«, warf Malvina ein.
»Neg«, erwiderte Malthus streng, obwohl er immer noch lächelte. »So sehr wir unsere Traditionen auch ehren, die Sitte des Batchall wurde schon lange, bevor einer von uns das Licht der Welt erblickte, ebenso durch Ausnahmen bestätigt wie durch seine Anwendung, unter uns Falken geradeso wie bei anderen Clans. Dies ist keine Mission, um die wir bitten, sondern eine militärische Notwendigkeit. Und es kann auch nicht schaden, uns daran zu erinnern, dass uns
Khanin Jana Pryde persönlich nachdrücklich eingeschärft hat, dass der Erfolg unserer Mission Vorrang vor allen anderen vorstellbaren Erwägungen hat.«
»Dann wirst du den Überfall wohl selbst anführen«, setzte die Kriegerin trotzig, beinahe beleidigt, an.
»Neg«, antwortete Malthus wieder. »Der junge Aleksandr wird den Überfall auf Porrima durchführen. Mit seiner kompletten Galaxis Zeta.«
Sie sprang auf und war nahe dran, selbst die Bodenhaftung zu verlieren. Ungläubig starrte sie ihn an. »Aber ich dachte...«
»Auf eine ebenso verworrene Weise wie eben noch dein Kobruder«, kommentierte Malthus. »Deine Gierfalken sind kampferprobt. Im ganzen Clanraum übertrifft sie an Können und Kampfgeist nur meine Turkina-Keshik - vielleicht noch der
Weitere Kostenlose Bücher