Der Flug des Falken
bedrohlich zersplitterten Überreste der ehemaligen Liga Freier Welten. Trotzdem konnten Zentralwelt und Präfektur eigentlich nicht klagen.
Herzog Gregory war sich durchaus bewusst, dass er dies weitgehend der glücklichen Lage zwischen der Kernpräfektur X und dem handelsorientierten Commonwealth zu verdanken hatte, ebenso wie der relativ schnellen Erholung Skyes von den Auswirkungen des Heiligen Krieges. Nach dem HPG-Kollaps war der interstellare Verkehr eingebrochen, inzwischen aber hatte er sich wieder erholt, auch wenn er nicht mehr das Volumen früherer Zeiten erreichte. Ohne Frage förderte die überlichtschnelle Kommunikation den interstellaren Handel, doch sie hing nicht von ihm ab. Schon die Nationen der antiken Terra hatten beträchtliche, sogar globale Handelsbeziehungen unterhalten, lange bevor sie die Möglichkeit entwickelten, Nachrichten schneller zu übermitteln, als ein gutes Schiff in günstigen Winden segeln konnte.
Und sie hatten auch damals schon Imperien erobert, verwaltet und verteidigt. Letzteres war allerdings ein weniger beruhigender Gedanke.
Doch das lieferte nur entfernt den Grund für die Verärgerung des Herzogs auf diesem Ausritt.
Der Hauptgrund nämlich war sein Sohn und zukünftiger Erbe: Landgraf Jasek Kelswa-Steiner.
Das Problem war leicht in Worte zu fassen: Der Junge schien wild darauf, den Helden zu spielen. Was für sich selbst gesehen noch nicht so schlimm gewesen wäre. Unglücklicherweise hatte er aber auch das Zeug dazu.
Der Lordgouverneur empfand keinerlei Antipathie gegen die Lyraner oder ihre Herrscherfamilie, Haus Steiner. Und schließlich hatte er die zweite Hälfte seines Familiennamens auch nicht in einer Schachtel Frühstücksflocken gefunden.
Aber er besaß zwei tief verwurzelte Leidenschaften. Zum einen war er ein Skye-Patriot und von Herzen froh, dass seine Heimatwelt und der größte Teil des früheren Protektorats Skye nach Jahrhunderten die Freiheit von der Eisenfaust der Steiners erlangt hatten. Doch mehr noch als dies war er ein Patriot der Republik der Sphäre. Er glaubte fest an sie und ebenso an die Vision ihres verschwundenen Gründers Devlin Stone.
Obwohl noch niemand Skye angegriffen hatte, und es auch nicht danach aussah, als wäre das in nächster Zeit zu erwarten, war nicht alles eitel Sonnenschein. Unter der Oberfläche brodelte es. Und zunehmend brachen sich die Spannungen in offenem Streit, Demonstrationen und seit Kurzem sogar Gewalttätigkeiten Bahn.
Der größte Teil der Bevölkerung teilte seine Ansichten, wenn auch mit geringerer Leidenschaft, was die Republik betraf. Aber ein Teil der englischsprachigen Bewohner des Planeten, besonders solche schottischer und irischer Abstammung, sehnten sich nach einer Zeit vor der Steinerherrschaft zurück, als Skye Zentralwelt eines eigenen kleinen Reiches gewesen war, des Protektorats. Sie vertraten die Ansicht, dass sie nur einen Fremdherrscher auf Tharkad gegen einen anderen auf Terra eingetauscht hatten. Und sie sahen in dem gesunkenen Einfluss der Republik durch den Zusammenbruch des HPG-Netzes die Gelegenheit, die völlige Unabhängigkeit durchzusetzen. Oder sogar noch mehr: eine Aussicht, die andere Welten im Gebiet der früheren Protektoratsgebiete durchaus beunruhigte.
Andererseits machte sich eine lautstarke Minderheit unter der deutschsprachigen Bevölkerung für eine Rückkehr ins Lyranische Commonwealth stark. Der prominenteste und lautstärkste Vertreter der »Heim-ins-Commonwealth«-Bewegung war Arminius Hermann, oder besser: Freiherr von Hermann, wie er sich in letzter Zeit stylte, der aufgeschossene, stäm-mige und cholerische Sohn der Industriellenfamilie mit dem bestimmenden Anteil am größten Medienkonzern Skyes, und, um genau zu sein, der ganzen Präfektur, der Hermann-AG.
Hermann war ein wichtigtuerischer Hohlkopf, geeignet als Zielscheibe für Karikaturisten, eine Tatsache, die die Konkurrenzmedien begeistert ausnutzten. Und dass Arminius zudem die Neigung hatte, sich durch besonders scharfen Spott zu donnernden Wutausbrüchen provozieren zu lassen, stachelte sie noch zusätzlich an. Tatsächlich betrachtete der Herzog den bloßen Namen des Mannes bereits als Hinweis auf die - mindestens eine Generation in die Familiengeschichte zurückreichende - Beschränktheit. Ist diesen Schwachköpfen eigentlich klar, dass Arminius und Hermann derselbe verdammte Name ist?
Doch Hermann verfügte dank seiner Kontrolle wichtiger Medien über einen unangenehm starken E inf luss. Sein
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