Der Flug des Falken
Seefüchse ihr Sprungziel schnell neu berechnet und sind stattdessen nach Grünwald gesprungen«, erklärte der Exarch. »Tiefer in die Innere Sphäre. Sie haben die Daten dann über Arkturus, im Wolf-Gebiet, an einen lyranischen Händler weitergegeben.«
Tara spürte, wie sich ihre Gesichtshaut spannte, als sei die Luft des voll klimatisierten Konferenzraums plötzlich staubtrocken geworden. Sie mochte keine Clanner und traute ihnen schon gar nicht. Aber Widerwillen und Misstrauen waren blasse Umschreibungen ihrer Gefühle für die Wölfe.
»Die Wölfe handeln mit jedem«, stellte General Cor-desman zur Linken des Exarchen fest. »Das tut jeder, seit Generationen schon. Auch die Falken.«
»Selbst wenn Clan Wolf irgendwie von der Nachricht erfahren hätte, die die Seefüchse transportierten«, bemerkte Major Kiyosaki, »sie hätten unserer Ansicht nach doch nicht versucht, die Übermittlung in die Republik der Sphäre zu verhindern. Es ist schwer zu sagen, wer die Jadefalken mehr hasst, die Wölfe oder die Seefüchse.«
»Was hat die Seefüchse zu der Annahme veranlasst, dass die Falken auf dem Weg in die Republik sind?«, fragte Kapitänin Bishop, ohne sich noch einmal die Mühe zu machen, ums Wort zu bitten. »Davon ganz abgesehen, warum nehmen wir es an? Wenn man eine Linie von Graceland durch Kanders-teg zieht, führt sie das mitten ins Commonwealth.«
»Aber, wie Sie gerade selbst festgestellt haben«, wandte Tara ein, »ihr Verhalten entspricht nicht einer Invasion des Steinerraums. Es ist eher so, als... « Sie drehte sich zum Exarchen um. »Als wollten sie auf dem Weg zu ihrem wahren Ziel keine Zeit verlieren. Und welches Ziel könnte ihnen so wichtig sein, dass sie bereit sind, dafür einen so großen Teil ihrer militärischen Mittel so tief ins Commonwealth zu schicken?«
Redburn sah sich am Tisch um. »Ein Schlag ins Herz des Commonwealth?«, schlug Cordesman vor. Er hatte ein trauriges, tief zerfurchtes Gesicht und buschige Augenbrauen. »Vielleicht glauben sie, dass sie das Commonwealth erobern können, wenn sie mit einem gezielten Schlag den Archon und seine Regierung auslöschen.«
»Falls sie das tatsächlich annehmen, haben sie aus ihren Fehlern nichts gelernt«, widersprach Bishop. »Ich weiß, die Clans interessieren sich nur für ihre eigene Geschichte, aber selbst sie müssen mitbekommen haben, dass der Tod von Fürsten der Inneren Sphäre deren Untertanen nicht davon abhält, bis aufs Messer gegen eine Eroberung durch die Clans zu kämpfen. Die Clanner können zwar verdammt stur sein, aber nur die wenigsten von ihnen sind solche Dummköpfe. Äh, General, Sir.«
Alle anderen am Tisch hatten sich zu ihr umgedreht und blickten nun die junge Offizierin an, die es wagte, sich in einer Runde mit so vielen militärischen und zivilen Größen derart freimütig zu äußern.
»Sie kommen hierher«, sagte Tara Campbell leise, aber entschieden in die Stille.
Redburn musterte sie eine Weile mit Augen, die tief in die Höhlen gesunken waren. Dann schaute er zu den hohen Offizieren neben sich. »Wir können das Risiko nicht eingehen, von etwas anderem auszugehen«, stellte er mit einer Stimme fest, die so brüchig klang wie verdorrtes Laub.
Tara betrachtete wieder die Karte. Ihre Gedanken rasten. »Sie werden auf keinen Fall den Weg nehmen, den die Seefüchse eingeschlagen haben, denn wenn die Falken ein Kriegsschiff in den Wolf-Raum brächten, würde das den offenen Krieg bedeuten. Überfälle sind eine Sache, ein Schlachtschiff wäre eine ganz andere.«
Sie machte eine Pause und schüttelte den Kopf. Was für ein Dilemma! Wenn ich mir vorstelle, dass ich jemanden als Feind betrachten muss, der die Wölfe ebenso hasst wie ich.
Laut sprach sie weiter: »Wenn wir also davon ausgehen, dass ihr Ziel die Republik ist - und ich stimme« - es gelang ihr nur mit Mühe, das >ausnahm-sweise< zu unterdrücken, das ihr auf der Zunge lag -»mit Ihnen überein, Exarch, dass wir das annehmen müssen, dann werden sie unser Gebiet vermutlich in Präfektur IX betreten.«
»Und daher, Countess Northwind«, verkündete der Exarch und legte die Hände flach auf den Tisch, »habe ich beschlossen, Sie augenblicklich zur Präfekturzentralwelt Skye zu schicken, damit Sie eine Verteidigung gegen eine mögliche Invasion der Republik der Sphäre aufbauen. Wobei mich meine Ehre zwingt, Sie zu warnen, dass es sich dabei um ein Himmelfahrtskommando handelt.«
Sie starrte ihn an. Die Luft in ihrer Kehle schien sich in Stein
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