Der Flug des Falken
zwischen weiß getünchten Wänden. Sie befanden sich auf einer der mehr oder weniger wöchentlich stattfindenden Partys, die Filmmogul Flilario Gupta, Besitzer der >Islands-in-the-Sky<-Studios, in seiner Villa veranstaltete, die wie ein kristallener Wildwuchs auf einem bewaldeten Berghang über New Aberdeen und der Dee Bay lag.
»Und trotzdem haben sie es geschafft, weltumspannende Imperien zu unterhalten«, sprach der Offizier weiter. Er war hager, mit einem langen Gesicht und kastanienbraunen Locken, die sich als Koteletten bis ins Gesicht fortsetzten. Ein Kreis nicht nur weiblicher Bewunderer umringte ihn bei seinem Vortrag in einem der recht kargen Zimmer in der Gupta-Residenz. »Tatsächlich haben sie es sogar geschafft, sich vom sechzehnten oder siebzehnten Jahrhundert an weltumspannende Kriege zu liefern, auch wenn sie erst im zwanzigsten den Namen >Weltkriege< erhielten. Trotzdem unterschieden sie sich in ihrem Wesen nicht von den vorhergegangenen Konflikten, nur die Größenordnung der beteiligten Truppen war bis dahin unerreicht.«
Er achtete darauf, sein gesamtes Publikum anzusprechen, konzentrierte sich aber doch etwas stärker auf die kleine Schönheit in Schwarz mit dem Bubikopf. Und sie schien ihm auch besonders aufmerksam zu lauschen. Er lächelte innerlich und malte sich gewisse Möglichkeiten aus.
Eine andere Frau, eine mehr als annehmbare Blondine, fragte, was denn getan werde, um Skye zu schützen. »Nun, wir trainieren ziemlich intensiv mit diesen Neuankömmlingen aus der Republik«, antwortete er.
»Und helfen ihnen, sich an die Gegebenheiten hier auf Skye zu gewöhnen. Sie verstehen.«
»Ich wette, es ist eine wahre Freude, unter deren Kommandeurin zu dienen, wenn Sie wissen, was ich meine«, bemerkte ein bekannter Lebemann und Kolumnist aus New Glasgow vom Rand der Gruppe aus.
Der Offizier war großzügig genug, den fülligen, bärtigen Blender nicht abzukanzeln. Er hatte positiv über die 7. Miliz geschrieben, und das geschah nicht eben oft. »Sie ist ein wirklich hübscher Anblick, das ist wohl wahr«, bemerkte er locker. »Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen. Unter dem glamourösen Äußeren schlägt ein Herz so kalt wie die presbyteria-nische Kirchenlehre. Diese Northwinder sind genauso steif wie die Schotten hier bei uns, nur eine Spur ländlicher und weniger geschliffen. Im Herzen sind sie Sassenachs.«
Ein Mann hatte sich zu der Gruppe gesellt. Er trug ein loses, farbenfrohes Hemd über weißen Segeltuchhosen und Bootsschuhen. Abgesehen von seinem leicht zurückweichenden schwarzen Haar und den asiatischen Augen war er von unauffälligem Aussehen. Er beugte sich vor und sprach mit der Schwarzhaarigen, deren freundliches Lächeln etwas starr geworden war.
»Verzeihung, mein Freund«, mischte sich der Milizoffizier ein. »Aber die Lass gehört zu mir.«
Der Eindringling lächelte. Es war ein freundliches Lächeln von entwaffnendem Charme. Aber irgendetwas daran war dennoch kalt wie flüssiger Stickstoff. »Jetzt nicht mehr«, bemerkte er fröhlich.
Die Frau nickte dem jungen Erzähler zu, strahlte und stand auf, um mit dem Neuankömmling wegzugehen.
Tara stand im Licht Lunas, des einzigen Mondes von Skye, auf der Terrasse und fuhr sich mit den Fingern durch das lange, prächtig volle Haar. Es war ein seltsames Gefühl, wieder langes Haar zu haben. Es be-hagte ihr, aber sie war trotzdem froh, dass es sich nach der Feier wieder abnehmen ließ. Mit dem Haar ging es ihr wie mit den Kindern ihrer Bekannten: Sie liebte es, mit ihnen zu spielen, sie zu knuddeln und ihre Muttergefühle auszuleben. Und sie dann an ihre Eltern zurückzugeben.
Der junge Draufgänger in der Villa hatte ein Gespür für Geschichte. Ihre Ausbildung war umfassend genug, um zu erkennen, dass er die Wahrheit sagte. Und an dem Vergleich des terranischen Segelschiffzeitalters mit der Inneren Sphäre nach dem HPG-Ausfall war nichts auszusetzen. Auch wenn sie ihm bei ein paar seiner anderen Bemerkungen weniger zustimmen würde...
Inzwischen war ein weiteres kleines Truppenkontingent eingetroffen, Einheiten ihres eigenen 1. Kearny-Eliteregiments, die auf Sadalbari gegen die Draconier gekämpft hatten - und gegen Des Drachen Zorn unter dem Befehl Herzogin Katana Tormarks, Taras früherer Lehrmeisterin. Ausgerechnet auf dem Planeten, auf dem sich die junge Tara selbst zum ersten Mal einen Namen gemacht hatte - über das Image eines hübschen kleinen und ach so wohlerzogenen Titelmädchen hinaus. Sie waren
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