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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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habe?« Dem kleinen Kerl stiegen die Tränen in die Augen. »Ach, Pierre!«, schluchzte Charmaine und bereute ihre Vorwürfe. Ohne Rücksicht auf die verdreckten Sachen schloss sie den kleinen Mann fest in die Arme und herzte ihn, obwohl er ekelerregend nach totem Fisch roch. »Eigentlich müsste ich dich verhauen, weil du mir solche Angst gemacht hast.«
    Sie hatte nicht bemerkt, dass John sich plötzlich über sie beugte. »Wenn Sie jemanden bestrafen, dann sollten Sie sich an mich halten.«
    Charmaine richtete sich auf. »Wie konnten Sie den Jungen nur ohne meine Erlaubnis mitnehmen?«
    »Aber, Miss Ryan«, versuchte er in pikiertem Ton zu beschwichtigen, »hat Rose Ihnen denn nicht gesagt, dass er in guten Händen ist?«
    »Das hat sie! Trotzdem hätten Sie meine Erlaubnis einholen müssen!«
    »Ihre Erlaubnis?«
    »Ganz richtig – meine Erlaubnis! Ich bin für den Jungen verantwortlich und nicht Sie! Ich wusste den ganzen Tag über nicht, wo Pierre war. Wer weiß, was ihm alles hätte zustoßen können!«
    »Miss Ryan«, zischte John, »ich bin doch kein Luftikus. Ich bin durchaus in der Lage …« Er schüttelte den Kopf, doch er zwang sich zur Ruhe. »Ich entschuldige mich für Ihre Ängste – aber um Pierres Wohlergehen müssen Sie sich wirklich nicht sorgen.«
    »Warum haben Sie ihn dann hinter meinem Rücken entführt?«
    »Ich habe ihn doch nicht entführt.« John war empört. »Ich habe mich nur an Rose gewandt, weil ich genau diesen Disput vermeiden wollte, den wir jetzt führen.«
    »Und wie hätte ich Pierres Vater erklären sollen, wo sich sein Sohn befand, wenn er im Kinderzimmer nach ihm gefragt hätte? Es hätte ihn bestimmt nicht begeistert, dass jemand seinen Sohn ohne mein Wissen entführen konnte.«
    John ballte die Fäuste und hielt einen Augenblick lang die Luft an. »Aber er ist nicht gekommen, oder?« Als sie schwieg, entspannte er sich wieder. »Ich hoffe, dass Sie Ihre Lehren daraus ziehen und vielleicht eines Tages sogar zugeben können, dass man mir Kinder anvertrauen kann. Trotz Ihrer Bedenken – die mein Bruder vermutlich geschürt hat – habe ich Pierre gesund nach Hause gebracht. Zwar etwas schmutzig, aber dafür glücklich! Zumindest war er das, bis Sie ihm den Spaß verdorben haben.«
    Mit großen Augen sah Pierre zu seiner Gouvernante auf. »Bitte, nicht böse sein, Mainie!« Er schnüffelte. »Wir haben geangelt. Es war so lustig.«
    Das kleine Stimmchen rührte Charmaine. »Ich bin nicht böse auf dich.« Sie fasste den Jungen an der Hand und warf John einen finsteren Blick zu, bevor sie sich zur Treppe wandte.
    Aber Pierre machte sich los. »Erst will ich meine Fische sehen!«
    »Deine Fische?« Erst jetzt sah Charmaine die Angel und nahm auch einen deutlichen Fischgeruch wahr.
    »Ja, die wir in meinem Boot geangelt haben.«
    »In deinem Boot?« Charmaine sah, dass John lächelte.
    »Johnny hat es mir zum Geburtstag geschenkt.«
    »Wie großzügig von ihm«, bemerkte Charmaine, »aber du hast doch heute gar nicht Geburtstag.«
    »Ich weiß, aber das Boot weiß das nicht. Wir haben so getan, als ob ich Geburtstag hätte.«
    John grinste, und der kleine Pierre strahlte über das ganze Gesicht. Dagegen war Charmaines Zorn machtlos. »Und wo sind deine Fische?«
    »Hier!« John hob einen Haken in die Höhe, an dem ein paar Fische baumelten.
    »Ich will sie ins Wasser legen und sehen, wie sie schwimmen«, erklärte Pierre.
    »O nein.« John lachte und hob die Fische hoch, dass Pierre sie nicht mehr erreichen konnte. »Wir bringen sie lieber zu Cookie. Sie soll sie uns zum Dinner braten.«
    »Wir sollen sie essen?« Pierre war besorgt. »Das will ich aber nicht. Ich will, dass sie schwimmen.«
    »Aber sie können …«, begann John, dann fuhr er fort: »… komm mit!«
    Ein paar Minuten später starrten sie in eine große Schüssel voll Wasser, in der die Fische lagen. Pierre stupste einen an und wunderte sich, dass nichts geschah. »Warum schwimmen sie denn nicht?«
    »Weil sie tot sind«, bemerkte John gleichmütig.
    »Tut ihnen das weh?«
    »Ich glaube nicht. Vielleicht freuen sie sich sogar, wenn die beste Köchin der Welt sie …«
    »Ach, hören Sie auf, Master John«, wehrte Fatima ab.
    »… und ein Kenner der feinen Küche und alles Essbaren wie unser George sie sich schmecken lässt!«
    Wie auf ein Stichwort kam George in die Küche und wunderte sich über Pierres Kichern. »Worüber lacht er?« Sein Blick wanderte von der lächelnden Charmaine zur verlegenen

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