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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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die Ladys küsse, soll mein Gesicht schön weich und glatt sein.«
    Jeannette staunte. »Du küsst Ladys?«
    »Manchmal – wenn ich Glück habe.«
    »Und gefällt dir das?«, fragte Yvette ebenso ungläubig. »Küsst du sie auch auf die Lippen, wie Paulie das macht?«
    John legte die Klinge zur Seite und wischte sich das Gesicht ab. »Das kommt ganz darauf an.« Wieder begegneten sich ihre Blicke im Spiegel, und Charmaine errötete noch ein bisschen mehr.
    »Aber, Yvette, so etwas fragt man nicht«, mahnte John. »Nicht einmal den eigenen Bruder.«
    »Beantworte lieber meine Frage. Wann hast du es zum letzten Mal gemacht?«
    »Hm … lass mich überlegen …«
    »Das ist abstoßend!« Yvette würgte es beinahe. »Nie würde ich das einem Jungen erlauben! Und erst die Spucke! Pfui Teufel!«
    John trocknete sich die Hände ab und drehte sich dann zu ihnen um. »Vielen Dank, Yvette.«
    »Wofür?«
    »Dass du mich aufgeklärt hast. Eine Lady, die ich in letzter Zeit geküsst habe, fand das offenbar auch nicht schön, denn sie hat sich meine › Spucke ‹ abgewischt. Vielleicht denkt sie ja genau wie du. Das wäre zumindest eine Erklärung.« Er überlegte. »Oder sie mag die bärtigen Gesichter lieber als glatt rasierte.«
    Agatha verbrachte keine besonders angenehme Nacht. Ständig musste sie an Johns Beleidigung denken, und obendrein schmerzte ihr Kopf. Warum war das Leben nur so schwierig, so von Zufällen abhängig? Warum legte es ihr ständig Steine in den Weg? Nun gut, noch war sie nicht gestolpert, und sie hatte auch nicht die Absicht, das zu tun. Als der Morgen dämmerte, hatte sie sich wieder in der Gewalt und wusste genau, wie sie vorgehen wollte.
    Sie betrat das Ankleidezimmer ihres Mannes im selben Moment, als auch Paul bei Frederic anklopfte. Sie ließ sich ihre Freude nicht anmerken und korrigierte ihre Taktik. »Ich will ja kein weiteres Öl ins Feuer gießen, Frederic«, erklärte sie mit Entschiedenheit, »aber Johns Beleidigung geht wirklich zu weit. Du hast mich gebeten, meinen Stolz hinunterzuschlucken, und das sogar vor den Dienstboten. Dir zuliebe habe ich mich daran gehalten und seine ständigen Sticheleien über mich ergehen lassen. Doch nun weiß ich, dass sein ekelhaftes Benehmen nur das Vorspiel für etwas weit Schlimmeres ist.« Sie hielt inne, um ihre Worte wirken zu lassen. »In der vergangenen Nacht habe ich endlich begriffen, warum er nach so vielen Jahren nach Charmantes zurückgekommen ist.«
    Frederics Herz schlug schneller. »Und warum, Agatha?«
    »Ist das denn nicht offensichtlich? Er hat von Pauls Plänen für die Weihnachts-Gala erfahren und möchte die Sache unbedingt hintertreiben. Stephen Westphal hat einige Dinge aufgezählt, die er bereits unternommen hat, um die Sache zu verhindern. John will, dass Paul scheitert.«
    Frederic schwieg, ja, er schien sogar in gewisser Weise erleichtert zu sein, woraufhin Agatha eine drohende Haltung einnahm. »Ich warne dich hier und heute, Frederic«, erklärte sie mit schriller Stimme. »Ich lasse mich nicht vor deinen wichtigen Geschäftspartnern aus Richmond und ihren Frauen blamieren. Wenn John weiterhin auf Charmantes bleiben darf und du ihm gestattest, seine Spielchen auf Pauls Kosten fortzusetzen, werde ich mich aus der Planung des Festes zurückziehen.«
    Sie sah flehentlich zu Paul hinüber. »Es tut mir leid für dich, Paul, aber ich möchte mich nicht an den Dingen beteiligen, die dein Bruder im Schilde führt. Er wird uns zum Gespött der besseren Gesellschaft von Virginia und des ganzen Südens machen.«
    »Aber, aber, Agatha«, versuchte Frederic die Wogen zu glätten, »ich glaube nicht, dass John Derartiges im Schilde führt …«
    »Ganz im Gegenteil«, fiel Paul ihm mit blitzenden Augen ins Wort. »Agatha hat recht, Vater. Wir alle kennen Johns Charakter nur zu gut. Wenn er noch länger auf Charmantes bleibt, wird er mit Sicherheit Unruhe stiften. Er hat außerdem schon damit angefangen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Gestern hat die Raven festgemacht und unter anderem auch Dokumente von Edward Richecourt mitgebracht. Ich war bei Tagesanbruch im Hafen und habe dies hier bekommen.« Er blätterte durch die Mappe mit Papieren, die er in der Hand hielt. »Deshalb wollte ich mit dir sprechen. Offenbar hat John Kenntnis von unseren Plänen, und zwar vermutlich seit Februar. Er hat sämtliche Weisungen, die ich Richecourt im Januar erteilt habe, widerrufen. Aufgrund seiner Maßnahme wurden wichtige Papiere zurückgehalten und

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