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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Kindern unter der Tür erschien.
    »Danke, das war alles.«
    Paul deutete auf die Fenstertüren, die noch eingebaut werden mussten. »Und was ist damit?«
    »Das schaffe ich allein. Vielen Dank. Geh lieber wieder nach unten, bevor Auntie ungeduldig wird.«
    Pauls Miene wurde ernst. »John …«, begann er zögernd, »Agatha war wegen deiner Bemerkungen in der vergangenen Nacht verärgert und hat ihre Drohung wahrgemacht. Sie hat sich heute bei Vater über dich beschwert.«
    »Das ist mir gleichgültig«, schnaubte John und wandte sich den Türen zu.
    »Das sollte es aber nicht sein.«
    »Und weshalb? Was wirft sie mir vor – etwa Beleidigung? Dazu braucht Auntie mich nicht. Das kann sie selbst am besten.«
    »John …«
    Pauls eindringlicher Appell rührte John immerhin so weit, dass er den Kopf hob.
    »Vater nimmt heute Abend am Dinner teil, und er hat Agatha versprochen, dass er mit dir reden wird.«
    »Ist das nicht nett?« John verschränkte die Arme. »Vielen Dank für die Warnung. Mir schlottern die Knie.«
    »Das soll keine Warnung sein. Es ist nur …«
    »Nur was, Paulie? Nur was?«
    »Nichts.« Paul schüttelte den Kopf. »Gar nichts.«
    »Nur was?«, rief John hinter Paul her, als dieser den Raum verließ. Er hielt kurz inne, als ob er erwartete, dass sein Bruder zurückkäme, bevor er sich endgültig den Türen zuwandte. »Nur was?«, murmelte er fast unhörbar.
    Charmaine fragte sich, ob Pauls Hinweis vielleicht doch als Warnung gedacht war. Aber was wollte er damit erreichen? Wollte er Johns Zunge bändigen? Oder sollte er nicht bei Tisch erscheinen? Das schien ihr am plausibelsten. »Werden Sie denn am Dinner teilnehmen?«
    »Warum denn nicht?«, fragte John schroff.
    »Ich dachte nur …«
    »Es ist gleichgültig, was Sie denken, Miss Ryan«, fuhr er ihr über den Mund. »Dieses Haus ist ebenso mein Haus, auch wenn einige Leute wünschen, dass dem nicht so wäre«, fügte er sarkastisch hinzu. »Ich bin Mitglied dieser Familie, und ich habe dasselbe Recht, heute Abend am Tisch zu sitzen, wie alle anderen auch. Und genau dieses Recht werde ich wahrnehmen.«
    Charmaine spielte an dem Bändchen herum, mit dem das Päckchen auf ihrem Schoß zugeknotet war. Als sie die Kinder am Morgen in ihren Plan eingeweiht hatte, hatten sie voller Begeisterung ihrem Vorschlag zugestimmt, Johnny das Päckchen erst abends beim Dinner zu übergeben. Den lieben langen Tag hatten sie ständig auf die Uhr gesehen und waren beinahe vor Spannung geplatzt. Unter keinen Umständen wollte sie die Kinder enttäuschen. Trotzdem fragte sie sich, wie die kleine Feier wohl endete. War sie verrückt, sich einfach über Frederic Duvoisins Anordnung hinwegzusetzen? Bis auf die eine Begegnung nach Pierres Züchtigung hatte sie Frederic und seinen Sohn noch nie zusammen in einem Raum erlebt. Und doch wollte sie bei Tisch in einem Hornissennest herumstochern …
    Als sie das Speisezimmer betraten, hatte Frederic bereits am unteren Ende der Tafel Platz genommen. Der Stuhl am Kopfende war leer, und Charmaine fragte sich, was Frederic wohl beabsichtigte. Wenn John wie versprochen am Dinner teilnahm, so saßen sich die beiden Männer wie auf einer Bühne gegenüber, auf der es unter Umständen heiß hergehen würde.
    Der Tischordnung entsprechend saß Agatha auf Frederics linker Seite und hatte die Hände auf dem Schoß gefaltet, während ein leises Lächeln um ihre Lippen spielte. Schön und aufrecht – ganz so, wie man sich eine Hausherrin vorstellte.
    »Guten Abend, Papa«, begrüßte Jeannette ihren Vater und küsste ihn auf die Wange, als sie hinter seinem Stuhl vorbeiging.
    »Guten Abend, Prinzessin. Wie geht es dir?«
    »Sehr gut, danke«, antwortete das Mädchen, als sie sich zu Yvette setzte. »Und wie geht es dir?«
    »Recht gut, danke.« Frederics Blick wanderte zu seiner anderen Tochter und dem Päckchen, das sie in der Hand hielt. »Was hast du da, Yvette?«
    »Ein Geschenk für Johnny«, erklärte Yvette. »Wie du weißt, hat er heute Geburtstag.«
    Charmaine hielt den Atem an, aber Frederics sanfte Stimme beruhigte sie. »Ja, ich weiß.«
    Dann nickte der Hausherr ihr zu. »Miss Ryan.«
    »Guten Abend, Sir«, erwiderte sie leise und kümmerte sich sofort wieder um Pierre.
    Nach der Begrüßung wurde es still. Die Sekunden dehnten sich zu Minuten, und Charmaine war erleichtert, als sie endlich Pauls Stimme im Foyer vernahm, der zusammen mit Rose zu Tisch kam. Er rückte Rose den Stuhl zurecht und setzte sich dann neben

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